Der Laudator von Lisa Wentz, der die Regie im Stück „Adern“ führte, streute der jungen Schwazerin rote Rosen. „Es war Liebe auf den ersten Blick, es war Liebe auf das erste Wort“, sagte David Bösch. Lisa Wentz gab die herzlichen Worte an ihren Regisseur zurück – sie wünsche, dass jedem jungen Autor, jeder jungen Autorin so ein umsichtiger und respektvoller Szeniker begegne.
Die 23. Nestroy-Preise fanden am Sonntagabend im Wiener Arsenal statt. Mit ihnen wurden herausragende Bühnenproduktionen sowie Künstlerinnen und Künstler der vergangenen Theatersaison geehrt. Die von ORF III zeitversetzt übertragene Gala wurde erneut von den ORF-Moderatoren Nadja Bernhard und Peter Fässlacher moderiert.
Beeindruckende Uraufführung in Wien
Im Stück „Adern“ geht es um die Lebensgeschichte von Lisa Wentz’ Urgroßmutter. Am Bahnhof von Brixlegg trifft 1953 Aloisia ein. Sie hat sich auf eine Zeitungsannonce gemeldet. Der Bergmann Rudolf sucht jemanden, der sich um seine fünf Kinder kümmert. Seine Frau ist an Keuchhusten gestorben. Aloisia ist die erste Bewerberin, die von seinen Kindern akzeptiert wurde. Doch sie macht gleich am ersten Abend klar: Ohne Heirat bleibt sie nicht.

In der Stille tasten sich beide aneinander heran. Sie haben viele Verletzungen durch die Vergangenheit (Aloisia ist mit einer kleinen Tochter angereist, der Vater, ein französischer Besatzungssoldat, hat schon länger nichts von sich hören lassen) und wenig Vertrauen in eine glückliche Zukunft. Und doch entsteht etwas Gemeinsames. Der 27-jährigen Autorin gelang ein eindrucksvolles Stück, das im Frühjahr am Wiener Akademietheater uraufgeführt wurde – mehr dazu in Im Akademiethater weint der Berg (ORF.at, 14.3.22)
David Bösch: „Eine große Autorin“
Regiesseur David Bösch nannte Lisa Wentz „nicht nur ein Talent, sondern eine große Autorin“: „Sie schreibt so besonders. Sie schreibt einen Text, sie schreibt Worte, die ihre Figuren sagen. Und sie schreibt aber vor allem Worte, die ihre Figuren nicht sagen. Die Stille, das Schweigen, das Unaussprechliche, das Un- und Vorbewusste, das was unter der Oberfläche verborgen ist, unter dem geschundenen Berg.“
Lisa Wentz schloss bei der Preisverleihung mit einem „privaten Dank – an meine Oma“: "Liebe Oma, ohne dich würde es „Adern" so nicht geben. Danke für dein unerbitterliches Dasein, für deine Kraft im Leben. Die Worte im Stück sind nicht von dir und mit allem bist du wahrscheinlich gar nicht so einverstanden. Aber sie sind alle für dich. Danke.“