Illustration zu den Themen Trockenheit / Wetter / Dürre / Klimawandel. (23.3.2022)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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Tirol: Luft nach oben beim Klimaschutz

Aufgrund des Klimawandels werden sich Wetterextreme verstärken. In Tirol sei besonders das Inntal ein zukünftiges Hitzetal. Neben dem Wetter sind jedoch auch andere Bereiche wie die Gesundheit betroffen. Beim Klimaschutz in Tirol gebe es noch Luft nach oben, sagt die Geschäftsführerin von alpS, Daniela Hohenwallner-Ries.

Die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels sind bereits jetzt zu spüren – mit extremen Temperaturen und punktuell starken Niederschlägen. Besonders das Inntal ist von den Folgen betroffen, da es ein sehr starkes Hitze-Tal ist. Daniela Hohenwallner-Ries, die Geschäftsführerin von alpS, die sich auf den Klimawandel und auf die Klimawandel-Anpassung spezialisiert haben, erklärte, dass der Osten des Landes besser in Sachen Klimaschutz abschneide als der Westen. Die Dringlichkeit der Situation sei jedoch auch im Westen klar.

Vulnerable Gruppen von Klimawandel besonders betroffen

Die bereits spürbaren Wetterextreme seien nur eine Folge des Klimawandels, es gebe natürlich viel mehr: So müsste man zum Beispiel im Blick behalten, dass besonders ältere Menschen von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Durch die steigende Hitze in Städten könnten sie nur mehr schwer vor die Tür gehen. „Hier ist die Frage, wie ältere Menschen mit dem Klima umgehen und ob sie Hilfe brauchen, wenn sie weite Wege in die Stadt haben“. Diese soziodemographischen Faktoren würden in die Erstellung von Klimaanpassungs-Strategien immer miteinfließen müssen. Auch Herz-Kreislaufkrankheiten oder auch Hautkrankheiten würden durch die extreme Hitze ansteigen.

„Neben älteren Menschen sind auch sozial schwächere besonders vom Klimawandel betroffen“ , erklärte Hohenwallner-Ries. So fielen die Auswirkungen von Maßnahmen wie eine CO2-Steuer in sozio-ökonomisch schwächeren Gruppen gravierender aus.

Kartenspiel mit alten Menschen
ORF
Besonders ältere und ökonomisch schwächere Menschen sind vom Klimawandel und den Maßnahmen dagegen betroffen

Luft nach oben für Klimaschutz in Tirol

Generell sieht die Geschäftsführerin von alpS den Osten Österreichs als fortschrittlicher in Sachen Klimaschutz als den Westen an. „In Niederösterreich werden sehr streng alle zwei bis drei Jahre genaue Evaluationen, der bereits bestehenden Maßnahmen gemacht“. Solche Überprüfungen seien auch sehr wichtig, um zu sehen, ob die Strategie auch wirklich funktioniere und den gewünschten Nutzen habe.

Auch für Innsbruck bestehe ein Maßnahmenkatalog, der 2019 ausgearbeitet wurde. Das Engagement in Innsbruck sei sehr groß gewesen und wenn man sich an die Maßnahmen mit ständigen Evaluationen halte, könne auch Innsbruck eine Good-Practice Stadt werden. „Diskussionen, ob der Klimawandel überhaupt existiert, führe ich jetzt nicht mehr“, erklärte Hohenwallner-Ries. Diese hätte sie viel zu oft geführt, zuletzt bei der Erstellung der Klima-Strategie für das Land Tirol 2014.

Verstärken von Extremen

Die Auswirkungen des Klimawandels sind mit starken Hitzeperioden bereits im Inntal zu spüren. „Die Tirolerinnen und Tiroler haben bei uns noch das Glück, dass sie auf die Berge flüchten können“, erklärt Hohenwallner-Ries.

Neben der Hitze sind jedoch auch zu viel oder zu wenig Niederschlag sowie starke Stürme Folgen vom Klimawandel, mit denen man in Zukunft verstärkt rechnen müsste. „Die allgemeine Niederschlagsmenge wird sich nicht ändern, sondern es wird vereinzelt viel stärker regnen oder auch Regen teilweise ausbleiben“, so die Forscherin.

Ein Feld in Großweikersdorf
APA/Herbert Pfarrhofer
Trockenheit durch zu viel Hitze und zu wenig Regen stellt ein großes Problem dar

Klima-Anpassungs-Strategie und -Bekämpfung

Um mit den Folgen des Klimawandels zurechtzukommen, hätten einzelne Städte und Gemeinden begonnen verschiedene Klimaanpassungs-Strategien, teilweise mit alpS, auszuarbeiten. Diese würden ein breites Maßnahmen-Set vom Sektor Bauen über Wohnen, Forstwirtschaft, Landwirtschaft oder auch Gesundheit umschließen. Die einzelnen Strategien müssten immer individuell an die einzelnen Gemeinden oder Orte angepasst werden.

Zur Bekämpfung des Klimawandels müssen zuallererst Treibhausgase reduziert werden, was stark zum Klimaschutz beitragen würde. Hier sieht Hohenwallner-Ries eine radikale Wende und politische Einschnitte nicht nur als realistisch, sondern als ein absolutes „Muss“.

Wie anpassungsfähig ist der Mensch?

Auf die Frage, wie anpassungsfähig der Mensch an den Klimawandel und seine Folgen sei, hat die Forscherin klare Antworten: „Es gibt harte und weiche Grenzen, die uns im neuen Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) gezeigt werden“. Harte Grenzen, wie das Sterben der Korallen, könne man nicht mehr aufhalten oder rückgängig machen. Bei den weichen Grenzen kann man den Trend teilweise noch mit Geld, Steuern und damit verbundenen Anstrengungen ausgleichen. Diese würden sich jedoch auch immer weiter in Richtung von harten Grenzen verschieben, so die Expertin.

Korallen
Gerald Arnold
Das Sterben der Korallen ist eine harte Grenze.

Mischung aus Eigenverantwortung und Maßnahmen

Um die Klimakrise so gut es geht zu bekämpfen, dürfte die nötige Verantwortung nicht nur auf das Individuum abgewälzt werden, betonte die Geschäftsführerin von alpS. „Ich verstehe vollkommen, wenn die einzelnen Menschen entmutigt sind. Um den Klima-Umschwung zu schaffen, braucht es sowohl das Engagement des Einzelnen als auch Signale und Anreize von oben“. Generell sehe die Forscherin einen Positiv-Trend, wenn es um das Engagement und Innovation geht. „Auch in der Bevölkerung gibt es viel Verständnis und der Handlungsbedarf wurde erkannt“, so die Geschäftsführerin von alpS.