Gepatsch-Stausee im Kaunertal
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Umwelt

Kontroverse um Speichersee-Gutachten

Der WWF wirft der Tiwag rund um ein Gutachten aus dem Jahr 2013 zur Sicherheitslage um den Gepatsch-Stausee im Kaunertal Geheimniskrämerei vor. Die Tiwag wiederum verweist darauf, dass der WWF das Gutachten sehr wohl einsehen könne.

Der WWF, der kürzlich zwei Gutachten zur geologischen Instabilität der Hänge über dem zum derzeitigen Kaunertal-Kraftwerk gehörigen Gepatsch-Stausee vorgelegt hat, fordert nun die Herausgabe eines Sicherheitsgutachtens aus dem Jahr 2013. Dieses hatte der Energieversorger Tiwag ins Spiel gebracht, um die WWF-Sicherheitsbedenken zu entkräften. Der WWF warf der Tiwag „Geheimniskrämerei“ vor, diese wiederum verwies darauf, dass der WWF das Gutachten sehr wohl einsehen könne.

WWF verlangt unabhängige Gefahren-Überprüfung

Zusammen mit dem Verein „Lebenswertes Kaunertal“ fordere man deshalb Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) auf, „alle Gutachten zum Ausbauprojekt der Tiwag sofort öffentlich zugänglich zu machen und eine unabhängige Überprüfung der Gefahren im Gepatschgebiet einzuleiten“, hieß es am Freitag vom WWF in einer Aussendung. Das Gutachten wurde von der im Landwirtschaftsministerium angesiedelten Staubecken-Kommission verfasst.

Gepatsch-Stausee im Kaunertal im Herbst
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Die Hangbewegungen rund um den Speichersee sind Gegenstand von Gutachten und Kontroversen

Neben der Kenntnis des Gutachtens der Staubecken-Kommission sei auch eine „aktuelle Beurteilung der Gefahrensituation“ entscheidend, betonte Bettina Urbanek, die beim WWF auf das Thema Gewässerschutz spezialisiert ist. Anita Hofmann vom Verein „Lebenswertes Kaunertal“ argumentierte ähnlich: „Wir verlangen den vollen Zugang zu allen vorhandenen Gutachten“. Ohne diese, so Urbanek, seien „die Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung unvollständig“.

Der landeseigene Energieversorger Tiwag argumentierte, dass der WWF, der im laufenden UVP-Verfahren Parteistellung habe, „sämtliche Unterlagen“ einsehen könne. Das Gutachten der Staubecken-Kommission liege der Behörde bereits vor, hieß es auf APA-Anfrage.

Ausbau würde laut WWF Instabilität vergrößern

Der WWF hatte zuvor, gestützt durch die Gutachten aus den Jahren 2020 und 2016, die das Kaunertal-Kraftwerk und die dadurch verursachten Wasserspiegelschwankungen für die Hangbewegungen rund um den Stausee verantwortlich machen, argumentiert, dass der Ausbau des Kraftwerks zum Pumpspeicherkraftwerk die Hang-Instabilitäten noch erhöhen werde. Dazu kämen noch durch den Klimawandel verursachte Entwicklungen, wie etwa Gletscherschmelze oder das Tauen von Permafrostböden.

Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren erstmals 2009 eingereicht worden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die rund zwei Milliarden Euro teure Erweiterung des Kraftwerks war 2012 gestellt worden. Spätestens bis Ende Februar 2023 soll eine Entscheidung fallen, wie es mit dem Projekt weitergeht.

Kritik an weitreichenden Folgen des Projekts

Umweltorganisationen hatten sich vehement gegen das Projekt ausgesprochen. Für das Projekt plant die Tiwag, bis zu 80 Prozent des Wassers aus der Venter und Gurgler Ache im 34 Kilometer entfernten Ötztal – einem der niederschlagsärmsten Täler Tirols – auszuleiten. Zudem würden im Platzertal neun Fußballfelder an Moorflächen geflutet.