Georg Laich und Dominik Oberhofer im Gespräch
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Landtagswahl 2022

Neos: „Die ÖVP hat ein Problem mit Macht“

Neos wollen in Tirol mitregieren, das macht Spitzenkandidat Dominik Oberhofer im ORF Tirol Sommergespräch klar. Seine Partei wolle Tirol aus den Krisen führen. Die Regierungsbank würde Oberhofer auch mit der ÖVP teilen – wenn sie einen klaren Schlussstrich unter Korruption und Postenschacher zieht, wie er sagt.

Als „bessere Wirtschaftspartei“ wollen Neos bei der Landtagswahl Stimmen für sich gewinnen. Denn die aktuelle Regierung habe hier einen „komplett falschen Zugang“ gewählt, glaubt Parteichef und Spitzenkandidat Dominik Oberhofer. Die Coronakrise habe deutlich gezeigt, dass die vielen Rettungspakete nicht der richtige Weg waren, sie hätten die Inflation angefacht.

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Neos-Chef Dominik Oberhofer will einen neuen Wirtschaftskurs einschlagen

Sendungshinweis

Das ORF Tirol Sommergespräch mit Neos-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer, am Mo, 18.7. um 19:00 Uhr bei „Tirol heute“, ORF 2

Tirol habe eine Milliarde Euro neue Schulden gemacht – es reiche aber nicht, immer weiter zu fördern und auszuteilen, kritisierte Oberhofer die anderen Tiroler Parteien. Das müssten schlussendlich die Steuerzahlerinnen und -zahler ausbügeln. Im Kampf gegen die Teuerung würden jetzt wieder die gleichen Fehler gemacht.

Anreize zum Strom sparen statt Preisdeckel

Den vieldiskutierten Preisdeckel für die steigenden Strompreise lehnt Oberhofer ab. Man müsse den Menschen klar machen, dass die nächsten Monate sehr herausfordernd werden, „die Wahrheit ist, dass es nicht ohne Wohlstandsverluste gehen wird“. Die Regierung könne nicht alles abfedern, so Oberhofer.

Stattdessen schlägt er vor, Anreize zu setzen wenn Energie gespart werde. Und Oberhofer stellte einmal mehr eine altbekannte Forderung der Neos: Steuern und Abgaben müssten gesenkt werden. Das bedeutet zugleich auch weniger Einnahmen für den Staat – Einsparungspotenzial sah er aber beispielsweise bei der jährlichen Wirtschaftsförderung in Tirol. Sie gehe an „ÖVP-Klientel“ und sei mehr als doppelt so hoch wie in Wien, das sei nicht notwendig, glaubt Oberhofer.

Langfassung: Sommergespräch mit Dominik Oberhofer (NEOS)

Neos wollen in Tirol mitregieren, das macht Spitzenkandidat Dominik Oberhofer im ORF Tirol Sommergespräch klar. Seine Partei wolle Tirol aus den Krisen führen. Die Regierungsbank würde Oberhofer auch mit der ÖVP teilen – wenn sie einen klaren Schlussstrich unter Korruption und Postenschacher zieht, wie er sagt.

Kritik an Kinderbetreuung als „Abgabestellen“

Beobachterinnen und Beobachter der Landespolitik fällt immer wieder auf, dass es Neos oft schwer fällt, eigene Themen zu setzen und ein Alleinstellungsmerkmal zu finden. Das wies Oberhofer im Gespräch mit ORF Tirol Chefredakteur Georg Laich zurück – sein großes Thema sei die Bildung. Als Legastheniker schaffte Oberhofer es die Matura abzuschließen. Möglich sei das aber nur gewesen, weil seine Familie die finanziellen Mittel für die notwendige Unterstützung gehabt habe. Diese Chancen solle jedes Kind in Tirol haben „wir wollen jedem Kind die Flügel heben“ griff Oberhofer auf einen altbekannten Spruch von Neos-Mitgründer Matthias Strolz zurück.

Neos im Rückblick

Den Neos fehlt in Tirol ein Alleinstellungsmerkmal, kritisieren Beobachterinnen und Beobachter aus Medien und Politikwissenschaft.

Viele Bildungsmaßnahmen sind allerdings Sache der Bundespolitik, und damit von Tirol aus nicht wirklich zu gestalten. Oberhofer sieht dennoch auch in Tirol ausreichend Handlungsspielraum. Gerade bei der Kinderbetreuung habe Tirol zu wenig getan. Das liege vor allem an der ÖVP, die „Kinderbetreuungseinrichtungen als Abgabestelle für berufstätige Eltern sieht“. Kinderbetreuung sei aber die erste Bildungseinrichtung für die Jüngsten – sie kostenlos zu machen liege sehr wohl in der Hand der Landesregierung, „sie fürchte sich aber davor“, so Oberhofer. Er stellte das als großes Ziel der Neos bei einer Regierungsbeteiligung in den Raum.

Bodenfraß als großes Problem

Beim Wohnen schlagen Neos in eine andere Kerbe als die übrigen Tiroler Parteien. Oberhofer sprach sich einmal mehr gegen die Baulandmobilisierung und gegen die Erhöhung der Steuern für brachliegenden Grundstücke aus. Der Bodenfraß sei ein riesiges Problem, stattdessen solle man verdichten und in die Höhe bauen, wies Oberhofer auch auf bestehende Projekte von Innsbrucker Studenten hin. Sonst gebe es bald keine grünen Flächen mehr in Tirol – Verdichtung sei deshalb die Zukunft, und auch Mittel gegen den Klimawandel.

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Die Neos wollen in die Regierung, das machte Oberhofer am Montag deutlich

Es sei wichtig, bei den Wohnkosten Druck zu machen. Für junge Menschen sei es sehr ernüchternd, wenn sogar mit guter Ausbildung und viel Fleiß Eigentum außer Reichweite sei, erklärte Oberhofer.

Regieren mit ÖVP – aber nur zu dritt

Immer wieder äußerte der Neos-Spitzenkandidat im ORF Tirol Sommergespräch auch Kritik an der Volkspartei. „Die ÖVP hat ein Problem mit Macht“, zeigte sich Oberhofer kritisch. Dabei habe sie in Tirol aber auch vieles gestaltet, ließ er sich eine Tür zur größten Tiroler Partei offen. Eine Regierung mit der ÖVP sieht er durchaus als Möglichkeit – allerdings nicht in einer Zweierkoalition. Das habe nicht funktioniert, das habe man in den letzten Jahren am Beispiel der schwarz-grünen Regierung gesehen.

Oberhofer kann sich allerdings eine Dreierkoalition vorstellen, "nach dem Vorbild Deutschland. Wenn zwei Oppositionsparteien gemeinsam mit der ÖVP auf der Regierungsbank sitzen, könne man regieren „ohne ein Beiwagerl zu sein", glaubt Oberhofer. Dafür müsse sich die ÖVP aber auch ein wenig wandeln – der neue ÖVP-Chef Anton Mattle müsse einen klaren Schlussstrich unter Korruption und Postenschacher ziehen. Da reiche es auch nicht, die Corona-Gelder für den Seniorenbund zurückzuzahlen, wenn das Gerichte vorschreiben, die Latte müsse viel tiefer liegen“, erklärte Oberhofer.

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ORF Tirol Chefredakteur Georg Laich im Gespräch mit Dominik Oberhofer

Wahlziel: Verdoppelung

Um für eine Regierungsbeteiligung infrage zu kommen müssten die Neos bei der kommenden Landtagswahl aber wohl zulegen. Vier Mandante, also doppelt so viele wie bisher, sind das große Ziel von Dominik Oberhofer. Er zeigte sich optimistisch, dass seine Partei das erreichen kann – „nicht nur wegen der Umfragen, sondern auch, weil die Tirolerinnen und Tiroler sich eine neue Politik wünschen. Dieser Aufbruch sind wir“, zeigte sich der pinke Parteichef überzeugt.