Tigerkatze
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Tiere

Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke

Jahr für Jahr stehen Hunde, Kätzchen, Kaninchen oder Meerschweinchen auf der Wunschliste ans Christkind ganz oben. Tierschutzorganisationen und sogar teilweise der Tierhandel selbst warnen aber davor, Tiere wie Spielzeug zu verschenken. Ihnen drohe allzu oft ein trauriges Schicksal.

Für einige Zeit waren sie alle gewünscht und geliebt. Aber nur kurz, denn so viele sind im Tierheim gestrandet. Hier geht es ihnen zwar gut, sie werden gehegt, gepflegt und professionell versorgt. Aber viel lieber wären sie wahrscheinlich bei den Menschen geblieben, die sie oft wenige Monate zuvor angeschafft haben.

Kleiner weißer Hund mit Mantel im Schnee
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Ein Hund braucht besonders viel Zeit und Aufmerksamkeit. Der kleine Idefix ist wie so viele im Tierheim gelandet.

Gut überlegen, statt verschenken

Werden Tiere zu Weihnachten verschenkt wie Spielzeug, sei die Gefahr besonders groß, dass die Liebe nicht lange anhält, so die Leiterin des Tierheims Mentlberg, Vanessa Rachle, beim Interview mit dem ORF Tirol: „Auch wenn der Wunsch der Kinder nach einem Tier noch so groß ist: Die Anschaffung muss von der gesamten Familie gut überlegt und vorbereitet werden. Wer welche Aufgaben übernimmt, muss genau besprochen und dann auch eingehalten werden.“ Als Überraschungsgeschenke – etwa von den Großeltern für die Enkelinnen und Enkel – seien sie nicht geeignet. „Kinder sind mit der Pflege, dem Saubermachen und auch mit dem notwendigen Fachwissen allein überfordert, die Arbeit bleibt an den Eltern hängen“, so Rachle. Und ergänzt: „Außerdem möchte sich jeder sein Lieblingstier doch selbst aussuchen.“

Tierheimleiterin Vanessa Rachle´ mit Katze
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Die Leiterin des Tierheims Mentlberg, Vanessa Rachle, mit einem ihrer vielen Schützlinge

Tiere bleiben für viele Jahre Familienmitglied

Wer ein Tier, egal welches, bei sich aufnimmt, muss an vieles denken. Und das für die nächsten zehn Jahre oder sogar länger. „Es wird immer wieder unterschätzt, wie lange viele Tiere leben. Eine Katze wird weit über zehn Jahre alt, meine wurde sogar 23. Wenn sie das Kind mit acht Jahren bekommt, studiert es vielleicht schon lange in Wien und die Katze ist immer noch bei den Eltern.“ Außerdem würden sowohl Katzen als auch Kaninchen und Meerschweinchen nur mindestens zu zweit abgegeben. „Wohnungskatzen gibt es von uns nur im Doppelpack. Kaninchen und Meerschweinchen sind gesellige Tiere mit ausgeprägtem Sozialverhalten. Sie werden nicht einzeln vermittelt.“ Mehr Tiere machen dann aber auch mehr Arbeit.

Gehege mit Kaninchen im Tierheim Mentlberg, Innsbruck
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Kaninchen können über zehn Jahre alt werden und erreichen eine stattliche Größe. Allein gehalten werden dürfen sie nicht.

Tiere halten ganz schön auf Trab

„Viele unterschätzen, wie oft man gerade Gehege und Käfige der Kleintiere saubermachen muss. Mindestens einmal täglich. Da kommen auch ganze Müllberge an Einstreu zusammen“, sagt die Tierheimleiterin. „Es muss den Kindern auch gesagt werden, dass die Steigen schnell zu stinken anfangen, wenn sie nicht sehr sauber gehalten werden.“ Und Hand aufs Herz: Glauben Eltern wirklich, dass die Kinder die Steigen noch vor der Schule leeren, neu einstreuen, die Tiere füttern und tränken?

Zeit fürs Tier im Alltag oft zu wenig

Immer wieder wird unterschätzt, wie viel Aufmerksamkeit und Zuwendung nötig ist, um einem Haustier gerecht zu werden. Wer geht dreimal am Tag mit dem Hund bei Wind und Wetter raus? „Wenn die Eltern beide einen Vierzigstundenjob im Büro haben, kommt ein Hund gar nicht Frage“, ist Rachle überzeugt. Aber auch Katzen, selbst wenn sie ins Freie können, machen Arbeit. Denn ein Katzenkistchen gehöre in jeden Haushalt. Bei der Haltung von zwei Katzen werden sogar drei Kisten empfohlen.

Katze im Tierheim Mentlberg
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Diese Katze wartet wie so viele im Tierheim Mentlberg auf ein Zuhause für immer

Faktencheck vor dem Tierkauf:

* Wie viel Zeit haben wir für das Tier?
* Haben wir genug Platz?
* Können wir uns ein Tier leisten?
* Wer übernimmt die täglichen Arbeiten?
* Wer kümmert sich um das Tier im Urlaub?

Handel reagiert teilweise auf Spontankäufe

Einige Tierhandelsgeschäfte haben sich selbst einen Verkaufsstopp über Weihnachten auferlegt, um unüberlegte Käufe von Tieren zu verhindern. Bei Fressnapf in ganz Österreich werden seit dem 19. bis zum 27. Dezember keine Tiere verkauft. Die Filialleiterin von Fressnapf in Imst, Sonja Öttl, erklärt: „Weihnachten ist eine denkbar ungünstige Zeit, um sich ein Tier nach Hause zu holen. Der ganze Stress, der Lärm, die vielen Besuche, so können sich die Tiere nicht in Ruhe an ihr neues Zuhause gewöhnen. Wir aber wollen, dass es den Tieren, die wir verkaufen, auch gut geht.“

Wenn die Familie eingehend alle Für und Wider besprochen habe und sich gemeinsam für ein Tier entschieden habe, könne zu Weihnachten ja schon einmal Zubehör und Futter gekauft werden. Auch Fachliteratur sei wichtig, damit die Bedürfnisse der jeweiligen Tierart auch berücksichtigt werden könne. „Wir legen großen Wert auf gute Beratung“, betont Öttl.

Kosten unbedingt vorher abklären

Auch die Kosten für die Tierhaltung sollten vorher genau durchgerechnet werden. Meist ist die Anschaffung die geringste Ausgabe, aber Futter, Einstreu, Tierarztkosten und vieles mehr müssen kalkuliert werden. „Wer entscheidet und bezahlt, wenn eine größere Operation notwendig ist?“ gibt Tierheimleiterin Rachle zu bedenken. Ein Tier muss laut Tierschutzgesetz bei Verletzung und Krankheit tierärztlich behandelt werden. Das gilt auch für Kleintiere, die in dieser Hinsicht oft vernachlässigt werden.

In den Tiroler Tierheimen werden über Weihnachten keine Tiere vermittelt. Und auch sonst ist eine spontane Mitnahme nicht möglich. „Wir machen immer einen Termin mit den künftigen Besitzerinnen und Besitzern aus. Hier ist dann Zeit, um alles in Ruhe zu besprechen.“ – zum Wohl der Tiere, die keinen Zwischenstopp, sondern ein Zuhause für immer suchen.