An der Innsbrucker Universitätsklinik gibt es seit zehn Jahren eine Gewaltambulanz, in der sowohl Kinder als auch Erwachsene betreut werden. Die Verantwortlichen berichteten am Mittwoch von positiven Erfahrungen, aber auch steigenden Opferzahlen.
Steigende Zahl von betreuten Kindern
„Während wir in den vergangenen Jahren zwischen 50 und 60 Kinder, die Opfer von Gewalt sind, und deren Umfeld pro Jahr betreut haben, beträgt die Zahl im Jahr 2022 schon jetzt ca. 100“, sagte Klaus Kapelari, Oberarzt an der Innsbrucker Kinderklinik und Leiter der Kinderschutzgruppe.
Auch Thomas Beck, Psychologe und Leiter der Opferschutzgruppe, der sich um erwachsene Betroffene kümmert, bestätigte die Notwendigkeit. „Meist hat man es mit Gewaltsystemen zu tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass gewaltbetroffene Kinder in Familien leben, in denen es auch zu anderen Formen von Gewalt kommt, ist sehr hoch. Genauso hoch ist leider auch die Wahrscheinlichkeit, dass in gewalttätigen Erwachsenenbeziehungen auch Kinder involviert sind“, sagten Beck und Kapelari.
Kritik an mangelndem Personal und Räumen
Es sei nur der Eigeninitiative und dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Opferschutzgruppe an der Klinik in Innsbruck zu verdanken, dass eine derartige Gewaltambulanz freiwillig und ohne ausgewiesene zeitliche und räumliche Ressourcen angeboten werde, kritisierte die Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol in einer Aussendung.
Wöchentlich zwei bis drei Opfer häuslicher Gewalt
Laut Beck wünschen sich Opfer von Gewalt, dass sie sensibel auf das Thema angesprochen werden. Im Schnitt kümmert sich die Opferschutzgruppe pro Woche um zwei bis drei Opfer von häuslicher Gewalt.
In Innsbruck und im Landeskrankenhaus Hall in Tirol können Betroffene zudem mit der Frage nach „Dr. Viola“ auf sich aufmerksam machen.
Der Code dient als Notruf, die Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeiter leiten dann notwendige Schritte zum Schutz der Person ein, die um Hilfe gebeten hat – mehr dazu in Start für Notruf „Dr. Viola“ am LKH Hall. Außerdem werden allen Patientinnen und Patienten in der internistischen Notaufnahme drei Fragen gestellt, um Gewaltopfer identifizieren zu können.
Gewaltambulanzen sollen Verurteilungsrate erhöhen
Am Dienstag hatte die Regierung anlässlich der weltweiten Initiative „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ auf einem Gewaltschutzgipfel angekündigt, dass in Österreich Gewaltambulanzen eingeführt werden sollen – mehr dazu in Regierung will Gewaltambulanzen umsetzen (news.ORF.at).
Die Bundesregierung erhofft sich, dass durch Gewaltambulanzen die Verurteilungsrate – die derzeit bei sieben Prozent liegt – erhöht wird. Dort können nämlich Verletzungen nach Gewalt dokumentiert und Spuren gesichert werden.