Ötztal
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Wirtschaft

Neue Stromleitung im Ötztal geplant

Die Tiroler Stromnetzgesellschaft TINETZ plant im Ötztal eine neue Stromleitung. Die alte 110-kV-Leitung ist an ihre Leistungsgrenzen gelangt. Für rund 100 Millionen Euro soll die Leitung getauscht werden. Wegen des überirdischen Trassenverlaufs gibt es aber Kritik.

Die Pläne sehen eine neue 35 Kilometer lange Trasse von Haiming bis Sölden vor. Eine behördliche Vorprüfung, ob öffentliches Interesse besteht, sei bereits positiv verlaufen, so TINETZ Geschäftsführer Thomas Trattler. Als beste Variante hätte sich dabei eine Doppel-Freileitungen herauskristallisiert. Dafür müssen Strommasten gebaut werden.

Ötztal an der Leistungsgrenze angelangt

Für die TINETZ ist es eines der größten Vorhaben überhaupt. Aufgrund der Leistungssteigerung in den vergangenen Jahren sei man im Ötztal netztechnisch an die Grenzen gelangt. „Wir werden deshalb in einen Neubau gehen, also eine Doppel-Freileitung bauen“, so Trattler gegenüber dem ORF Tirol. Der Stromverbrauch alleine im Ötztal beträgt 165 Millionen Kilowattstunden. Das entspricht dem Verbrauch von 41.000 Haushalten oder 165.000 Personen, rechnet die TINETZ vor.

Masten sollen aus dem Talboden verschwinden

Die TINETZ arbeitet bereits seit zwei Jahren an diesem Großprojekt, nun nehmen die Pläne konkrete Formen an. Der Trassenverlauf wurde festgelegt, jetzt muss mit rund 100 Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern verhandelt werden. Im Ötztal soll die Freileitung nämlich in die Hanglagen abwandern. Dort und in Wäldern würden die Stahl-Masten am wenigsten wahrgenommen. „Wir versuchen Talböden freizustellen“, so Thomas Trattler.

Stromleitungen im Ötztal
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Vom Talboden sollen die Strommasten in die Hanglagen verlegt werden und sich so besser ins Landschaftsbild einfügen

Auch die Seile sollen eingefärbt werden, damit sich die Leitung so wenig wie möglich vom Landschaftsbild abhebt. Gegen eine unterirdische Verkabelung spreche laut TINETZ, dass damit ein großer Grundstücksverbrauch verbunden wäre. Immerhin sei die Trasse zehn Meter breit, dort dürfe dann nicht mehr gebaut werden. Bei Stahl-Masten hätte man diese Einschränkung nicht, so Trattler. Auch Störungen könnten bei Freileitungen leichter behoben werden.

Politische Diskussion in einigen Ötztaler Gemeinden

Auch in der Gemeinde Längenfeld soll die neue Leitung an das Landschaftsbild angepasst werden. Allerdings bestehe noch einiges an Gesprächsbedarf mit den Bürgerinnen und Bürgern, so Bürgermeister Richard Grüner. Es gebe auch kritische Stimmen. Vom Gemeinderat gibt es noch keinen Beschluss, außerdem müsse die Bevölkerung einbezogen werden. „Wir haben irrsinnige Lawinenstriche in unserer Gemeinde, da gibt es gar nicht die Möglichkeit, eine Leitung zu spannen“, so der Bürgermeister. Es gelte darum mit der Gemeinde und der TINETZ einen Konsens zu finden.

Ein Gebäude des Stromanbieters TINETZ von außen
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Die TINETZ stößt mit ihren Plänen für das Ötztal auch auf Widerstand

Zufrieden mit den Plänen zeigte sich Ernst Schöpf, Gemeindeverbandspräsident und Bürgermeister von Sölden. Ab dem Umspannwerk auf dem Gemeindegebiet von Sölden soll die Leitung laut aktuellen Plänen unterirdisch nach Sölden, Vent, Obergurgl und Hochgurgl verlegt werden. „Für uns würde es besser“, so Schöpf. Bisher sei es stromtechnisch immer gut gegangen, „aber dass es irgendwann einmal schlagartig finster wird, ist gut vorstellbar und deswegen ist es vernünftig und richtig“, so Schöpf zur Notwendigkeit der Erneuerung.

Kritik: „Haiming unter Strom“

Nicht glücklich mit dem TINETZ-Vorhaben zeigt sich die Haiminger Bürgermeisterin Michaela Ofner. Von Haiming aus soll die Hochspannungs-Leitung über den Amberg und die Ötztaler Höhe ins Tal führen. Der Ort sei ohnehin bereits extrem belastet, so Ofner. Sie wünscht sich eine unterirdische Lösung. „Es wird immer weiter an Haiming gezerrt und das will und kann ich nicht zulassen“, so Ofner.

Über Haiming spanne sich mittlerweile wegen der Umspannwerke im Ort eine Art Spinnennetz. Das sei eine Belastung für die Bevölkerung. Das Vorhaben sei nie im Gemeinderat behandelt worden, sagt die Bürgermeisterin, die erst ein Jahr im Amt ist. Das werde nachgeholt. In Haiming beginnt die Diskussion über das Großprojekt somit erst.

Studie: Milliarden müssen investiert werden

Laut einer Studie der E-Wirtschaft müssen bis 2030 in Österreich rund 15 Milliarden Euro und bis 2040 rund 30 Milliarden Euro in den Netzausbau investiert werden. Auf Tirol umgerechnet wären das rund drei Milliarden Euro. Beginnen will man im Ötztal. Die TINETZ wird allerdings noch einiges zu verhandeln haben. Dieses Jahr möchte sie das Projekt zur starkstromwegerechtlichen Bau- und Betriebsbewilligung ein reichen. Bis 2026 sollen alle Bescheide vorliegen, 2027 soll Baubeginn sein.