Der Truppenübungsplatz Lizum-Walchen in der Wattener Lizum ist der höchstgelegene Truppenübungsplatz Europas. Auf 2.000 Metern Höhe trainieren hier Miliz- und Berufssoldaten des Hochgebirgs-Jägerbataillons 23 ihre Fertigkeiten, frischen ihr Wissen auf und üben für den Ernstfall.
„Knochenharter Job“
Unberechenbares und wechselhaftes Wetter gehört im Hochgebirge zum Alltag. Auch in den vergangenen Tagen sind die 400 Soldaten von Wind und Wetter nicht verschont geblieben: Von Graupelschauern über Starkregen bis Sonnenschein war alles dabei. „Die Witterung und die Umweltbedingungen sind im Gebirge die besten Lehrmeister. Wir haben die Berufssoldaten und die Milizionäre physisch und psychisch wirklich an die Leistungsgrenze gebracht. Sie sollen sehen, dass der Militärdienst ein knochenharter Job sein kann“, so Oberstleutnant Michael Köck, Kommandant des Hochgebirgs-Jägerbataillons 23.
Simulation eines Terrorangriffs
Bei der Übung wurde ein terroristischer Angriff im Hochgebirge simuliert. Terrorkräfte haben österreichisches Territorium unter ihre Kontrolle gebracht, stiften Unruhe und versuchen ein Flüchtlingsheim zu zerstören. Die 400 Soldaten des Österreichischen Bundesheeres sollten das Gebiet zurückgewinnen und Anschläge auf Infrastruktur in den Bergen (Wasserkraftanlagen, Seilbahnen, etc.) verhindern.
Die Milizsoldaten in Tirol aktiv auf Szenarien wie diese vorzubereiten sei wichtig, so Michael Köck. Einerseits ist das Milizsystem nämlich verfassungsrechtlich verankert und das Bundesheer würde im Ernstfall nur durch die Einberufung der Miliz seine Einsatzstärke erreichen. Andererseits hat auch Tirol eine strategische Bedeutung. Es ist ein Transitland und verbindet Nord- und Südeuropa über den Brenner.
Diese Übung habe mit dem Krieg in der Ukraine nichts zu tun, betont man beim Heer. Sie sei schon länger geplant gewesen, denn das Heer übe alle Eventualfälle. Normalerweise rücken die Milizsoldaten alle zwei Jahre ein, um ihr Wissen aufzufrischen. Wegen der Corona-Pandemie seien die Übungen allerdings ausgefallen.
Viele Milizsoldaten nehmen an keinen Übungen teil
Das Österreichische Bundesheer verfügt derzeit über eine Gesamt-Einsatzstärke von rund 55.000 Männern und Frauen. Neben Berufssoldaten und Grundwehrdienern sind der Großteil (36.000) Milizsoldaten. Das sind Angestellte, Beamte, Arbeiter, Selbstständige und Studierende, die im Leben in erster Linie ihrem Zivilberuf und Alltag außerhalb des Militärs nachgehen und dem Bundesheer als Reservetruppen zur Verfügung stehen. Sie ziehen ihre Uniform nur zu bestimmten Anlässen an, etwa für Übungen oder wenn die Miliz gebraucht wird, wie zu Beginn der Corona-Pandemie.
Aber nicht alle Milizsoldaten sind verpflichtet, an regelmäßigen Milizübungen teilzunehmen. Die verpflichtenden Milizübungen – die nach Ende des Grundwehrdienstes auf mehrere Jahre verteilt zu leisten sind – wurden nämlich 2006 unter dem damaligen Verteidigungsminister und heutigen Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) abgeschafft.
Wer nicht übt, kann nicht eingesetzt werden
Ein großer Teil der Miliz besteht aus ehemaligen Grundwehrdienern. Sie gehören automatisch für 3 bis 6 Jahre nach ihrem abgeleisteten Pflicht-Wehrdienst der Miliz an, nehmen aber kaum an regelmäßigen Übungen teil. Das sei ein Problem, denn wer nicht übt, kann auch nicht eingesetzt werden, heißt es beim Bundesheer. Von den insgesamt 36.000 Milizsoldaten sind das 16.000 also fast 45 Prozent. Alle anderen sind „grundsätzlich“ verpflichtet an Milizübungen teilzunehmen, so das Bundesheer.
Angesichts des Krieges in der Ukraine wurde darüber diskutiert, wieder verpflichtende Milizübungen einzuführen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat dem eine Absage erteilt. Der Grundwehrdienst – und damit einhergehend der Zivildienst – müsste dann nämlich verlängert werden.
Die Milizsoldaten kommen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten. Es sind Industriekletterer, Ärzte, Manager, Maurer, Sonnenschutzmonteure, Studenten und Landwirte. „Für mich ist die Miliz auch ein Abbild Österreichs. Sie sind der Kitt, der unser Land zu einem guten Teil zusammenhält“, so Michael Köck.