Das CLOUD Experiment am CERN
CERN, Maximilien Brice
CERN, Maximilien Brice
Wissenschaft

Bildung von Iodsäure beeinflusst Weltklima

Iod zerstört Ozon und hat so Einfluss auf das Weltklima. Dabei spielt Iodsäure eine zentrale Rolle. Ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Innsbruck konnte mit Hilfe des internationalen CLOUD-Experiments den Entstehungsweg von Iodsäure beschreiben.

Iod, das aus den Weltmeeren in die Atmosphäre gelangt, zerstört Ozon und trägt zur Wolkenbildung bei. Als Teil einer internationalen Forschungskooperation erklärte das Team um Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck den detaillierten Reaktionsweg, auf dem die gasförmige Iodsäure (HIO3) in der Atmosphäre entsteht.

Dies ist ein zentraler Zwischenschritt des Kreislaufes, bei dem Iod aus den Weltmeeren in die Atmosphäre gelangt, Aerosole bildet und im Zuge dessen Ozon zerstört, hieß es in der Aussendung der Universität Innsbruck. Die Studie wurde im renommierten Fachjournal Nature Chemistry veröffentlicht.

Iod wirkt bei Ozonzerstörung als Katalysator

In einer vorhergehenden Studie konnte Armin Hansel mit seiner Forschungsgruppe bereits nachweisen, dass Iodsäure der entscheidende Stoff ist, der zur Partikel- und damit zur Wolkenbildung führt. Bei der Ozonzerstörung wirkt Iod als Katalysator, es wird bei diesem Vorgang nicht selbst verbraucht.

Ionenphysiker Armin Hansel
Uni Innsbruck
Ionenphysiker Armin Hansel

Die Studie wurde mit Hilfe des Großexperiments CLOUD durchgeführt. CLOUD ist am Kernforschungszentrum CERN angesiedelt, in einer großen Kammer wird hier die Atmosphäre simuliert. Darin wird untersucht, wie sich unter sorgfältig kontrollierten Bedingungen aus reaktiven Gasen Aerosolpartikel bilden und zu Wolken-Kondensationskeimen heranwachsen.

Erderwärmung beschleunigt den Prozess

„Kritisch sind die chemischen Vorgänge des Iodkreislaufes vor allem deswegen, weil die Menge an Iod, die seit 1950 in die Atmosphäre gelangt ist, sich mehr als verdreifacht hat. Iod entsteht bei der Reaktion von Ozon (O3) mit im Meerwasser gelöstem Iodid (I-). Menschliche Aktivitäten haben zu einer Zunahme von bodennahem Ozon und zu einer starken Erwärmung geführt“, erklärte Hansel.

Dünneres Eis in der Arktis bewirke, dass mehr wassergelöstes Iodid mit Ozon in Berührung kommt und Iod freisetzt. Beide Effekte würden die Iodemissionen verstärken, sagt der Wissenschafter. Diese steigenden globalen Emissionen könnten demnach in der Arktis das Abschmelzen des Meereises weiter beschleunigen, es handle sich also um einen selbst verstärkenden Effekt.

Das CLOUD Experiment am CERN
CERN, Maximilien Brice
Das CLOUD Experiment wurde am CERN durchgeführt

Die einzelnen Schritte, die zur Bildung von Iodsäure führen, wurden von der Forschungsgruppe unter großem experimentellem Aufwand am CERN in der Nähe von Genf und durch Feldmessungen am Maido Observatorium in Reunion entschlüsselt. Dabei waren quantenchemische Berechnungen notwendig, um die Reaktivität der einzelnen Umwandlungsschritte zu bestätigen.

Chemische Vorgänge von globaler Bedeutung

„Iod ist ein kritisches Spurenelement, das erhebliche Auswirkungen auf die Photochemie der Troposphäre hat, also auf die chemischen Reaktionen, die dort unter Einfluss von Licht stattfinden. Diese wirken sich letztlich auf das Klima aus. Im Meer gelöstes Iod geht in die Gasphase über, ist anschließend an der Bildung von Aerosolpartikel beteiligt und wird dann wieder in die Gasphase freigesetzt oder aus der Atmosphäre ausgewaschen“, sagt Hansel.

Für den Chemiker besonders interessant, dass gasförmiges Iod in der Atmosphäre reaktive Radikale bildet, die eigentlich nur in Küstennähe bzw. über den Ozeanen in die Photochemie eingreifen. Dabei wird Ozon – ein Luftschadstoff – zerstört. Da Iod in Aerosolpartikeln über weite Strecken transportiert werden kann und weit weg von den Iodquellen wieder freigesetzt wird, hat der Iodkreislauf globale Auswirkungen.

Tiroler Pioniere für das CLOUD-Experiment

Für die CLOUD-Experimente entwickelte die Innsbrucker Forschungsgruppe um Armin Hansel in enger Zusammenarbeit mit dem Spin-Off-Unternehmen Ionicon Analytik GmbH spezielle Messverfahren. Das Team um Hansel gilt im Feld der Spurenanalytik als internationaler Pionier, da diese technische Innovation aus Tirol in Echtzeit Resultate mit extrem hoher Nachweisempfindlichkeit liefert.

Das CLOUD-Forschungsteam besteht aus zahlreichen Arbeitsgruppen aus ganz Europa und Nordamerika und wird unter anderem von der Europäischen Union und zahlreichen nationalen Fördergebern – darunter der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG – finanziell unterstützt.