Der Prozess gegen den Spitzenjuristen findet in Innsbruck statt, weil er als Chef der Wiener Oberstaatsanwaltschaft praktisch Vorgesetzter aller Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Ostösterreich ist, so der Sprecher des Landesgerichts, Andreas Stutter. Es gebe hier naturgemäß auch Naheverhältnisse zu Strafrichtern. Das Verfahren sei deshalb nach Innsbruck abgegeben worden, um ein Höchstmaß an Objektivität zu gewährleisten.
Hintergrund für die Anklage gegen Fuchs ist der Vorwurf, dass er im Dezember 2020 Aktenteile über eine Anzeige gegen eine „Presse“-Redakteurin an den suspendierten Justizministeriums-Sektionschef Christian Pilnacek weitergegeben haben soll. Der Beschuldigte sagte beim Prozessauftakt, dass er sich mit Pilnacek beraten habe, da Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anzeige gegen die Journalistin aufgrund eines von ihr verfassten, kritischen Artikels zur Behörde vorbereiteten. Für Fuchs stellte dies einen „Angriff der Staatsanwaltschaft auf eine wesentliche Säule der Demokratie“ dar, die er in seiner beruflichen Laufbahn so nie erlebt habe.
Er habe versucht, „den Schaden so gering wie möglich zu halten“, ein „Super-Gau“ habe gedroht. Pilnacek sei für ihn ein geeigneter Ansprechpartner gewesen, durch die Konsultation seien auch keine „schutzwürdigen und privaten Interessen“ verletzt worden, war Fuchs überzeugt.
Vorwurf der Falschaussage nach Auftritt in U-Ausschuss
Im Ibiza-Untersuchungsausschuss im März 2021 hatte Fuchs vor den Abgeordneten des Parlaments ausgesagt, sich nicht erinnern zu können, Aktenteile an Pilnacek weitergegeben zu haben. Dies sei eine „Einschätzung meiner Erinnerung“, gab er nunmehr vor Gericht zu Protokoll. Er könne darin keine strafbare Handlung erkennen.
Außerdem habe er versucht, seine Aussage damals so zu gestalten, um keine weitere Angriffsflächen zu bieten. Fuchs führte vor Gericht an, dass er damals unter „erheblichen Druck“ gestanden habe, da sich die Befragung im U-Ausschuss direkt gegen seine Person gerichtet habe. Schließlich wurden im Ibiza-Verfahren von der OStA Entscheidungen getroffen, die von der WKStA und politischen Parteien öffentlich heftig kritisiert worden waren. Er fühle sich aber nur dem Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte bei der Befragung im Prozess fest.
Anklage sieht Fehlverhalten von Fuchs
Der öffentliche Ankläger bei dem Prozess in Innsbruck erkärte, dass dies ein „besonderes Verfahren“ sei, „weil es nicht alle Tage vorkommt, dass sich ein leitender Oberstaatsanwalt auf der Anklagebank wiederfindet“. Anhand einer zeitlichen Rekonstruktion des Tages, an dem die Anzeige der WKStA bei der OStA Wien landete, war für den Staatsanwalt klar, dass nur Fuchs seinem Vertrauten Pilnacek die Aktenteile weitergegeben haben können. Pilnacek sei aber nicht mehr zuständig für diese Causa gewesen, er habe ihm die Unterlagen nicht geben dürfen, war der öffentliche Ankläger überzeugt.
Die Anzeige der WKStA gegen die Redakteurin wurde mangels Anfangsverdachts nicht weiter verfolgt. Im Falle einer Verurteilung drohen Fuchs bis zu drei Jahre Haft. Pilnacek wurde in derselben Causa bereits nicht rechtskräftig in Wien freigesprochen. Der suspendierte Sektionschef ließ sich am Freitag wegen eines „triftigen Grundes“ entschuldigen. Er war als einziger Zeuge in dem Verfahren geladen. Der Prozess wurde deshalb auf 10. August vertagt, um die Zeugenaussage Pilnaceks nachzuholen. Erst danach kann ein Urteil fallen.