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Politik

Neustart bei Naturschutzpolitik gefordert

Umweltverbände nutzen die laufenden Koalitionsverhandlungen in Tirol und legen einen Forderungskatalog auf den Tisch. Dieser beinhaltet den schonenden Umgang mit Ressourcen genauso wie einen Neuerschließungs-Stopp bei Skigebieten.

Die Umweltorganisation WWF hat von der künftigen Tiroler Landesregierung einen „Neustart“ in Sachen Naturschutzpolitik gefordert. Die NGO legte dafür einen 25-Punkte-Plan vor, den sie im Regierungsprogramm – das derzeit von ÖVP und SPÖ verhandelt wird – niedergeschrieben sehen will. Enthalten ist eine Reduktion des Bodenverbrauchs, ein Gewässerschutzpaket, eine Energiesparoffensive sowie der ausnahmslose Gletscherschutz. Zudem soll ein Naturschutzressort geschaffen werden.

Weniger Bodenverbrauch dafür mehr Schutzgebiete

„Durch überzogene Großprojekte und politische Versäumnisse sind schon sehr viele wertvolle Lebensräume zerstört worden“, meinte WWF-Naturschutzleiter Christoph Walder am Montag in einer Aussendung. In den vergangenen zwei Legislaturperioden lag die Regierungsverantwortung in Tirol bei ÖVP und Grünen. Einen Fokus legte er auf den Bodenverbrauch: Dieser sei im Schnitt mit rund drei Quadratkilometern pro Jahr (Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020) hoch. „Tirol braucht endlich eine klimagerechte Raumordnung, die sparsamer mit wertvollen Böden umgeht und vor allem den Naturschutz respektiert“, hielt er fest. Als Konsequenz soll Tirol „die letzten Freiräume unter absoluten Schutz stellen, neue hochrangige Schutzgebiete ausweisen und das Management bestehender Schutzgebiete verbessern“.

WWF Naturschutzleiter Christoph Walder spricht sich gegen den Krauftwerksausbau Kaunertal aus

Nur ein Drittel der Gewässer noch intakt

Einmal mehr machte der WWF gegen „überzogene Wasserkraft-Ausbaupläne“ mobil, insbesondere gegen das geplante – und zwischen ÖVP und SPÖ unstrittige – Kraftwerk Kaunertal. Der Fokus auf das Projekt im Kaunertal verstelle den „Blick auf die enormen Potenziale der Photovoltaik und des Energiesparens“, so Walder. Der WWF führte darüber hinaus in seinem Plan aus, dass nur mehr 30 Prozent der Tiroler Gewässer als intakt gelten. Diese letzten frei fließenden Flüsse müssten daher „umfassend“ geschützt und stark belastete Strecken ökologisch saniert werden. Es gelte, die „Vorgaben der Wasser-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union“ zu erfüllen.

Endausbaupläne für Wasserkraft gefordert

Als notwendig wurde in dem 25-Punkte-Plan des WWF die Errichtung eines eigenen Naturschutzressorts erachtet. „Die Kompetenzverteilung von Naturschutz und Wasserwirtschaft hat zur Zersplitterung der Zuständigkeiten und der behördlichen Vollziehung von Verfahren geführt“, resümierte der WWF. Biodiversität solle als „Querschnittsthema“ verankert und in alle Bereiche integriert werden.

Auch die Naturfreunde Tirol kritisieren, dass es in Bezug auf die Wasserkraft keine konkrete Strategie gebe. Hier sei dringend ein Endausbauplan gefragt, so Sebastian Stoll, der für den Umweltschutz zuständig ist.

Sebastian Stoll von den Naturfreunden fordert klare Strategien und Endausbaupläne für die Wasserkraft

Gletscherschutz muss verankert werden

Ähnlich wie bei der Wasserkraft müsste auch das neue Seilbahnprogramm wesentlich strenger und ohne Ausnahmen formuliert werden. Dafür macht sich auch der Alpenverein stark. Skigebiets-Neuerschließungen sollen gestoppt und fixe Ausbaugrenzen fixiert werden. „Die Weiterentwicklung des Angebots sollte sich auf eine bessere Qualität innerhalb der festgelegten Räume beschränken“, heißt es unisono.

Alle drei NGOs pochten zudem auf einen „Gletscherschutz ohne Ausnahmen“. Der rechtliche Status vor dem Jahr 2005 „durch Rücknahme des Ausnahmen im Gletscherschutz“ müsse wiederhergestellt werden.

ÖAV-Präsident Andreas Ermacora fordert den gesetzlichen Schutz der heimischen Gletscher

Tiroler Grüne sagen Unterstützung zu

Unterstützung für die Forderungen des WWF anlässlich der Tiroler Regierungsverhandlungen kam via Aussendung von den Grünen. Das „exzessive Wettrüsten in den Alpen“ müsse gestoppt werden, kommentierten Abg. Barbara Neßler und Klubobmann Gebi Mair den WWF-Aktionsplan. Während grüner Regierungsbeteiligung habe es eine „Absage an große Erweiterungen“ gegeben, betonten die beiden: „Und das soll auch so bleiben.“

Die Grünen würden sich im Landtag für die Anliegen des WWF stark machen, versprach Mair. Neßler sah indes besonderen Handlungsbedarf bei touristischen Förderinstrumenten, Mobilität und Raumordnung. Schließlich baue der Tourismus in Tirol auch „weitestgehend auf unserer Naturlandschaft auf“.