„Es handelt sich hier ganz klar um Angriffe auf die Republik. Österreich wird seit Jahren andauernd beschimpft, diskreditiert und diffamiert. Und als Schurkenstaat hingestellt“, erklärte Gurgiser, Obmann des Transitforums Austria-Tirol. Nun habe die Causa mit den Wortmeldungen des italienischen Verkehrsministers Matteo Salvini (Lega) und seines deutschen Amtskollegen Volker Wissing (FDP) aber eine „neue Dimension“ angenommen.
Darauf habe Gewessler nun zu reagieren. Sie müsse den Sachverhalt auf europäischer Ebene klarstellen und auch im Inland im Ministerrat zum Thema machen bzw. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) entsprechend informieren, verlangte Gurgiser, der auch ein Schreiben an die Ministerin richtete.

Italien und Deutschland: gemeinsam gegen Fahrverbote
Salvini und Wissing hatten sich diese Woche in Rom getroffen. Italiens Verkehrsminister sprach von einer „gemeinsamen Achse“ zwischen Italien und Deutschland mit dem Ziel, das Thema Transit beim nächsten EU-Verkehrsminister-Treffen in Brüssel in Angriff zu nehmen. In einer gemeinsamen Aussendung hieß es, dass das bilaterale Treffen das gemeinsame Engagement Italiens und Deutschlands gegen die Einschränkungen Tirols festige – mehr dazu in Transit: Einigkeit bei Deutschland und Italien.
Wissing teilte den Standpunkt Italiens, dass jede Art von Verhandlungen unter dem Druck von Verboten inakzeptabel sei. In den vergangenen Wochen hatte Salvini beständig den Druck erhöht. Dies gipfelte in einem Schreiben an die EU-Kommission, in dem er ultimativ die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich verlangte.
Vorstöße gegen Europarecht
Transitforum-Obmann Gurgiser sprach von einem „europarechtswidrigen Verhalten“ der beiden Minister sowie „einzelner Damen und Herren des EU-Parlaments“. Es werde versucht, die zuständigen Behörden zum Amtsmissbrauch zu verleiten und die Brennerstrecke für den Lkw-Transit freizugeben. „Anarchie und Faustrecht anstelle von Rechtsstaat“, fasste er die Lage aus seiner Sicht zusammen.
Dass die Frächterverbände in Nord und Süd seit Ewigkeiten gegen beschränkende Transit-Maßnahmen mobil machen, sei das eine, so Gurgiser: „Von denen kann man ohnehin nicht verlangen, dass sie das Europarecht kennen. Sie kennen ja nicht einmal das nationale Recht.“ Aber nun würden sich wesentliche politische Proponenten auf internationaler Ebene diesen „absurden Vorwürfen“ anschließen.
„Transit-Maßnahmen waren wirksam“
Außer Acht werde gelassen, dass die Maßnahmen wie das 100 km/h-Tempolimit und die Lkw-Fahrverbote nach IG-Luft die Stickstoffdioxid-Belastung im Zeitraum von 2001 bis 2021 um mehr als 90 Prozent reduziert hätten. Deutschland und Italien würden zudem in ihrem Anteil der Alpenkonventionsstrecke Rosenheim-Verona und weiter in ihren Staatsgebieten auf nicht kostendeckende Maut-Tarife setzen, prangerte der Transitforum-Obmann einmal mehr an.
Die Maut zwischen Brenner und Salurn sowie in Bayern koste für Lkws schließlich nur 18 Cent pro Kilometer, durch die Schweiz mache sie hingegen 84 Cent aus.
Unterstützung von Alpenschutzkommission
Unterdessen meldete sich am Freitag auch die internationale Alpenschutzkommission CIPRA in Sachen Transit zu Wort. Sie forderte wirksame Maßnahmen zur Verkehrsentlastung der Bevölkerung. „Statt eine Kapazitätserweiterung der Brennerautobahn durch eine dritte Spur zu verfolgen und das Ende des Nachtfahrverbots zu fordern, braucht es endlich wirksame Maßnahmen und ein akkordiertes Handeln der Politik in allen drei betroffenen Ländern“, betonte Francesco Pastorelli, Geschäftsführer von CIPRA Italien.
Der Rekord von 2,5 Millionen Lkws am Brennerpass im Jahr 2022 sei der Beweis einer fehlgeschlagenen grenzüberschreitenden Verkehrspolitik, so die CIPRA. Die Leidtragenden seien dabei nicht die Wirtschaftsakteure, sondern die ansässige Bevölkerung und die betroffene Umwelt. CIPRA forderte die zuständigen Ministerien zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Verkehrsverlagerung und zum Schutz der Gesundheit der Menschen entlang der Brennerautobahn auf.