Zerstörtes Auto im Stubaital
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Chronik

Muren im Stubaital: Pfarrer weiter vermisst

Unwetter, Starkregen und Hagel haben am Freitag gegen 22.00 Uhr im Stubaital (Bezirk Innsbruck-Land) für enorme Schäden gesorgt. Es gab mehrere Murenabgänge, zwei Autos wurden mitgerissen, zwei Insassen verletzt geborgen. Der Fulpmer Pfarrer wird weiter vermisst.

Die Stubaitalstraße war am Samstag bis in den frühen Vormittag gesperrt, es gab keine Umleitungsmöglichkeit. Ein Fahrzeug wurde von den Wasser- und Geröllmassen mitgerissen, schilderte der Feuerwehrkommandant von Fulpmes, Manuel Gleinser: „Wir sind am frühen Abend zu einem Murenabgang gerufen worden. Es hat sich herausgestellt, dass ein Fahrzeug betroffen war. Wir haben mit der Feuerwehr Neustift sofort mit Sicherungsarbeiten begonnen und die beiden Personen aus dem Wagen geborgen.“

Fahrzeug von Mure mitgerissen
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
Die Feuerwehren bargen aus diesem Fahrzeug zwei verletzte Personen

Die Bergung der Insassen war dramatisch, sagte der Bezirksfeuerwehrinspektor für Innsbruck Land, Michael Neuner: „Die Feuerwehren Neustift und Fulpmes haben sich mit Baggern zu dem Fahrzeug durcharbeiten müssen. Es war auch für die Feuerwehren gefährlich, weil der Bach immer noch gestaut war und das Wasser immer höher wurde. Im Fahrzeug waren die beiden Insassen bis zu den Oberarmen im Schlamm eingeklemmt.“ Sie hätten laut eigenen Aussagen, bereits mit ihrem Leben abgeschlossen gehabt, so die Einsatzkräfte.

Zwei Fahrzeuginsassen verletzt

Beide Fahrzeuginsassen, ein 26-jähriger Slowake und seine 24-jährige Freundin, eine Österreicherin, wurden verletzt in die Klinik nach Innsbruck gebracht. Sie konnten im Laufe des Nachmittags jedoch wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Auch in Fulpmes, Mieders und Neustift sind Muren abgegangen. Der Feuerwehrkommandant von Mieders, Karl Paijk: „Es sind Brücken betroffen, auch in Hotels und Wohnhäusern gibt es Wasserschäden. Außerdem haben wir die ganze Nacht nach einer Person gesucht, weil ein weiteres Auto vermisst wurde.“ Der zweite völlig zerstörte Pkw wurde gestern noch in der Ruetz gefunden.

Bagger mit völlig zerstörtem Auto nach Mure Stubaital
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
Ein von den Wasser- und Geröllmassen völlig zerstörtes Fahrzeug wurde aus der Ruetz geborgen

Vom Pfarrer fehlt jede Spur

Der Fahrer, der 60-jährige Pfarrer von Fulpmes, der allein unterwegs war, wird mit Stand Sonntagabend immer noch vermisst, wie der Bürgermeister Johann Deutschmann schilderte: „Wir haben im Handschuhfach des zerstörten Autos die Geldtasche mit seinen Personalien gefunden und realisiert, dass es sich beim Vermissten um unseren Pfarrer handelt. Er ist ganz ein beliebter Mann im Dorf. Die Anteilnahme sitzt sehr tief und gilt seinen Angehörigen. Ich habe mit ihm vor zwei Tagen noch gesprochen. Gestern hatte er noch einen Termin in Neustift und ist danach nicht mehr heimgekommen. Dass er jetzt vermisst ist, schmerzt sehr.“

Die Mitarbeiter des Pfarramtes Fulpmes wurden von einem Kriseninterventionsteam betreut. Derzeit wird noch ein weiteres Fahrzeug vermisst, über mögliche Insassen dieses Fahrzeuges ist nichts bekannt. Ein Hubschrauber und Drohnen unterstützten die Suche. Außerdem ist die Wasserrettung im Einsatz.

Polizeihubschrauber bei Suche nach Mure Stubaital
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
Ein Polizeihubschrauber ist an der Suche nach dem vermissten Fahrzeuginsassen beteiligt

Feuerwehren im Großeinsatz

54 Feuerwehren mussten am Freitag zu insgesamt 179 Einsätzen bis spät in die Nacht ausrücken. Anton Wegscheider vom Landesfeuerwehrverband: „Der Hotspot war im Bezirk Innsbruck Land. Dort wurden allein über 100 Einsätze verzeichnet. Regional begrenzt war es vor allem auf den Bereich Neustift, Fulpmes, Mieders. Es sind viele Verkehrswege betroffen, einige Brücken wurden völlig weggerissen, andere wurden beschädigt.“

Etwa 20 Häuser bzw. Hotels und Pensionen wurden durch das eindringende Wasser in Mitleidenschaft gezogen. In mehreren Ortsteilen von Neustift kam es zu einem großflächigen Stromausfall. Außerdem waren der Raum Wattens und Volders stark betroffen.

Brücke im Stubaital von Mure zerstört
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
Auch Brücken wurden im Stubaital von den Wassermassen beschädigt oder zerstört

Umfassende Aufräumarbeiten

Der Bürgermeister von Fulpmes, Johann Deutschmann, sagte kurz nach der ersten Lagebesprechung mit den Blaulichtorganisationen: „Es schaut verheerend aus, so etwas haben wir noch nicht gesehen. Es kommen Bagger, wir werden sicher den ganzen Tag im Einsatz sein.“

Nach den Aufräumarbeiten soll die Behebung des riesigen Schadens beginnen, wie der Einsatzleiter und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Fulpmes, Manuel Gleinser, schilderte: „Wir räumen jetzt noch die Straße mit schwerem Gerät frei. Alles weitere wird die Wildbach- und Lawinenverbauung ab Montag durchführen.“

Mure Stubaital Geröll
Liebl Daniel/zeitungsfoto.at
Wasser- und Geröllmassen schwemmten alles weg, auch dieses Standl

Brücke soll saniert werden

Erst nach und nach wurde und wird das Ausmaß der Zerstörung sichtbar, wie Bürgermeister Johann Deutschmann gegenüber ORF Tirol beschrieb: „Wir haben uns mit dem Land und allen Behörden abgestimmt. Am Montag müssen wir einige Sachen in Auftrag geben. Das Landesbauamt wird die Brücke sanieren – und wir müssen einfach schauen, dass wir überall, wo noch Hilfe benötigt wird, zur Stelle sind.“

Neben der Industriezone in Fulpmes waren auch die Orte Mieders und Neustift stark betroffen – darunter auch zahlreiche Straßen, Brücke, Häuser und Pensionen.

Hüttenbesucher und geparkte Fahrzeuge abgeschnitten

Im Oberbergtal wurden große Teile der Gemeindestraße von der Fraktion Bärenbad bis Oberriss weggespült. Eine Erreichbarkeit für die Einsatzkräfte bis zur Fraktion Seduck wurde sichergestellt. Ab Seduck benötigen die Wiederherstellungsarbeiten der Gemeindestraße im besten Fall ein bis zwei Wochen, teilte die Polizei am Sonntagabend mit. Es kam hier allein zu geschätzten Sachschäden in der Höhe eines oberen sechsstelligen Eurobetrages.

Mangels Umfahrungsmöglichkeiten sind die Fraktionen Stöcklen und Oberriss derzeit auf der Straße nicht erreichbar. Auf dem Parplatz Oberriss sind derzeit rund 30 Fahrzeuge von Hüttenbesuchern abgestellt, welche bis zur Wiederherstellung der Straße dort verbleiben müssen, wie es hieß. Auf der Franz-Senn-Hütte befanden sich gut 120 Gäste, welche das Tal bis Seduck nicht zu Fuß verlassen konnten. Sowohl die Wege zu den benachbarten Hütten als auch der Fußweg waren aufgrund der Muren nicht passierbar. 65 Menschen wurden von den Besatzungen der BMI Hubschrauber „Libelle Tirol“ und „Libelle Vorarlberg“ ausgeflogen. Die restlichen Personen sollen am Sonntag evakuiert werden.

Die Franz-Senn-Hütte hoch über dem Stubaital
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Von der Franz Senn Hütte mussten Personen ausgeflogen werden

Notstromaggregate für Almen

Auf den dort ansässigen Almen befindet sich derzeit viel Milchvieh. Die Stromleitungen ins Tal wurden abgerissen, weshalb die Kühe nicht gemolken werden konnten. Aus diesem Grund mussten von den BMI Hubschraubern Notstromaggregate ins Tal geflogen werden.

Im betroffenen Gebiet gebe es aber fast keine Hauptwohnsitze, teilte die Polizei mit. Die Versorgung der dort lebenden Personen sowie gehaltenen Tiere sei sichergestellt worden.