Lungenröntgen von TBC
Gesundheit

Corona ließ weltweit auch TBC-Fälle steigen

Durch den Fokus der Medizin auf die Coronviruspandemie ist weltweit die Zahl der Toten durch Tuberkulose (TBC) angestiegen. Darauf weist der Innsbrucker Infektiologe Günter Weiss hin. In Tirol konnte die Krankheit in den letzten Jahrzehnten stark eingedämmt werden, sie ist aber nach wie vor Thema.

1,6 bis 1,7 Millionen Menschen sterben laut Weiss weltweit jährlich an Tuberkulose. Durch die Coronaviruspandemie wurde die Krankheit mit ihren oft wenig spezifischen Symptomen weniger häufig diagnostiziert. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sank die Zahl der Neudiagnosen von 7,1 Millionen im Jahr 2019 auf 5,8 Millionen im Jahr 2020, im Gegensatz dazu gab es in diesem Zeitraum einen Anstieg um gut 100.000 Todesfälle durch Tuberkulose.

In Tirol nur geringe Erkrankungszahlen

In Tirol konnte die Krankheit weitgehend eingedämmt werden, wurden im Jahr 1995 noch 76 Krankheitsfälle erfasst, waren es 2021 nur mehr 27. Ein Grund für den Rückgang sind laut Weiss die besseren Hygiene- und Lebensverhältnisse. Tuberkulose sei früher eine Krankheit der „armen Leute“ gewesen, die in prekären Hygiene- und Wohnverhältnissen lebten und unterernährt waren.

 Mycobacterium tuberculosis unter dem Elektronenmikroskop
Der Erreger Mycobacterium tuberculosis unter dem Elektronenmikroskop

Außerdem habe es bis in die 1960er Jahre keine spezifische Therapie gegeben. „Die Kranken wurden zur Luftkur, z.B. nach Hochzirl, geschickt, man hat sie in die Sonne gesetzt und manchmal wurde ein Pneumothorax erzeugt, damit die Lunge zusammenfällt. Man hat gehofft, dass dadurch die Infektion ausheilt“, so Weiss, der auch Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin II ist.

Keine große Gefahr durch Menschen aus anderen Ländern

In dem Faktum, dass Menschen durch Flucht oder Migration teilweise aus Ländern kommen, in denen Tuberkulose verbreitet ist, sieht Weiss kein großes Problem. Eine wesentliche Zunahme der Erkrankungen sei dadurch nicht zu erwarten. Gesunde Menschen hätten ein extrem niedriges Risiko, nach Kontakt mit Erkrankten an Tuberkulose zu erkranken. Im Freien herrsche de facto null Ansteckungsgefahr.

Gutes Immunsystem eliminiert den Erreger sofort

Ein gutes Immunsystem eliminiere die Bakterien auf der Stelle, so Weiss. Das sei bei 50 bis 70 Prozent der Menschen, die mit TBC in Kontakt kommen, der Fall. Bei den restlichen 30 bis 50 Prozent der Menschen, die mit Mycobacterium tuberculosis in Kontakt gekommen sind, sei das Immunsystem nicht in der Lage, die Bakterien sofort zu eliminieren. Es kommt zu einer latenten Tuberkulose, die mit immunologischen Tests diagnostiziert werden könne.

Günter Weiss
ORF
Ein gutes Immunsystem schützt laut Weiss vor einer Infektion

Mit zunehmendem Alter, einem geschwächten Immunsystem oder durch eine immunsuppressive Therapie könne die latente Tuberkulose reaktiviert und zur aktiven Tuberkulose werden. Das trifft laut Weiss im Laufe des Lebens auf circa fünf Prozent der Menschen mit latenter TBC zu. Die Symptome einer aktiven Tuberkulose seien mit Nachtschweiß, Leistungsminderung, Gewichtsabnahme, chronischem Husten und Fieber anfangs sehr unspezifisch und die Erkrankung schreite schleichend fort.

Behandlung durch umfangreiche Antibiotika-Kur

Zur Behandlung müssen laut dem Tiroler Infektiologen mehrere Antibiotika gleichzeitig für mindestens sechs Monate eingenommen werden, um Resistenzbildungen zu verhindern. Bei multiresistenter Tuberkulose, die in Österreich glücklicherweise noch nicht verbreitet ist, werde zwei bis drei Jahre lang therapiert. Mit einer adäquaten Therapie seien die Chancen aber sehr gut, dass die Erkrankung vollständig ausheilt und nie mehr wiederkehrt.

Das größte Risiko für einen schweren Verlauf haben laut Weiss kleine Kinder. Geschwächte und mangelernährte Menschen seien ebenso gefährdet wie Patientinnen und Patienten mit unbehandelter HIV Infektion oder eingeschränkter Immunfunktion aufgrund anderer Erkrankungen oder Therapien.