Neben der Anzahl der nachgewiesenen Wölfe stieg im Vorjahr auch die Zahl der gerissenen und vermissten Weidetiere erheblich. Mit 413 toten und 527 vermissten Weidetieren stiegen die „Nutztierverluste“ gegenüber 2021 um die Hälfte.
Deutlich mehr Weidetiere gerissen oder vermisst
86 Prozent aller im vergangenen Jahr gerissenen Weidetiere gehen auf das Konto von Wölfen, zehn Prozent wurden von Bären getötet, für vier Prozent der gerissenen Nutztiere sind Goldschakale verantwortlich, die immer mehr zu einem Problem werden, wie das Land mitteilte. Hauptbetroffen war Osttirol mit 235 gerissenen und 267 abgängigen Tieren.
Die durch Wolf, Bär und Goldschakal verursachten Schäden wurden mit 235.000 Euro beziffert.

Geisler sieht Fortbestand der Almwirtschaft bedroht
„Die Zahlen sprechen für sich. Wir können nicht tatenlos zuschauen, wie jedes Jahr mehr und mehr Almtiere Wolfsangriffen zum Opfer fallen. Die Großraubtiere bedrohen den Fortbestand der Almwirtschaft. Deshalb schaffen wir im Februar-Landtag eine rasche und unbürokratische Eingriffsmöglichkeit“, kommentierte LH-Stv. Josef Geisler (ÖVP) die vorliegenden Zahlen – mehr dazu in Wolf: Schulterschluss von ÖVP, SPÖ, FPÖ.
Umweltministerin gegen geringeren Schutz des Wolfs
Das wurde von Naturschutzorganisationen und den Tiroler Grünen heftig kritisiert, Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach sich zudem in einem Schreiben an die EU-Kommission gegen die Senkung des Schutzstatus des Wolfes aus – mehr dazu in Umweltministerin für Schutz des Wolfes.
Im letzten Jahr erließ das Land Tirol Abschussbescheide für fünf ausgewachsene Wölfe. Diese fünf Tiere rissen den Großteil aller im Vorjahr in Tirol tot aufgefundenen Schafe, hieß es vonseiten des Landes. Bisher erfolgte in Tirol noch kein legaler Wolfsabschuss.
Unterschied im Schutz zwischen Berg und Tal
Das Land Tirol unterstützt Maßnahmen zur Abwehr von Großraubtieren und prüft die Machbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit von Herdenschutzmaßnahmen. 115 Kilometer wolfsabweisenden Zaun schafften die Tiroler Schafhalter mit Unterstützung des Landes Tirol für die Heimweiden im Tal allein im vergangenen Jahr an – mehr dazu in Land Tirol: Schafe und Ziegen besser schützen.
„Im Tal ist es meist machbar und auch zumutbar, die Weidetiere mit wolfsabweisenden Zäunen zu schützen. Auf unseren hochalpinen Almen schaut die Situation ganz anders aus. Dort ist technischer Herdenschutz mit Zäunen schlicht und ergreifend nicht möglich“, verwies Geisler auf die Besonderheit der Almen.

Auf zwei Schafalmen im Oberland wurden die vor zwei Jahren gestarteten Herdenschutzpilotprojekte fortgesetzt, zwei weitere kamen 2022 dazu – mehr dazu in Herdenschutzpilotprojekt im Verwalltal. Das Land Tirol unterstützte die Projekte mit 290.000 Euro.
114 Euro an Kosten für Schutzmaßnahmen pro Schaf
Die Erfahrungen im ersten Projektjahr zeigten, dass es pro Alm mindestens zwei Hirten und mehrere Hütehunde zur Umsetzung der gelenkten Weideführung mit eingezäunten Übernachtungsplätzen braucht. Das wirkt sich auch auf die Kosten aus.
Pro Schaf mussten auf den Projektalmen in der Almsaison 2022 durchschnittlich 114 Euro für Schutzmaßnahmen aufgewendet werden. Dem gegenüber stehen durchschnittliche Verkaufserlöse von 130 Euro für Lämmer und rund 400 Euro für Zuchttiere. In Tirol werden rund 70.000 Schafe und Ziegen gealpt.
Kosten in keinem Verhältnis zu erzielbarem Erlös
Die Kosten für die Abwehr von Wolfsangriffen würden in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen stehen, betonte Geisler. Außerdem sei qualifiziertes Hirtenpersonal ebenso Mangelware wie Pflegekräfte. In Tirol gibt es 2.100 Almen, auf rund 400 meist hochalpinen Almen werden Schafe aufgetrieben.