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Politik

NS-Aufarbeitung im Landhaus-Inneren

Das geplante Kunstprojekt am Innsbrucker Landhausplatz zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus ist vom Tisch. LH Mattle (ÖVP) plant ein neues Projekt mit öffentlich zugänglichem Gauleiterzimmer im Landhaus.

Ein von Ex-Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) in Auftrag gegebener Wettbewerb hatte für gehörigen Wirbel gesorgt, nachdem sie sich für das von der Jury zweitgereihte Projekt entschieden hatte und die Auserkorenen schlussendlich ihr Projekt zurückgezogen hatten – mehr dazu in Kunstprojekt für Landhaus zurückgezogen. LH Anton Mattle (ÖVP) will nun eine Ausstellung im Gebäude.

Mattle will den Festsaal und das sogenannte Gauleiterzimmer, die noch mit dem Interieur dieser Zeit ausgestattet sind, nach der derzeit laufenden Sanierung öffentlich zugänglich machen, sagte er der „Tiroler Tageszeitung“ (Donnerstags-Ausgabe). In den Räumen sollen alle Projekte des gescheiterten Wettbewerbs ausgestellt werden, „mit entsprechender visueller und textlicher Begleitung“.

Zustimmung der Israelitischen Kultursgemeinde

Die Israelitische Kultusgemeinde hat diese Idee sehr positiv aufgenommen", sagte der Landeshauptmann, der auch für die Kulturagenden zuständig ist. Anschließend soll es einen „virtuellen Rundgang durch die Geschichte des Landhauses geben, der online immer präsent sein wird. Eine Installation außen an der Fassade ist derzeit aber nicht geplant“, erteilte Mattle den ursprünglichen Plänen eine Absage.

Balkensturz Landhausplatz
Ramesch Daha, AKT
Der „Balkensturz“ war nur das zweitgereihte Projekt.

Kontroverse und Rückzug des ausgewählten Projekts

Anfang Juli war vom Land bekannt gegeben worden, dass der „Balkensturz“ der Künstlerin Ramesch Daha und des Architekturkollektivs AKT – das sind 21 symbolisch auf den Platz geworfene Deckenbalken aus dem sogenannten „Hofer-Zimmer“, das nach dem Tiroler „Gauleiter“ Franz Hofer benannt ist – umgesetzt werden soll. Der Wettbewerb sei als „offener Kunstwettbewerb mit vorgeschalteter Bewerbungsphase“ durchgeführt worden, hatte es geheißen.

Nicht genannt wurde damals, dass eigentlich die Textinstallation von Franz Wassermann „Wir haften für unsere Geschichte“ im Juryvotum als Sieger hervorgegangen war. Wassermann gab dies daraufhin bekannt, und es entbrannte eine kulturpolitische Debatte um mangelnde Transparenz sowie den Umgang mit Wettbewerben und fachlicher Expertise. Palfrader argumentierte damals, dass das ausgewählte Projekt den Vorgaben der Ausschreibung entspreche und sich innerhalb des gekennzeichneten Planungsareals befinde.

Aufgrund der Kontroverse entschlossen sich die Künstlerin Ramesch Daha und das Kollektiv AKT, ihren Entwurf für die künstlerische Intervention am Landhaus zurückzuziehen. Der zunächst nicht berücksichtigte Künstler Franz Wassermann wäre in der Folge durchaus bereit gewesen, sein Projekt umzusetzen – mehr dazu in Kunstprojekt für Landhaus zurückgezogen. Nach Mattles Aussagen soll allerdings keiner dieser Entwürfe außen am Landhaus realisiert werden.

Entwurf des Künstlers Franz Wassermann für eine künstlerische Intervention am Innsbrucker Landhaus
Franz Wassermann
Der Entwurf von Franz Wassermann sah eine Inschrift auf dem Landhaus vor: „Wir haften für unsere Geschichte“

Kritik von Oppositionsparteien

Dass Mattle die künstlerische Gestaltung der Fassade des Landhauses nun abbläst, konnte der grüne Klubobmann Gebi Mair indes nicht nachvollziehen. Er erinnerte am Donnerstag an einen dementsprechenden Beschluss des Tiroler Landtages vom Oktober 2021. Er erwarte sich, „dass es ein für die Öffentlichkeit am Landhaus sichtbares Zeichen dessen gibt, wie mit der NS-Geschichte gebrochen wird. Das hat der Tiroler Landtag demokratisch beschlossen und Tirol hat hier auch noch einiges in der Öffentlichkeit aufzuholen“.

Laut NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer habe Palfrader damals die „Ausführung blockiert“. Wenn Mattle nun behaupte, „der Wettbewerb sei gescheitert, ist das schon ein starkes Stück. Einzig die Landesregierung ist an der Freiheit der Kunst gescheitert“, übte Oberhofer Kritik. Es sei „bedenklich“, wie Mattle „die Angelegenheit in diesem historisch sensiblen Kontext abwürgen will“. Oberhofer will in der kommenden Landtagssitzung einen Antrag einbringen, der die Installation des Projekts von Wassermann zum Ziel hat.

Rahmenbedingung für Umbau des Ferdinandeums

Eine kulturpolitische Baustelle findet Mattle im geplanten Umbau des Landesmuseums Ferdinandeum vor. Wie sein Sprecher auf APA-Anfrage mitteilte, soll der „finanzielle und rechtliche Startschuss“ für das Projekt heuer fallen. Eigentlich hätte der Umbau im Jahr 2023 fertiggestellt sein sollen – allerdings sind weit und breit noch keine Baukräne zu sehen. Die ehemalige, schwarz-grüne Landesregierung fasste keinen Finanzierungsbeschluss für den Bau, der ursprünglich mit Kosten von rund 39 Mio. Euro veranschlagt worden war. Mit welchen Kosten die Verantwortlichen mittlerweile rechnen, ist nicht bekannt. Nachdem u.a. Differenzen zwischen Museumsdirektor Peter Assmann und der Politik in dieser Sache zutage getreten waren, zog sich Assmann zurück. Interimsleiter Karl C. Berger will den Museumsumbau weiter konkretisieren.