Damit Inflation steigt, braucht es zwei Zutaten: zu viel Geld und eine Knappheit bei Gütern und Arbeitskräften, erklärt Jürgen Huber, Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Innsbruck.

Vor allem seit der Finanzkrise 2008 hat die Europäische Zentralbank in Krisen sehr viel Geld in Umlauf gebracht. Die Bilanzsumme ist in einem bis dahin noch nie vorstellbaren Ausmaß gestiegen – von 1,5 Billionen Euro im Jahr 2008 auf 8,7 Billionen Euro heute. Je größer die Bilanz, desto mehr Geld bringt eine Zentralbank in Umlauf.
Krisen mit Geld überdeckt
Mit diesem Geld hat die Zentralbank die Regierungen, Banken und die Wirtschaft unterstützt, etwa Staatsanleihen gekauft und verschiedene Hilfspakete (Finanzhilfen, Coronahilfen, Teuerungsbonus, usw.) der Regierungen finanziert. „Jede Krise wurde quasi mit mehr Geld durchtaucht und überdeckt“, erklärt Huber.
Trotz dessen, dass sehr viel Geld in Umlauf gebracht wurde, blieb die Inflationsrate relativ niedrig, weil nämlich die zweite Zutat fehlte: Es gab wegen der Globalisierung keinen Güter- und Arbeitskräftemangel. Effiziente globale Lieferketten sorgten für ein Überangebot an günstigen Waren und genügend günstigen Arbeitskräften. Somit konnten die Preise und die Inflation niedrig gehalten werden.
Drei Gründe für hohe Inflation
In den vergangenen Monaten ist die Inflationsrate allerdings rasant angestiegen. Es hat sich nämlich einiges verändert. Erstens wurden während der Pandemie Grenzen geschlossen, Konflikte haben zu Handelsbarrieren geführt, Zölle wurden erhöht und die Transportkosten sind gestiegen.
Zweitens wirkt sich der Anstieg der Energiepreise auf jeden Produktionsprozess ebenso wie auf Dienstleistungen aus, dadurch steigen auch die Preise. Drittens stehen immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung, weil nicht genügend junge Menschen am Arbeitsmarkt nachkommen und viele Erwerbstätige Teil- statt Vollzeit arbeiten wollen.

Hilfspakete verschlimmern Inflation
Um die Menschen zu entlasten, schütteten Regierungen auf der ganzen Welt Hilfspakete aus. Bei uns etwa den Teuerungs- oder Klimabonus, Frankreich zum Beispiel senkte die Steuern auf Diesel und Benzin.
Diese Maßnahmen sind bei einer so hohen Inflation allerdings nicht zielführend, erklärt Huber. „Da bekämpft man nämlich Feuer mit Feuer.“ Der Hauptgrund für die hohe Inflation ist, dass zu viel Geld im Wirtschaftskreislauf ist. Mit Teuerungsboni und anderen Zuschüssen gibt man der Bevölkerung noch mehr Geld in die Hand. Das heizt die Inflation weiter an, und es verhindert, dass Menschen ihr Verhalten ändern und weniger konsumieren.
Damit die Inflation wieder sinkt, muss nämlich weniger konsumiert werden. Deshalb erhöhten die Zentralbanken die Zinsen, um die Kauflust zu reduzieren. Kredite und Schulden werden dadurch nämlich teurer. Eine Rezession könnte die Folge sein. „Das ist zwar nicht angenehm, es ist aber unausweichlich, weil wir über unsere Verhältnisse gelebt haben. Immer wenn in den letzten 15 Jahren Probleme aufgetaucht sind, haben das Regierungen mit hohen Ausgaben, Hilfspaketen, Kurzarbeit, etc. ausgeglichen. Wir haben mehr ausgegeben, als wir können oder sollten“, erklärt Huber.
Früher gab es keine Inflation
Inflation ist übrigens nicht unvermeidlich. Von 1680 bis 1930 gab es regelmäßige Wechsel zwischen steigenden (Inflation) und fallenden Preisen (Deflation). Diese Wechsel glichen sich über die Jahre aus, und die Inflation lag durchschnittlich bei null Prozent.
Erst seit der Abschaffung des Goldstandards in den dreißiger Jahren, also seitdem Geld nicht mehr durch Gold- und Silberreserven gedeckt sein muss, steigt die Inflationsrate. Die Abschaffung dieses Standards führte nämlich dazu, dass Geld quasi beliebig vermehrt werden kann, erklärt der Finanzwirtschafts-Experte: "Seit Anfang der dreißiger Jahre sind wir in einer Papiergeld-Welt, und Papiergeld funktioniert gut, solange Regierungen diszipliniert sind, das heißt, solange sie schauen, dass die Geldmenge nicht schneller wächst als die Gütermenge. Doch darin waren Regierungen nicht immer besonders gut.“

Fossile Energien werden teuer bleiben
Die meisten Rohstoffe kosten übrigens bereits wieder so viel wie vor dem Ukraine-Krieg. Diese niedrigeren Preise kommen aber oft nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten an, weil die Unternehmen diese Preissenkungen nicht an die Endverbraucherin und den Endverbraucher weitergegeben haben. Beispielsweise verzeichnete die OMV vor kurzem wieder Rekordgewinne. Das sei nur möglich, weil sie die Preise von Diesel und Benzin hoch gehalten und dadurch ihre Gewinne maximiert habe.
Die Inflation wird nicht so hoch bleiben. Zwar müssen wir uns darauf einstellen, dass das ein dauerhafter Sprung im Preisniveau war, allerdings wird manches wieder günstiger und leistbarer werden, meint Huber. Die EZB wird ihre Zinsen wahrscheinlich nach einiger Zeit wieder senken. Vor allem fossile Energien werden auf Dauer teurer bleiben, deshalb sei es besonders wichtig, jetzt auf erneuerbare Energien umzusteigen. Während der Preis von Öl und Gas steigt, sind Sonnen- und Windenergie langfristig günstig.