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ORF.at/Christian Öser
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Soziales

Einkommen reicht für viele nicht mehr

Die Zahl der armutsgefährdeten Haushalte in Österreich ist von 25 auf 35 Prozent gestiegen. Die Caritas Tirol verwies auf den Anstieg der gestiegenen Beratungszahlen. Ein neuer Online-Wegweiser soll die Hemmschwelle senken, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Um 40 Prozent hat die Nachfrage nach Beratungen bei der Caritas Tirol seit der Pandemie zugenommen. „Die Teuerung trifft zunehmend auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft“, bestätigte Andreas Exenberger, Armutsforscher an der Universität Innsbruck. Die Teuerung habe die Situation – zusätzlich zu den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie – verschärft.

Ein Drittel der Haushalte armutsgefährdet

„Vor der Pandemie waren 25 Prozent der Haushalte in der Position, dass ihre Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Inflationsdynamik muss davon ausgegangen werden, dass mittlerweile 35 Prozent der Haushalte in Österreich nicht mehr mit ihrem Einkommen auskommen“, so Exenberger.

Neues Onlineangebot

Der neue Caritas Wegweiser führt je nach Region zu passenden Hilfsangeboten, zur richtigen Anlaufstelle oder Ansprechperson oder zur Online-Beratung weiter.

Verstärkter Zulauf bei den Beratungsstellen der Caritas Tirol sei insbesondere ab der Monatsmitte zu beobachten, so die Direktorin der Caritas Diözese Innsbruck Elisabeth Rathgeb. Betroffene würden nach Lebensmittelgutscheinen fragen, den Sozialmarkt in Anspruch nehmen oder sogar in der Katharina-Stube in Innsbruck vorbeikommen, um eine warme Mahlzeit zu essen.

Armut ist mit Scham verbunden

Am meisten betroffen seien Alleinerziehende, Mehrkindfamilien sowie Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten. „Mit großer Sorge schauen wir auf den kommenden Winter, weil wir wissen dass für viele die Nachzahlungen der Betriebskosten fällig sind, aber auch Stromakontozahlungen für das nächste Jahr. Da befürchten wir eine große Anzahl an Menschen, die Hilfe brauchen“, so Rathgeb.

Podcast-Folge zu „LeereTafeln“

Im aktuellen ORF Tirol Podcast **#derWoche** spricht Christina Geisler mit Doris Olumba vom Roten Kreuz über den Mangel bei Lebensmittelausgabe-Stationen.

Die Hemmschwelle, sich Unterstützung zu suchen, sei allerdings bei vielen groß. Dabei sei es Unterstützung die den Betroffenen durchaus zusteht. „Viele Betroffene können nichts für Armut, sie sind aufgrund der Strukturen hineingeraten“, betonte Armutsforscher Exenberger.

Gezielte Maßnahmen gefordert

Finanzielle Hilfen nach dem Gießkannenprinzip hielt Exenberger in der aktuellen Situation nicht mehr für hilfreich. Vielmehr brauche es gezielte Unterstützungsleistungen für diejenigen, die sie wirklich brauchen. Idealerweise würden sie an bestehende Sozialleistungen anknüpfen, sodass der Anspruch nicht mehr gesondert geprüft werden müsse.

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb sah im Koalitionsprogramm der neuen schwarz-roten Landesregierung positive Akzente. „Konkrete Maßnahmen, die im Koalitionsprogramm vorgesehen sind, wie die Beibehaltung des Mindestsicherungsgesetzes, die Indexierung der Sozialleistungen oder auch die angekündigten Dreijahresverträge für Sozialeinrichtungen begrüßen wir sehr.“