therapeutische Jugendwohngruppe Innsbruck
SOS Kinderdorf/Isabel Riley
SOS Kinderdorf/Isabel Riley
Soziales

Jugend-WG wird zur zweiten Familie

Seit zehn Jahren werden Jugendliche von 14 bis 18 Jahren in einer Innsbrucker Wohngemeinschaft (WG) des SOS-Kinderdorfs aufgefangen. Der Bedarf ist hoch, die Belastungen für Jugendliche nehmen stark zu. Hier wird ihnen sozialpädagogisch und therapeutisch geholfen.

Eine der Jugendlichen, die in der Jugend-Wohngemeinschaft Zuflucht fand, ist die Osttirolerin Renate. Mit 17 Jahren wurde sie in der Schule gemobbt. "In Osttirol kennt jeder jeden, und es wurden viele Gerüchte verbreitet, das war damals einfach zu viel für mich. Ich sah keinen Ausweg mehr und wollte mir das Leben nehmen“, sagt die Jugendliche.

In der Jugendwohngruppe bezog sie eine Garçonnière und begann eine Lehre. „Ich war dankbar, dass ich hier immer jemand hatte, der mir zuhört und meine Probleme ernst nimmt“, schildert Renate. Dort habe man ihr geholfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Heute lebt die 26-Jährige in Sillian in Osttirol und ist als Einzelhandelskauffrau im Baustoffhandel tätig.

renate sos kinderdorf
Privat
Renate mit ihrem Lebenspartner Hannes

Jugendliche lernen Eigenverantwortung

Über 70 junge Menschen wurden seit der Eröffnung der Jugend-Wohngruppe vor zehn Jahren professionell betreut. Meist sind es Menschen, die Krisensituationen erlebt haben oder in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen sind. Insgesamt bietet die Wohngruppe Platz für zehn Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren. Neben den Einzelzimmern, die auch als Rückzugsorte dienen sollen, gibt es auch eine moderne Wohnküche.

Außerdem stehen zwei Einzimmerwohnungen zur Verfügung, damit die Jugendlichen ihre Eigenverantwortung trainieren und selbständiger werden können. Die Wohnküchen dienen aber auch als Gemeinschaftsräume. „Wir nutzen sie, um Dinge zu besprechen, die das gesamte Haus betreffen, aber auch um zusammen zu essen oder Feste zu feiern“, erzählte die pädagogische Leiterin Nadia Vettori.

Anstieg psychischer Belastungen

Viele der Jugendlichen haben traumatische Erlebnisse hinter sich. „Wir merken, dass die psychischen Belastungen von jungen Menschen in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Umso wichtiger ist es, dass die Jugendlichen in der Wohngruppe rund um die Uhr von ausgebildeten Pädagoginnen betreut werden“, betont Vettori. Es gehe darum ein sicheres und familiäres Umfeld zu schaffen. "Zudem gibt es in der Wohngruppe eine psychotherapeutische Fachkraft, die regelmäßig Therapiegespräche mit den Jugendlichen führt“, sagt Vettori.

Von Seiten der SOS-Kinderdorf wünsche man mehr Bewusstsein in der Gesellschaft für belastete Jugendliche und eine Enttabuisierung psychischer Erkrankungen, heißt es.