Stoffhund Kinderarzt
pogonici – stock.adobe.com
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gesundheit

Akuter Kinderärzte-Mangel in Tirol

Seit Jahren ist je eine Kinderarzt-Kassenstelle in St. Johann und Innsbruck unbesetzt. Viele Jungeltern haben Schwierigkeiten, einen Termin für die notwendigen Mutter-Kind-Pass Untersuchungen zu bekommen. Auch Wahlärzte nehmen kaum noch neue Patienten auf.

Die Gründe für den massiven Mangel an Kinderärztinnen und Kinderärzten sei laut dem Ärztekammerpräsidenten Stefan Kastner vielschichtig: „Gerade in der Kinderheilkunde sind viele Frauen tätig, die den Beruf nur Teilzeit ausüben können. Das heißt, man braucht mehr Ärzte für die gleiche Leistung.“ Außerdem sei das Arbeitszeitgesetz schärfer gestellt worden. „Früher durften Ärzte 72 Stunden arbeiten, heute sind es maximal 52. Da braucht es dann auch mehr Ärzte.“

Zudem fehle es an Geld für genügend Ausbildungsplätze. „Es gibt genug Bewerber, die Kinderheilkunde machen wollen. Viele finden aber keine Stellen. Da sind die Krankenhäuser und deren Träger gefragt, mehr Geld in die Hand zu nehmen und mehr Ärzte anzustellen“, so Kastner. Derzeit gibt es 15 Wahlärzte und 24 Kassenstellen in Tirol. Zwei davon sind unbesetzt: In Innsbruck und St. Johann sucht man seit Jahren nach Kinderärzten.

Innsbrucker Notfallambulanz gefordert

Die mangelhafte Versorgung lässt nicht nur Eltern verzweifeln, sondern bringt auch die Notfallambulanz an der Kinderklinik in die Bredoullie, sagt Daniela Karall, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Jugend- und Kinderheilkunde: „Zwei Drittel der Kinder, die wir an der Notfallambulanz sehen, sind solche, die in eine kinderärztliche Praxis gehören.“

Kinderarzt hört Bauch eines Buben ab
APA/ZB/Waltraud Grubitzsch
In Innsbruck und St. Johann sucht man seit Jahren nach Kinderärzten

Teamarbeit und mehr Flexibilität

Mehr Ausbildungsplätze, eine tarifliche Anpassung und flexiblere Arbeitsbedingungen könnten laut den Experten dem Problem entgegenwirken. Junge Ärzte würden anders arbeiten wollen als früher: „Heute ist viel stärker Teamarbeit und kein Einzelkämpfertum gefragt. Gemeinschaftspraxen könnten außerdem ermöglichen, dass die Leute Teilzeit arbeiten und dass die Randzeiten besser abgedeckt werden“, sagt Daniela Karall.

Denn die Dringlichkeit liegt für die Experten auf der Hand. Stefan Kastner: „Es braucht sechs Jahre vom Studium zum Facharzt. Deshalb ist es auch so wichtig sofort zu reagieren, wenn der Mangel jetzt schon da ist.“ Daniela Karall: „Wenn wir Kinder gut versorgen und diesen ein gutes Fundament mitgeben, dann ist das etwas, das sie ins Erwachsenenleben mitnehmen. Diese Lücke sollte man sich als Gesellschaft nicht erlauben.“

Politik möchte reagieren

Von Seiten des Landes sei man sich der Problematik bewusst und arbeite an Lösungen, sagt die Gesundheitsdirektorin Theresa Geley: „Wir sind diesbezüglich mit der Gesundheitskasse im Gespräch, ob es da einen gemeinsamen Weg geben kann, eine zusätzliche Finanzierung auf die Füße zu stellen.“