Marcela Duftner, Thomas Lechleitner und Renate Krammer-Stark
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
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Politik

Grüne Spaltung im Innsbrucker Gemeinderat

Einen Knalleffekt hat am Donnerstagvormittag die Gemeinderatssitzung in Innsbruck gebracht. Zwei Mandatarinnen und ein Mandatar der Grünen verließen den Klub von Bürgermeister Georg Willi (Grüne). Willi zeigte sich enttäuscht, zurücktreten wolle er aber nicht.

Hintergrund der Abspaltung sind die laufenden Konflikte im Gemeinderat. Es handelt sich um Marcela Duftner, Thomas Lechleitner und Renate Krammer-Stark. Der neue Klub der drei Gemeinderäte trägt den Namen „Lebenswertes Innsbruck – eine Stadt für alle“.

Gemeinderat Innsbruck
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Renate Krammer-Stark, Thomas Lechleitner und Marcela Duftner

Abrechnung mit Bürgermeister Willi

Als Gründe für die Abspaltung nannte man unter anderem „die Unfähigkeit zur transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und Führen“, „den Fokus auf den eigenen Machterhalt statt mehrheitsfähiger Entscheidungsfindung“, einen fragwürdigen Umgang mit den finanziellen Ressourcen, die Auflösung des Personalamtes und die Installation der Stabsstelle Personalmanagement als Reaktion darauf sowie „das Fehlen bzw. die Weigerung jedweder Selbstreflexion“.

Der Klub habe immer alles zuletzt erfahren, „es waren Alleingänge vom Bürgermeister“, so Duftner. Zuerst Tatsachen zu schaffen und dann so tun, als ob man zu Gesprächen einlade, habe nicht funktioniert, so die Klubobfrau. Das habe auch zum Scheitern der Koalition geführt. Man habe das Vertrauen in die „Akteur:innen der Liste ‚Georg Willi‘ zur Gänze verloren“, hieß es in einer Aussendung des neuen Klubs weiter.

Marcela Duftner und Georg Willi
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Die neue Klubobfrau Marcela Duftner brach mit Bürgermeister Willi

Neuer Klub sieht neue Möglichkeiten

Von der neuen Klubobfrau Duftner hieß es, durch die Gründung des Klubs „Lebenswertes Innsbruck“ schaffe man ganz neue Möglichkeiten für Mehrheiten und eine konstruktive Zusammenarbeit im Gemeinderat, auf die man gemeinsam hinarbeiten werde. Krammer-Stark betonte, der Schritt sei ein Akt der Selbstachtung und erfolge aus Respekt vor dem freien Mandat. „Damit gewinnen wir unsere Handlungsfähigkeit zurück und beweisen Gestaltungswillen und Zuversicht. Unser Ziel ist eine lebenswerte Stadt für alle“, so Krammer-Stark.

„Kooperation im Gemeinderat fördern“

Man bekenne sich zu den Grundwerten „basisdemokratisch, gewaltfrei, ökologisch, solidarisch, feministisch und selbstbestimmt“, welche als Richtschnur zur Bewältigung aktueller und zukünftiger Krisen wichtiger seien denn je. „Für uns stehen die Bedürfnisse der Bürger:innen und der Stadt an erster Stelle. Wir werden uns nicht an ideologischem Geplänkel beteiligen, sondern alles daransetzen, eingerissene Brücken wieder aufzubauen und die Kooperation im Gemeinderat zu fördern“, so der stellvertretende Klubobmann Lechleitner. Das Ziel sei eine lebenswerte Stadt für alle, unabhängig von Geschlecht, Alter, Glaube, Ausbildung, Gesundheit und sexueller Orientierung.

Willi zeigt sich enttäuscht

Gegenüber dem ORF sagte Willi, die demokratische Entscheidung sei zu respektieren. Es wundere ihn aber, es nicht vorher erfahren zu haben, „von drei Mitgliedern meines Klubs, der mir mangelnde Transparenz vorwirft“. Zu einer Abwahl als Bürgermeister sagte er, er sei vom Volk gewählt und eine solche Entscheidung müsse einer Volksabstimmung zugeführt werden. Nicht der Gemeinderat sondern die Innsbruckerinnen und Innsbrucker seien zu fragen, ob sie ihn noch haben wollen, so Willi.

Freies Spiel „um eine Facette reicher“

Willi zeigte sich im Gespräch mit dem ORF „enttäuscht“ und absolut „überrascht“, zurücktreten wolle er aber nicht. Er verstehe den Vorwurf der mangelnden Transparenz nicht. „Wir haben noch nie so viele interne Sitzungen gehabt wie in dieser Periode“, argumentierte er. Nun sei eben das in Innsbruck herrschende „Freie Spiel der Kräfte um eine Facette reicher“, meinte er nur.

„Ich reflektiere jeden Tag, ich habe eine sehr kritische Frau und einen sehr kritischen Klub. Es muss sich niemand Sorgen machen, dass ich mich nicht selbst kritisch hinterfrage und hinterfragt werde“, sagte er zu den Vorwürfen. Eine Neuwahl sei jetzt nicht die erste Konsequenz, vielmehr wolle er als Folge des Kontrollamtsberichtes das Gehaltsschema der Stadt überarbeiten.

Auswirkungen noch offen

Die Gemeinderatssitzung am Donnerstag wurde infolge der Abspaltung kurz unterbrochen. Der neue Klub wurde dann bereits konstituiert. Die Auswirkungen der grünen Abspaltung sind noch offen.

Die Landeshauptstadt Innsbruck verfügt seit dem Frühjahr 2021 über keine Stadtkoalition mehr. Das Viererbündnis aus Grünen, SPÖ, Für Innsbruck und ÖVP war damals auseinandergebrochen. Seitdem herrscht das „freie Spiel der Kräfte“, das bisher aber vor allem fast permanenten Streit mit sich brachte. Die Grünen sind derzeit – inklusive Bürgermeister Willi – mit zehn Mitgliedern im Innsbrucker Gemeinderat vertreten.

Reaktionen von anderen Parteien

Vom ÖVP-Klubobmann Christoph Appler hieß es in einer Reaktion, der Austritt sei längst überfällig und absolut nachvollziehbar. Er sei ein klares Zeichen, dass viele in der grünen Partei den „selbstherrlichen Führungsstil von Georg Willi und Uschi Schwarzl nicht mehr mittragen wollen“. Man werde dem neuen Klubteam ein Erstgespräch und die Zusammenarbeit im Interesse der Stadt anbieten.

Irene Heisz, stellvertretende Klubobfrau der SPÖ, zollt Respekt für eine „mutige Entscheidung“. Man habe sich oft und oft darüber gewundert, was sich der grüne Gemeinderatsklub alles gefallen lasse und mittrage. "Aber der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht“, so Heisz. Man begrüße, dass sich die drei Abtrünnigen zu einem Klub zusammengeschlossen haben, dass mache den Weg frei „für eine Zusammenarbeit der Vernünftigen“.

Vizebürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ) sieht den politischen Untergang von Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi eingeleitet. Den „Ex-Grünen Gemeinderäten“ bietet er die Zusammenarbeit an. Für Lassenberger wäre es angebracht, wenn „Willi sofort seinen
Rücktritt anbietet, damit Ruhe einkehrt und Bürgermeister-Neuwahlen stattfinden
würden“.

Auch Für Innsbruck bot „konstruktiven Dialog“ an

Dies galt auch für die Fraktion Für Innsbruck (FI), die einen „konstruktiven Dialog“ anbot und weiter arbeiten wolle. Klubobmann Lukas Krackl sagte zudem, dass sich Willi nun aber überlegen müsse, „ob er wirklich alles richtig macht, wenn ihm ein Drittel seines Gemeinderatsklubs wegläuft“.

Für die Kleinpartei Gerechtes Innsbruck (GI) war indes klar: „Die Spaltung der Grünen ist das politische Ende des Georg Willi“. Eigentlich sollte dieser nun sofort zurücktreten, so die Forderung.