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Schuldspruch in „Love-Scam-Prozess“

Am Landesgericht Innsbruck sind am Dienstag zwei Angeklagte in einem sogenannten „Love-Scam-Prozess“ schuldig gesprochen worden. Internetbetrüger hatten einer im Unterland lebenden 56-jährigen Frau mehr als 300.000 Euro abgenommen.

Es sei ein Fall, wie man ihn derzeit sehr oft sehe, so die Staatsanwältin, die am Beginn des Prozesses ihre Anklage vortrug. Eine 56-jährige Frau hatte über eine bekannte Dating-App nach einer Bekanntschaft gesucht. Eines Tages meldete sich ein Mann namens Alex, angeblich ein UNO-Soldat im Jemen. Es wurden Nummern ausgetauscht, via WhatsApp und Skype wurde kommuniziert und telefoniert, allerdings nie per Video.

77.000 Euro auf einmal überwiesen

Die Liebesbeziehung und die ernsten Absichten von Alex seien vorgetäuscht gewesen, so die Staatsanwältin. Schon bald kamen erste Geldforderungen, um Pakete aus dem Zoll auszulösen oder für Flüge und Hotels. Der vermeintliche Freund schickte der Frau raffiniert fingierte Rechnungen und Belege. Hätte die es nicht gegeben, hätte sie das Geld nie überwiesen, erklärte die Geschädigte vor Gericht.

Das Geld wurde auf verschiedene Konten in Deutschland, den Niederlanden oder Italien überwiesen. Anfangs waren es Summen um 2.000, später um 13.000 Euro. Insgesamt überwies die Frau laut Anklage vierzehnmal Geld an den Mann namens Alex. Die höchste Summe, die ihr dabei auf einmal herausgelockt wurde, waren 77.000 Euro.

Ersparnisse aufgebraucht und Geld ausgeliehen

Die Geschädigte brauchte ihre gesamten Ersparnisse auf und lieh sich auch Geld. Erst als sie ihren Noch-Ehemann, von dem sie getrennt lebt, um Rat fragte, hörte der Spuk auf. Es wurde bei der Polizei Anzeige erstattet, der Kontakt zu dem angeblichen Freund blieb aber aufrecht. Als wieder eine Geldforderung kam, wurde eine Übergabe von 50.000 Euro in Bar in Niederndorf vereinbart. Da klickten dann für den Geldboten die Handschellen.

Bedingte Haftstrafen für die Angeklagten

Neben dem 27jährigen mutmaßlichen Geldboten, der im März von Wuppertal aus nach Tirol gefahren war, stand ein zweiter Mann vor Gericht. Ein 26jähriger Mann aus Ghana, der laut Anklage dem Geldboten den Auftrag erteilt haben soll. Er war nach der Verhaftung des ersten Verdächtigen gesucht und in Duisburg festgenommen worden. Die Anweisung, das Geld bei der Frau abzuholen, sei von einem Bekannten aus Ghana gekommen. Einen Alex würden sie nicht kennen, beteuerten sie.

Das Schöffengericht sprach die Männer schließlich vom Vorwurf des gewerbsmäßig schweren Betrugs wegen mangelnder Beweise frei. Wegen der versuchten Geldübergabe und der Beteiligung daran, setzte es allerdings für beide Männer bedingte Haftstrafen wegen Beitrags- und Bestimmungstäterschaft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.