Von 2012 bis 2020 haben laut einer Studie der Universität Innsbruck 55 Wirtshäuser in Tirol endgültig zugesperrt. Das bedeutet einen Rückgang um mehr als 13 Prozent. Noch dramatischer sei das Wirtshaussterben allerdings, wenn man das ganze Bundesgebiet betrachte, sagt Studienleiter Alexander Plaikner. Österreichweit hätten in den letzten zehn Jahren fast 21 Prozent der Gasthäuser Sperrstunde gemacht.

Gefragt: Vegane Brettljause
Tirol sei da als intensive Tourismusregion im Vorteil, sagt Plaikner. Für viele Gäste sei ein Wirtshausbesuch nämlich ein lokaler Event, sie suchten ein nachhaltiges Erlebnis, erklärt der Tourismusforscher. Das Wirtshaus müsse daher authentisch wirken, allerdings mit einem modernen Anstrich. Also gern die Zirbenstube, aber bitte nicht zu dunkel. Ähnliches gelte für die Küche: Die Gäste wollten das Gefühl haben, bodenständig verköstigt zu werden, auf Wunsch aber vegan, gluten- und laktosefrei. Mit der Speckjause allein sei es also nicht mehr getan.

Hauptproblem Personalmangel
Der Verein Tiroler Wirtshauskultur, der am Dienstag sein 30-jähriges Bestehen feiert, versucht seinen rund 120 Mitgliedsbetrieben bei diesem Küchenspagat zwischen Gröstl und Granatapfelkern unter die Arme zu greifen. Ein mobiles Beraterteam sei dafür ständig unterwegs. Und es gebe viele junge Wirte, die sich dieser Herausforderung mit Freude stellten, sagt Peter Weigand, seit den späten Neunzigerjahren Geschäftsführer des Vereins. Das Hauptproblem für solche Wirte sei auch nicht die kreative Küche, sondern der eklatante Personalmangel in der Branche.
„Es bleibt zu wenig hängen“
Wirtshäuser, die wie früher sieben Tage die Woche geöffnet hätten, würde es bald nicht mehr geben, sagt Weigand, eine gewisse Work-Life-Balance sei den Wirten und Wirtinnen von heute wichtiger als ihrer Elterngeneration. Und wenn dann nach 14-Stunden-Tagen zu wenig hängen bleibe, würden viele einen Schlussstrich ziehen.

Die Hauptgründe für eine zu geringe Gewinnspanne seien einerseits überbordende Behördenauflagen, andererseits ein versiegender Zustrom an Gästen, sagt Weigand. Für Letzteren seien unter anderem die vielen Vereinslokale verantwortlich, die das traditionelle Wirtshaus um Veranstaltungen brächten, die man früher ganz selbstverständlich im Dorfgasthaus gefeiert habe.

Erfolgsrezept: Tradition in jugendlichem Kleid
Nicht wirtshausfreundlich sei es auch, wenn Hotels mit kulinarischem Rundumangebot überhandnähmen. Schließlich habe der Vollpensionsgast wenig Grund, das Dorfwirtshaus aufzusuchen.
Eine Chance sehen sowohl Weigand als auch Tourismusforscher Plaikner im Trend zu Ferienwohnungen und Frühstückspensionen. Gäste solcher Unterkünfte seien die ideale Zielgruppe für ein Wirtshaus. Voraussetzung für den Erfolg sei es, Tradition in jugendlichem Kleid zu servieren. Plaikner: „Auch das Dirndl ist schließlich wieder modern geworden.“