Gletscher Arktis
Uni Innsbruck
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Wissenschaft

„Gläserne“ Gletscher für bessere Prognosen

Die Technologie könnte bei der Vorhersage und Warnung vor Gletscherstürzen eine immer größere Rolle spielen. Der Tiroler Wissenschafter Jan Beutel setzt dabei auf Sensoren am Berg, er sieht die akute Gefahr eines Gletschersturzes in Österreich aktuell nicht. Solche Ereignisse würden aber immer häufiger vorkommen.

Das Unglück auf der Marmolata am vergangenen Wochenende würde zeigen, dass man ohne technische Unterstützung und lokale Zusammenarbeit noch keine Chance habe, solche Ereignisse zu prognostizieren. Möglich sei es aber bereits. Seit rund 15 Jahren forscht Jan Beutel an Systemen, die vor Berg- aber auch Gletscherstürzen warnen.

Bereits vor einigen Jahren habe man den Gletscherabsturz in Saas-Grund in der Schweiz mit hunderten Kubikmetern Eis mittles Echtzeitdaten vom Berg auf die Minute genau vorhersagen können. Die Bewohnerinnen und Bewohner hätten durch die Warnungen frühzeitig in Sicherheit gebracht werden können.

Verknüpfung zwischen Daten und lokalem Wissen fehlt

Eine flächendeckende Vermessung von Bergen und Gletschern sei nicht möglich. Die Technologie existiere, gerade im Gletscherbereich tue man sich aber schwer langfristige Prognosen zu erstellen, wo beziehungsweise auf welchem Gletscher es Sinn mache, Technologien zu installieren. Derzeit müssen die Wissenschafter auf Experten und Lokalaugenscheine vertrauen, weil Daten fehlen.

Prof. Jan Beutel
ORF
Jan Beutel will Gletscher und Berge berechenbarer machen.

Aufholbedarf sieht Jan Beutel, der lange an der ETH Zürich und jetzt an der Universität Innsbruck forscht und auch Bergführer ist, bei der Verknüpfung von Wissen. Was durch Hüttenwirte, Bergführer, die lokale Bevölkerung, Landwirte und Behörden beobachtete würde, müsse noch viel besser mit konkret vorliegenden Daten und Monitoring Systemen verbunden werden. Man müsse diese Spannungsfelder näher zusammenbringen.

Neben einer Web-Cam und Radarinstrumenten bzw. In-Situ Instrumenten, die an der Universität Innsbruck entwickelt werden bräuchte es auch GPS und Neigungsmesser, die genau vermessen, wie sich Eis oder Gestein verändert. Dass lokale Wetterstationen häufig nur im Talbereich stehen würden, sei aktuell ebenfalls noch ein Problem.

Zunehmende Probleme aber keine akute Gefahr in Tirol

In den Westalpen gebe es aktuell klassische und weitreichende Gefahren-Szenarien. So müssten rund um Chamonix im Hochsommer regelmäßig Siedlungen evakuiert werden. Dabei handle es sich aber vor allem um sehr hohe Berge. Dass die Gefahr auch in Gebieten steigt, wo die Gletscher in den letzten Zügen liegen würden, habe der Gletschersturz auf der Marmolata gezeigt. „Da kommt noch einiges auf uns zu“, so Beutel.

Für eine akute Gefahr auf Tirols Gletschern gibt es laut dem Forscher aktuell aber keine Anzeichen. Da Tirol aber die höchste Dichte an Gletscherskigebieten in den ganzen Alpen aufweise, der Winter sehr schneearm warm und die Hochalpinen Gebiete bereits früh im Sommer ausgeapert seine, seien die nächsten zwei Monate durchaus spannend – nicht nur für Skigebiets- und Seilbahnbetreiber.