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Wirtschaft

Teuerung: „Man muss Prioritäten setzen“

Die Teuerung und Maßnahmen dagegen sind aktuell Gegenstand des Teuerungsrates – bestehend aus Landesregierung und Sozialpartnern. Gottfried Tappeiner berät den Rat aus wissenschaftlicher Sicht. Er sagt, was sofort passieren muss, warum die Regierung nicht allen helfen kann und warum er die „Gießkanne“ verteidigt.

Die Teuerung betreffe alle Bevölkerungsgruppen, sagt Gottfried Tappeiner, Professor am Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und geschichte an der Universität Innsbruck. Aber das Landesbudget reiche bei weitem nicht aus, um alle zu begleiten. Wenn man davon ausgehe, dass die Teuerung alle Einkommen mit sieben bis acht Prozent betreffe, sei man weit weg von den Möglichkeiten im Landesbudget.

Gottfried Tappeiner
Die Fotografen
Volkwirt Gottfried Tappeiner berät den Teuerungsrat aus wissenschaftlicher Sicht.

Priorität auf existentiell Betroffenen

Deshalb müsse die Priorität ganz klar auf jenen liegen, die die Teuerung existentiell betrifft. Andere werde man nicht begleiten können, was aber nicht bedeute, dass sie nicht betroffen sind, sagt Tappeiner. Das sei das schwierige an dieser Situation. Bei der am stärksten betroffenen Gruppe, handle es sich um eine sehr „leise“. Die Herausforderung werde sein, sie zu erreichen.

Es gehe um die Frage, wie man bereits vorgesehene Leistungen an die existentiell Betroffenen heranbringen und Hemmschwellen abbauen könne. Dazu müsse das System vereinfacht werden und es brauche im Territorium Vertrauenspersonen, wo Betroffene Informationen bekommen. Egal ob das „Gemeinden oder Sozialvereine“ sind.

Schnell aber nicht treffsicher

Gottfried Tappeiner gibt Kritikern Recht, die bei den bereits beschlossenen Maßnahmen von der Gießkanne anstatt zielgerichteter Hilfe sprechen. Allerdings: Zielgerichtete Hilfe müsse über eine bestimmte Zeit aufgebaut werden und in Akutsituationen gehe die Geschwindigkeit vor.

Beides, „Treffsicherheit und schnelle Hilfe“ könne es nicht geben. Man sei aber bereits in der Übergangsphase. Aufgabe des Teuerungsrates müsse es jetzt auch sein, System in die Unterstützungsleistungen zu bringen. Die Tatsache, dass es Zeit brauche, bis die Hilfe ankomme, sei keine Entschuldigung dafür, nicht sofort damit zu beginnen.

Höhepunkt der Teuerung bereits überschritten

Den Prognosen, anhand derer Entscheidungen getroffen werden, sieht Tappeiner eher optimistisch entgegen. Der Höhepunkt der Teuerungswelle sei bereits überschritten. In den USA sei sie bereits rückläufig, was in Kürze auch bei uns zu spüren sein werde, so Tappeiner. Zudem seien die Gasspeicher gut gefüllt, ein Teil der Teuerung sei auch durch hektische Ankäufe für den Winter entstanden.

Die Inflation werde sinken, allerdings würden Nachlaufeffekte dazu kommen. Das sehe man derzeit im Bereich der Kollektivvertragsverhandlungen. Es gebe also auch noch Kosten, die erst sukzessiv steigen. Tappeiner rechnet damit, dass diese uns in einem gewissen Ausmaß noch zwei Jahre lang beschäftigen werden. Laut seiner Grobschätzung wird die Inflation sich auf vier bis sechs Prozent einpendeln.