Glaubt man den Umfragen, setzt es für die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Anton Mattle bei der Landtagswahl am Sonntag ein historisch schlechtes Ergebnis. Umfragen sagen der ÖVP einen Absturz von 44 Prozent auf nunmehr 28 Prozent voraus.
Er habe die Partei bei schlechten Umfragewerten übernommen, betonte Mattle in der von Susanne Schnabl und Georg Laich geführten Diskussionsrunde.
Mattle will Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen
Er wolle jedoch das Vertrauen zurückgewinnen und sei optimistisch, da die Ergebnisse der Wahlvorhersagen eine große Bandbreite aufwiesen. Er sehe gute Chancen auf ein Ergebnis über 30 Prozent, erklärte der ÖVP-Spitzenkandidat, und er betonte zugleich, dass er auch bei einem schlechten Wahlergebnis die Verantwortung übernehmen werde, das habe er als Politiker gelernt.

ORF-Debatte
Wie sein Koalitionspartner Gebi Mair (Grüne) erklärte, sei seine eigene Partei das größte Problem für Mattle. Er rechne damit, dass sich die politischen Machtverhältnisse neu ordnen, es werde neue, mögliche Machtkonstellationen geben, so Mair. Die Grünen möchten weiter regieren – das könne in einer Zweier-, einer Dreier- oder einer Viererkoalition ohne ÖVP sein.
Georg Dornauer (SPÖ) betonte, dass Tirol stabile Verhältnisse brauche. Daher solle künftig eine Zweierkoalition regieren. Diese Aufgabe sollten nach der Wahl die beiden größten Parteien übernehmen, allerdings ließ er sich eine Hintertür offen, sollte die ÖVP am Sonntag deutlich abgewählt werden.

Abwerzger hält Arbeitsübereinkommen für möglich
Unter dem jetzigen Landeshauptmann Günther Platter habe sich die ÖVP in eine schlechte Richtung entwickelt, kritisierte Markus Abwerzger (FPÖ). Er glaube, dass es bei der Wahl ein politisches Erdbeben geben werde. Seine Partei wolle, müsse aber nicht regieren. Er könne sich auch ein Arbeitsübereinkommen statt einer Koalition vorstellen, sagte Abwerzger.
Wie Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz) erklärte, wolle sie eine Regierung, die Veränderungen vorantreibe. Sie trete für eine Koalition ein, die Probleme angreife und löse. Als einziger nannte Dominik Oberhofer (NEOS) eine Koalitionsbedingung. Er forderte die Abschaffung der Tourismusabgabe, diese sei eine große Belastung für die Wirtschaft und müsse abgeschafft werden, so Oberhofer.
Teuerungsausgleich als großes Thema
Beim Thema Teuerungsausgleich waren sich die Diskussionsteilnehmer darüber einig, dass die Bevölkerung entlastet werden müsse. Allerdings könnten Bund und Land nicht alles abfedern, sagte Mattle. Es brauche Solidarität in der Gesellschaft, damit der Schuldenberg für die nächsten Generationen nicht allzu groß werde.
Oberhofer möchte die Hälfte der Parteienförderung und des Klubgeldes für Bedürftige verwendet wissen. Damit könne man Mindestpensionisten und Alleinerzieherinnen mit 250 Euro unterstützen, das sei eine treffsichere Hilfe.

Haselwanter-Schneider lehnte Oberhofers Vorschlag ab, da sonst Parteien möglicherweise großen Spendern verpflichtet seien. Sie forderte vielmehr einen Kassasturz der neuen Regierung, dann könne man festlegen, woher das Geld kommen solle.
Dornauer sprach sich für die Einführung eines Energiepreisdeckels aus, ansonsten drohe ein massiver Verlust an Arbeitsplätzen.
Bau von Windrädern und Ausbau der Photovoltaik
Auch der Landesenergieversorger TIWAG war Thema der Diskussion. Mattle, der TIWAG-Aufsichtsratsvorsitzender ist, betonte, wie wichtig es sei, dass das Unternehmen im Landeseigentum sei. So könne man eine Sonderdividende zur Finanzierung des Teuerungsausgleichs entnehmen.
Gebi Mair kritisierte die ÖVP für die Vorgänge bei der TIWAG und forderte eine Vorreiterrolle des Unternehmens bei der Energiewende. Tirol brauche einen Energiemix, da durch Wasserkraft heuer nicht so viel Strom erzeugt werden könne. Daher brauche es dringend den Ausbau von Windrädern und der Sonnenkraft.

Georg Dornauer forderte ein eigenes Kraftwerk für jede Gemeinde, sofern das möglich sei, und bekannte sich zum naturschonenden Ausbau der Wasserkraft. Auch Windkraft solle dort, wo es sinnvoll sei, umgesetzt werden.
Kritik an langer Dauer von Genehmigungen
Auch Abwerzger sprach sich für den Ausbau der Wasserkraft aus und forderte, dass Umweltverträglichkeitsverfahren nicht 18 Jahre lang dauern dürfen. Außerdem übte er Kritik an den Grünen wegen des „mangelnden Photovoltaikausbaus“.
Aus Sicht von Dominik Oberhofer liegt in der Windkraft die Zukunft. Skigebiete seien dafür der perfekte Ort, da Anschlüsse und Leitungen dort bereits vorhanden seien.
Einigkeit bei Ziel der Reduktion der Zahl der Transit-Lkws
Einigkeit herrschte bei den Teilnehmern der Fernsehdebatte, dass Tirol vom Transit entlastet werden müsse und die Zahl der Lkw-Fahrten durch Tirol reduziert werden müsse. Dazu brauche es allerdings auch die Unterstützung außerhalb Tirols. Wenn das nichts nütze, unterstütze er Kampfmaßnahmen, erklärte Markus Abwerzger. So könne er sich Sperren der Autobahn durch Demonstrationen vorstellen.

Gebi Mair machte sich für die Einführung von täglichen Dosierungen an der Grenze stark. Es brauche Obergrenzen für Lkws sowie das Sektorale und das Nachtfahrverbot.
Andrea Haselwanter-Schneider forderte die Einführung einer Obergrenze von Lkw-Fahrten durch Tirol. Das Ziel müsse eine Reduktion auf eine Million Fahrten pro Jahr sein, das könne man durch die Umsetzung des Slot-Systems – ähnlich wie bei Flughäfen – erwirken.

Man müsse der Bevölkerung reinen Wein einschenken, erklärte Dominik Oberhofer. Niemand habe ein Patentrezept, um das Transitproblem zu lösen. Allerdings gehörten Lkws auf die Schiene und künftig unter die Erde in den Brenner-Basistunnel verlagert.
Uneinigkeit bei Förderung von kleinen Skigebieten
Auch der Wintertourismus war Thema. Hier machten sich alle Wahlwerber für den Stopp von möglichen Neuerschließungen von Skigebieten stark. Allerdings müsse der Zusammenschluss bestehender Skigebiete weiter möglich sein, forderten Mattle und Dornauer. Während der SPÖ-Parteiobmann den Ausbau der Förderung von Klein- und Kleinstskigebieten forderte, verlangte Oberhofer den Rückbau von Skigebieten, die ohne Fördergelder nicht überlebensfähig wären.
Rechtsanspruch für Kinderbetreuung
Das Geld für eine ganzjährige Kinderbetreuung müsse vorhanden sein, betonte Mattle. Es müsse künftig einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung geben. Dafür müsse der Bund das Geld zur Verfügung stellen, forderte Dornauer. Es brauche dabei auch eine gemeindeübergreifende Zusammenarbeit sowie eine Ausbildungsoffensive.
Einen finanziellen Schulterschluss von Gemeinden, Land und Bund forderte Andrea Haselwanter-Schneider. Da das Wohnen und Leben in Tirol am teuersten und die Einkommen am geringsten seien, brauche es eine Unterstützung der Familien durch die öffentliche Hand.
Familien sollen Wahlfreiheit haben
Dominik Oberhofer möchte einen Teil der Wirtschaftsförderung für die Finanzierung der Kinderbetreuung verwendet wissen. Markus Abwerzger trat dafür ein, dass es für Familien die Wahlfreiheit geben solle, ob man die Kinder zu Hause betreuen möchte oder nicht. Das könnten sich viele Familien aber nicht leisten, daher sei auch seine Partei für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

Peter Filzmaier analysiert
Im Anschluss analysierte Politologe Peter Filzmaier in der ZIB2 die Diskussionsrunde und verwies dabei unter anderem auf die schwierige Ausgangslage der ÖVP unter Anton Mattle.