Domsanierung
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Kultur

Innsbrucker Domsanierung wie im OP

Die Sanierung des Innsbrucker Doms geht in die Endphase – die Reinigung der barocken Wandmalereien ist großteils abgeschlossen. Nun werden brüchige Stellen mit Kalk-Injektionen stabilisiert. Die Gesamtkosten für die Reinigung betragen 5,5 Millionen Euro.

In den letzten drei Monaten haben der Tiroler Restaurator Siegmund Eller und sein Team mehr als 10.000 Quadratmeter Wandflächen im Dom zu St. Jakob mit Spezialschwämmen gereinigt. Es ging darum, den Staub und den Kerzenruß, der sich seit der letzten Restaurierung in den 1990er Jahren abgelagert hatte, behutsam zu entfernen. Die Reinigung ist abgeschlossen. Nun geht es um die letzten Feinheiten.

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Die Farbschicht hat sich stellenweise von der Wand gelöst. Kalkmilch wird injiziert, um die Malerei wieder mit der Mauer zu verbinden.
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Restaurator Siegmund Eller arbeitet wie im OP.
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Mit reversiblen Aquarellfarben werden kleine Fehlstellen der barocken Wandmalereien retuschiert.
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Feinschliff beim Heiligenschein von Jakobus
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Die Gesichter wurden vom Meister persönlich als Porträts gemalt. Im Streiflicht erkennt man die Putzgrenze eines Tagwerkes.
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Die barocken Stuckaturen werden gereinigt und teilweise neu gefasst.
Restaurator, Siegmund Eller
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Siegmund Eller und sein Team sind mehrere Monate im Innsbrucker Dom beschäftigt.

Kunstfehler sind auch in der Restaurierung möglich

Bei der Restaurierung kommen Spritzen, Tupfer und Skalpelle zum Einsatz. Die Präzisionsarbeit sei mit dem Hantieren in einem OP vergleichbar, meint Eller. „Wir operieren zwar nicht am lebendigen Patienten, aber auch Restauratoren müssen sorgfältig mit der Originalsubstanz umgehen.“ Kunstfehler seien da durchaus möglich, gibt der Spezialist zu. „Wenn man beim Reinigen zu fest andrückt, können gewisse Partien der originalen Malerei für immer verschwinden.“

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Der berühmte Barockmaler Cosmas Damian Asam hat seine Fresken mit dem Kürzel „CDA“ signiert.

Barock-Star hat den Dom ausgemalt

Der große Meister Cosmas Damian Asam hat im Mai 1722 mit der Ausmalung des Innsbrucker Domes begonnen und seine Signatur „CDA“ bereits im August 1723 auf seinem letzten Fresko, dem Höllensturz an der Decke des Langhauses verewigt. Dargestellt wird die Legende des Heiligen Jakobus, dem der Innsbrucker Dom geweiht ist. Die Stuckaturen hat Egid Quirin Asam, der Bruder von Cosmas, ausgeführt.

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Wer genau hinschaut, erkennt den Zopf des Puttos über der Schulter. Da hat sich ein Stuckateur vor 300 Jahren einen Witz erlaubt.

Schwarz-Weiß-Malerei

Die in der Chorkuppel dargestellte Szene, der Sieg der Christen über die Mauren, sei heute keineswegs mehr politisch korrekt, sagt Florian Huber, der Probst des Innsbrucker Domes. „Wir sagen immer, dass wir aus der Geschichte lernen. Religiöse Gewalt ist heute nicht mehr gerechtfertigt. Das haben noch nicht alle gelernt“, bedauert Huber. Der Heilige Jakob galoppiert auf einem nun wieder strahlend weiß geputzten Ross auf dem Fresko hoch über dem Altarraum.

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In der Legende wird Jakobus als strahlender Sieger über die Mauren dargestellt, eine heute nicht mehr zeitgemäße Szene.

Sieht aus wie neu – ist es aber nicht

Bei einem Blick in die bereits wieder ausgerüstete Chorkuppel entsteht der Eindruck, man hätte die ganze Kirche frisch ausgemalt. Domprobst Florian Huber betont, dass nicht neu gemalt, sondern tatsächlich nur gereinigt worden sei. Die Gesamtkosten für das neue Lichtsystem, ein eigenes WLAN in der Kirche, die Reinigung und die Restaurierung betragen insgesamt 5,5 Millionen Euro.

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Der Blick in die frisch gereinigte Chorkuppel

Gerüst für Gäste

Ein transparenter Umgang mit dieser hohen Summe ist dem Bauherrn wichtig. Besucher und Besucherinnen sollen während der Zeit der Sanierung nicht vor verschlossenen Kirchentüren stehen. Über ein speziell gesichertes Gerüst können Interessierte in eine Höhe von 23 Metern hinaufsteigen und den Restauratoren bei der Arbeit zusehen.

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Interessierte können sich auf einem gesicherten Gerüst ein Bild vom Fortschritt der Arbeiten machen.

Rekonstruktionen nach dem Zweiten Weltkrieg

1944 wurde der Dom von Bomben getroffen und große Teile der barocken Wandmalereien wurden zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Fresken von den Restauratoren und Künstlern Paul Rechendorfer, Toni Kirchmayr und Wolfram Köberl mit der Hilfe von Fotografien rekonstruiert. Mittels UV-Licht-Untersuchungen lassen sich die originalen Stellen aus der Barockzeit und die Rekonstruktionen aus den 1950er Jahren exakt unterscheiden, erklärt der aktuelle Restaurator Siegmund Eller.

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Im Altarraum reinigen Steinmetze den originalen, 300 Jahre alten Marmorboden.
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Drei unterschiedliche Steine aus Tirol wurden verwendet.
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Ergänzungen werden mit einer eigens gemischten Masse aus zerriebenem Marmormehl ausgeführt.

Der Marmorboden wird mit einer Spezialmischung ergänzt

Im Altarraum sind Spezialisten gerade dabei, den 300 Jahre alten Marmorboden behutsam mit Wasser zu reinigen. Fehlstellen ergänzen sie mit einer selbst gemischten Masse. Dazu werden passende Marmorreste zerrieben. Die Steine wurden einst in nahegelegenen Steinbrüchen abgebaut. Der orangerote Kramsacher Marmor war in Tirol besonders beliebt. Der graue Stein stammt wohl aus Obernberg und der dunkle Kalkstein könnte von einem Steinbruch im Venntal am Brenner kommen, sagt der geologisch geschulte Steinmetz Christoph Ganser.

Beim stundenlangen Putzen und Ergänzen kommt so mancher Handwerker ins Philosophieren. So überlegt der Steinmetz Raimund Walser, welche Menschen in den letzten 300 Jahren wohl über den Marmorboden geschritten sein könnten.

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Das gewaltige Gerüst wiegt mehr als 300 Tonnen.

Das Besuchergerüst ist noch bis Anfang Oktober öffentlich zugänglich. Dann wird sukzessive abgerüstet. Ab Dezember sollen im Dom wieder Messen gefeiert werden.