Genrebild Opferschutzeinrichtung Gewalt gegen Frauen
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Gesellschaft

Expertin fordert mehr Schutz für Frauen

13 Frauen wurden heuer in Österreich getötet. Vor wenigen Tagen sorgte der Mord an einer Jugendlichen in Reutte für Betroffenheit. Auslöser der Gewalt ihres Freundes war offenbar die bevorstehende Trennung. Eine Expertin fordert mehr Schutz für Frauen.

Der 18-Jährige tötete in seinem Wagen erst seine Freundin mit mehreren Messerstichen und nahm sich wenig später das Leben. Mehr dazu in – Junger Mann erstach 17-Jährige im Auto. Das ist kein tragischer Einzelfall, denn die Zahl der Frauenmorde in Österreich ist seit Jahren konstant hoch. Bei jedem Mord beginnt die Diskussion für mehr Schutz vor Gewalt und mehr Geld für Hilfseinrichtungen aufs Neue. Damit ist es aber nicht getan, sagen Expertinnen.

Es muss erst etwas passieren…

„Ich habe den Eindruck, dass immer erst etwas passieren muss, bevor etwas auch innerhalb der Politik getan wird. Also bis Gesetze erlassen werden und Initiativen gesetzt werden, die dann auch wirklich etwas bringen. Und auch dann ist es oft nur ein Pflaster. Dann wird oft geschrien nach mehr Geld für Gewaltprävention und für Opferschutzeinrichtungen“, sagte die Leiterin des Tiroler Gewaltschutzzentrums, Eva Pawlata, im ORF Tirol Interview.

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In Opferschutzeinrichtungen sind Frauen frei von Gewalt und Abhängigkeit

Alte Muster durchbrechen

13 getötete Frauen seit Jahresbeginn, das ist auch im Vergleich mit anderen Ländern eine erschreckend hohe Zahl.
Mehr Geld allein reicht nicht aus. 799 Frauen berät das Tiroler Gewaltschutzzentrum derzeit. Dabei zeige sich immer wieder, dass Gewalt gegenüber Frauen von Abhängigkeit geprägt ist. Das hänge oft auch mit der besonders konservativen Lebensweise in Tirol und Österreich zusammen, so Eva Pawlata: „Wir haben immer noch dieses Traumbild von Vater-Mutter-Kind. Frauen begeben sich sehr schnell in eine Abhängigkeit, wenn sie Kinder bekommen bzw. wenn sie eine Beziehung eingehen. Dieses Muster wird gelebt und ich finde, da muss angesetzt werden. Dieses Muster muss durchbrochen werden.“

Gabi Plattner, die Leiterin der Tiroler Frauenhäuser ergänzte „Je weniger Abhängigkeiten wir haben, desto weniger Risiko gibt es auch, dass Menschen in einer Beziehung Gewalt erleben. Das wäre der Schlüssel und da müssen wir noch ganz viel tun.“

Eifersucht ist keine Liebe

Auch die Gesellschaft müsse lernen, genauer hinzuschauen. Denn ein Mord sei die „Spitze des Eisberges“. In vielen Beziehungen kommt es aber schon lange vorher zu Mustern der Gewalt. Das beginnt oft mit überhöhter Eifersucht und Kontrolle des Partners. Das sei ein oft übersehenes Warnzeichen, so Pawlata: „Sehr oft wird von Frauen Eifersucht wahrgenommen als die große Liebe. Der Partner wird als Beschützer gesehen, der darauf schaut, dass es der Frau gut geht. Aber eigentlich ist es der Versuch des Partners, Kontrolle über die Partnerin zu behalten.“

Es müsse deshalb normal und akzeptiert werden, dass Frauen Hilfe suchen und annehmen. Das wird in Tirol langsam besser: Heuer wurden bereits mehr als 400 Betretungsverbote ausgesprochen, also durchschnittlich zwei pro Tag. Und auch Beratungen werden deutlich öfter in Anspruch genommen. Hilfe und Schutz für Frauen zu bieten sei aber zu wenig, auch die Männer müssten endlich Verantwortung übernehmen. Gabi Plattner sagt: „Wichtig ist, dass man nicht nur die betroffenen Frauen anspricht, wo sie sich Unterstützung holen können. Sondern auch gewalttätige Männer, damit sie auch die Möglichkeit haben, sich Unterstützung zu holen, wenn sie merken, dass sie zu Gewalt neigen. Oder dass das eigene Verhalten zu Gewalt führt.“

Damit Beziehungen nicht zu Fallen werden, könnte auch die Politik vieles tun: Von der Aufklärung über Gewalt in der Schule, bis hin zum Ausbau der Kinderbetreuung.