Bauarbeiten Campagne Reichenau in Innsbruck
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Politik

Tauziehen um Vergabe von Stadtwohnungen

In Innsbruck soll die Vergabe der rund 17.000 Stadtwohnungen neu geregelt werden. Die Mittelschicht soll dabei stärker berücksichtigt werden. Allerdings gibt es auch klare Differenzen zwischen den bürgerlichen Parteien, der SPÖ und den Grünen.

Anfang Juli preschte der bürgerliche Block aus Liste Für Innsbruck, FPÖ und ÖVP mit der Forderung vor, dass es künftig eine zweite Warteliste für die Stadtwohnungen geben soll. Dabei sollen sich auch Bürgerinnen und Bürger für eine Stadtwohnung bewerben können, die etwas über den bisherigen Einkommensgrenzen liegen. So soll auch ein Teil der Mittelschicht Zugang zu Stadtwohnungen bekommen.

Geht es nach Vorstellung von Für Innsbruck, FPÖ und Volkspartei, dann soll künftig jede zweite neu zu vergebende Stadtwohnung an Bewerberinnen und Bewerber dieser Mittelstandswarteliste gehen. Die bürgerlichen Parteien argumentieren mit einer stärkeren Berücksichtigung der Mittelschicht und besserer sozialer Durchmischung in Gebäudekomplexen mit Stadtwohnungen.

Wohnen
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Innsbruck gehört zu den teuersten Pflastern beim Wohnen, auch für den Mittelstand sind viele angebotene Wohnungen nicht mehr leistbar

Willi: Einkommensschwache Familien nicht zurückreihen

Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) verweist darauf, dass für ein neues Vormerk- und Vergabesystem eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde. Sie soll sich in erster Linie damit befassen, welche Zielgruppe man für die städtischen Mietwohnungen ins Auge fasse. Für Willi selbst ist klar, „dass wir zuallererst jenen ein Angebot machen müssen, die am dringendsten ein Dach über dem Kopf brauchen“.

Bei der Vergabe der Stadtwohnungen sei viel Sensibilität notwendig, eine Anpassung der Richtlinien dringend notwendig. Neue Regeln sollen mit Vertretern der Stadtpolitik sowie Expertinnen und Experten erarbeitet werden. Der Bürgermeister betont allerdings: „Ich möchte nicht, dass eine Familie mit einem gemeinsamen Einkommen von 3.000 Euro netto einer Familie mit 2.000 Euro netto vorgezogen wird.“ Das kommt einer Absage an die Forderungen des bürgerlichen Blocks gleich.

Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne)
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Bürgermeister Georg Willi lässt neue Richtlinien für die Vergabe von Stadtwohnungen erarbeiten

Begrenztes Angebot bei Eigentumswohnungen

Der Mittelstand sei nach Ansicht Willis vielfach auch mehr an leistbaren Eigentumswohnungen interessiert. Das Angebot dafür sei aber begrenzt. Der städtische Wohnbau sei ein wichtiges Mittel, um den völlig überhitzten Wohnungsmarkt abzukühlen und die Preise zu drücken. „Am freien Markt können wir, als öffentliche Hand, mit zum Beispiel der gerade beschlossenen Leerstandsabgabe, der Unterbindung von Spekulation oder missbräuchlicher Kurzzeitvermietung oder der Widmung von Vorbehaltsflächen entgegenwirken“, so der grüne Stadtchef. Würden sich die bürgerlichen Parteien in diesen Bereichen mehr bewegen, könnte man auch hier eine Entlastung für den Mittelstand erreichen.

SPÖ gegen Liste für Mittelstand, aber für Öffnung

Grundsätzlich für eine Öffnung der städtischen Wohnungsliste für den Mittelstand spricht sich die Innsbrucker SPÖ aus. Stadtparteichef Benjamin Plach lehnt eine eigene Mittelstandsvormerkliste für die Vergabe aber ab. Vielmehr müsste eine wesentliche Hürde für den Mittelstand aufgehoben werden. Bisher ist es notwendig, dass ein Haushalt am freien Markt mindestens 40 Prozent seines Gesamteinkommens für die Miete ausgibt, um überhaupt um eine Stadtwohnung ansuchen zu können.

Das sei zu hoch angesetzt, so Plach. Es gebe Signale, dass sich hier in den Verhandlungen etwas bewegen könnte. Darüber hinaus müsse der soziale Wohnbau forciert werden. Die Stadt müsse dabei die Möglichkeit bekommen, durch Vorkaufsrechte an Bauland zu kommen, damit nicht in erster Linie die Immobilienspekulation zum Zug komme.

Lange Warteliste für Innsbrucker Stadtwohnungen

Laut Informationen des Bürgermeisterbüros vom Mittwoch gibt es derzeit mehr als 2.100 Anträge auf eine städtische Mietwohnung. Insgesamt verfügt Innsbruck über rund 17.000 Stadtwohnungen. An die 500 davon werden jährlich neu vergeben. Der städtische Wohnungsbestand steigt nicht so schnell wie der Bedarf. Durch den Bau von geförderten Wohnungen kommen jährlich 140 bis 150 neue Wohnungen dazu.

Arbeitsgruppen sollen im Herbst in mehreren Workshops die Grundlagen für neue Richtlinien erarbeiten. Dabei geht es laut Bürgermeister neben der Frage der Zielgruppe auch um soziale Durchmischung, um die Preisentwicklung, um Wohnungsnotfälle und weitere Aspekte für die Besiedelung städtischer Wohnanlagen.