Seit 18. Oktober 2021 rücken in St. Johann in Tirol die Kontrolleure der Gemeinde aus. Sie überprüfen Häuser und Wohnungen, die verdächtig sind, illegale Freizeitwohnsitze zu sein. 53 Objekte in St. Johann wurden bisher angezeigt – sie werden jetzt genau unter die Lupe genommen. Mindestens 15 Mal werden die Kontrolleure dort läuten und prüfen, ob jemand wirklich dort lebt und anwesend ist – auch am Wochenende, an Feiertagen und abends. Fünf Menschen wurden dafür angestellt, die Kosten trägt die eigens dafür gegründete Verwaltungsgemeinschaft der Gemeinden St. Johann, Oberndorf und Kirchdorf.

Kontrolleure führen genaue Aufzeichnungen
Die Kontrolleure machen bei den einzelnen Besichtigungen auch Fotos – etwa um zu zeigen, dass die Jalousien auch Wochen später unverändert sind und sie protokollieren alles genau mit. So sollen stichhaltige Beweise gesammelt werden, die dann auch vor Gericht Bestand haben.
Die Kontrolleure wollten gegenüber ORF Tirol anonym bleiben, denn die vermuteten illegalen Freizeitwohnsitze lassen die Emotionen hochkochen, wie der St. Johanner Bürgermeister Stefan Seiwald ausführte. Die Kontrolleure würden oft beschimpft und angefeindet, da gebe es viel Unmut, so Seiwald.

Illegale Freizeitwohnsitze
Besonders im Raum Kitzbühel wird vermutet, dass es viele illegale Freizeitwohnsitze gibt. Viele Bewohnerinnen und Bewohner stehen im Verdacht, dass sie einen Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet haben, aber nur wenige Wochen pro Jahr wirklich vor Ort sind.
Viele Ausreden und Einsprüche erwartet
Nach den ersten Monaten zeigt sich, dass die Kontrollen sehr aufwändig und zeitintensiv sind. Über Wochen werden Beweise gesammelt, die schlussendlich an die Bezirkshauptmannschaft übergeben werden. Diese könnte dann einen Bescheid ausstellen, der die Nutzung des betroffenen Gebäudes untersagt.
Damit werde es aber nicht getan sein, glauben die Bürgermeister der drei Kontroll-Gemeinden. Die Bewohnerinnen und Bewohner der vermeintlich illegalen Freizeitwohnsitze seien nämlich kreativ und hartnäckig.

Kreative Ausreden und Beharrlichkeit
Es gebe kaum eine Ausrede, die er nicht schon gehört oder gesehen habe, warum jemand bei zehn Kontrollen nicht anwesend war, schmunzelte der Oberndorfer Bürgermeister Hans Schweigkofler. Die Betroffenen würden in ihren Stellungnahmen etwa schreiben ihr Herz schlage „nur für Oberndorf“.
Gleichzeitig seien viele der vermeintlichen Freizeitwohnsitzler sehr hartnäckig – sie würden den Fall gleich an Rechtsanwälte übergeben, da sei mit vielen Einsprüchen zu rechnen. Das mache die Kontrollen und auch die weiteren Verfahren dann sehr aufwändig und nicht einfach, sagte Schweigkofler. Bei illegaler Nutzung als Freizeitwohnsitz drohen bis zu 40.000 Euro Strafe.
Erste Erfolge durch Kontrollen
Mit Aurach und Jochberg wollen jetzt auch zwei weitere Gemeinden bei den Kontrollen mitmachen. Dazu laufen am Donnerstag Gespräche – denn: Die Kontrollen haben auch eine präventive Wirkung, hieß es aus Kirchdorf. Vize-Bürgermeister Robert Jong sieht dort eine klare Veränderung im Verhalten, seit die Kontrollen im großen Rahmen durchgezogen werden.
Die Leute seien vorsichtiger geworden, sie würden etwa nach einer Kontrolle schon offen auf die Gemeinde zugehen. Auch Menschen, die versucht sind einen Wohnsitz in Kirchdorf zu gründen, würden sich bereits im Vorfeld an die Gemeinde wenden um abzuklären, ob es legal ist was sie machen. Die Außenwirkung stimme also, sagte Jong.

Mehr Unterstützung vom Land gefordert
Das Land habe es sich bei den Kontrollen leicht gemacht und die Aufgabe an die Bürgermeister weitergegeben, so der einhellige Tenor in den betroffenen Gemeinden. Das Land unterstützt die Kontrollen mit einer Finanzspritze von bis zu 30.000 Euro pro Jahr. Die Bürgermeister rechnen mit Kosten von mehr als 80.000 Euro pro Jahr.
Ob die Kontrollen dann auch weitere Folgen haben, wird sich vermutlich erst im Herbst oder Winter zeigen. Dann werden die ersten Bescheide und Einsprüche vor Gericht landen. Sollten die ausführlichen Kontrollen hier nicht genügend Beweise liefern, müsse man über die weitere Vorgehensweise reden, dann brauche es andere Gesetze, sagte der St. Johanner Bürgermeister Stefan Seiwald.

Gesetzliche Änderungen gefordert
Auch der Kirchdorfer Vizebürgermeister Robert Jong sieht prinzipiell eine Änderung des Grundverkehrsgesetzes als notwendig an, es sei vor allem zu Beginn „löchrig wie ein Zillertaler Käse“ gewesen, da müsse man ansetzen, damit die Kontrollen heruntergeschraubt werden können, der aktuelle Stand sei nur der zweitbeste Weg.
Der Oberndorfer Bürgermeister Hans Schweigkofler wünscht sich mehr Handhabe – ein Zugriff auf das Finanzamt wäre hier am einfachsten. Dann zeige sich, ob die Betroffenen auch beispielsweise in Deutschland einen Hauptwohnsitz gemeldet haben. Das könne das Land nicht beschließen, aber es könne sich beim Bund dafür einsetzen, und damit mehr hinter den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Tirol stehen. Egal, wie die ersten Entscheidungen rund um die illegalen Freizeitwohnsitze im Herbst und Winter ausgehen – sie werden wohl richtungsweisend für Tirol werden.