Mütter in Wochenstube
A. Vorauer
A. Vorauer
Tiere

Hohe Bleiwerte gefährden Fledermäuse

Wegen der Belastung mit Schwermetallen – beispielsweise Blei – und schwer abbaubaren organischen Schadstoffen sind Fledermäuse in Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer seltener geworden. Das zeigte eine Studie zu den Beständen der Kleinen Hufeisennase im Bayerisch-Tiroler Alpenraum.

Wo in Europa früher 100 Fledermäuse waren, findet sich heute nur noch eine. So stark gingen die Bestände des einzigen flugfähigen Säugetiers hierzulande zurück, hieß es in einer Aussendung der Universität Innsbruck. Als Ursachen für den Rückgang wurden unter anderem die Verstädterung, die Schadstoffbelastung, der Rückgang von Insekten und der Verlust von Lebensraum aufgeführt.

Die Kleine Hufeisennase, eine der kleinsten in Europa heimischen Fledermausarten, ist so groß wie ein Daumen und lebt bis zu drei Jahrzehnte lang. Auch ihre Bestände haben zwischen 1950 und 1980 extrem abgenommen. Ein Team um Birgit Schlick-Steiner und Florian Steiner vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck untersuchte mit anderen Experten in Österreich und Bayern die Ursachen für diesen Rückgang näher.

Muttertier an einem Dachstuhl
M. Scheuch CC BY 4.0
Ein Muttertier mit einem Jungen

Erhöhte Cadmium- und Bleikonzentration im Kot der Tiere

Messungen der Cadmium- und Bleikonzentration im Kot der Tiere ergaben teils deutlich erhöhte Werte. Zwischen dem Aussterben von Kolonien und den erhöhten Bleiwerten gibt es einen starken Zusammenhang, erläuterte Birgit Schlick-Steiner: „Die Schwermetalle verursachen bei Fledermäusen Koordinationsprobleme, die den Jagderfolg reduzieren oder sogar zur Flugunfähigkeit führen können.“

Die Schadstoffe stammen vermutlich aus inzwischen verbotenen Zugaben zu Treibstoffen, aber zumindest teilweise auch aus der Industrie sowie manchen Lacken und Verunreinigungen von Kunstdünger in der Landwirtschaft.

Rückgang der Laubwälder schränkt Lebensraum ein

Auch schwer abbaubare organische Schadstoffe fanden die Forscher an einigen Standorten. Sie stammen aus mittlerweile verbotenen Holzschutzmitteln. Diese Schadstoffe mindern die Fortpflanzung und werden in den Fettreserven der Tiere gespeichert, bei deren Abbau im Winter sie die Tiere belasten, hieß es in der Aussendung.

Die Untersuchung der Siedlungsgebiete der Fledermäuse zeigte auch, dass ein Rückgang von Laubwäldern den Lebensraum der Tiere einschränkt.

Mütter in Wochenstube
A. Vorauer
Mütter in Wochenstube mit ihren Jungen

Umweltgifte reduzieren und Lebensräume schaffen

Der Erhalt der heimischen Fledermauskolonien kann nach Einschätzung der Wissenschafter nur sichergestellt werden, wenn die Schadstoffbelastung in der Umwelt reduziert wird. „Wir sollten auf hoch toxische Holzschutzmittel verzichten und keinesfalls Altbestände aufbrauchen“, mahnt die Ökologin Birgit Schlick-Steiner.

„Auch schwermetallhaltige Produkte wie manche industriell produzierten Düngemittel und Lacke sollten nicht mehr eingesetzt werden.“ Behandeltes Altholz darf nicht als Brennholz genutzt, sondern muss fachgerecht entsorgt werden, um eine Freisetzung der für Tiere – aber auch für Menschen – schädlichen Schwermetalle zu vermeiden.

Lebensraum für Fledermäuse geht verloren

Das Nahrungsangebot der Fledermäuse wird durch das Insektensterben eingeschränkt, das durch Umweltgifte aus der Landwirtschaft und den Schwund vielfältiger Lebensräume verursacht wird. „Durch die generell geschlossene Bauweise geht Lebensraum für die Fledermäuse verloren“, sagt Schlick-Steiner.

„Es sollten vor allem im ländlichen Raum wieder frei zugängliche, unbeleuchtete Ein- und Ausflugsmöglichkeiten in Dachstühlen geschaffen und der Anteil von Laubbäumen in Wäldern erhöht werden, damit Fledermäuse sich wieder ansiedeln können“, erklärte die Expertin.

Bayerisch-Tiroler Forschungsprojekt

Das Projekt protectBats wurde durch das EU-Programm „INTERREG V-A Österreich/Bayern 2014-2020“ finanziell unterstützt und von der Universität Innsbruck mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt, dem Landratsamt Garmisch-Partenkirchen, Untere Naturschutzbehörde sowie der Koordinationsstelle für den Fledermausschutz in Südbayern und der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und Fledermausforschung in Österreich konzipiert und umgesetzt.

Die umweltchemischen Analysen wurden vom österreichischen Umweltbundesamt durchgeführt.