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Politik

Landesregierung beschloss Leerstandsabgabe

Die Tiroler Landesregierung hat am Dienstag den Gesetzesentwurf für die Leerstandsabgabe beschlossen. Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) kritisiert sie als Eingriff ins Eigentum. Für LH Günther Platter (ÖVP) ist es eine Maßnahme gegen Spekulation.

Mit dem Beschluss der Regierungsvorlage soll die Behandlung der Leerstandsabgabe im Landtag noch vor der Sommerpause ermöglicht werden. Geplant ist eine Abgabe für Wohnungen und Gebäude, die über eine längere Zeit nicht als Wohnsitz verwendet werden. Je nach Größe sind bis zu 215 Euro pro Monat als Abgabe vorgesehen, in Gemeinden mit großem Druck auf dem Wohnungsmarkt sind doppelt so höhe Sätze vorgesehen. Sie soll an die jeweiligen Gemeinden fließen, hieß es vonseiten der Landesregierung.

Um den Leerstand wirkungsvoll bekämpfen zu können, müsste die Abgabe aber deutlich höher sein, räumte der Tiroler Landeshauptmann ein. Dafür gebe es aber rechtliche Hürden auf Bundesebene. Platter forderte erneut dass das Wohnungswesen von Bundes- in Länderhand kommt – mehr dazu in Leerstandsabgabe: LHs wollen Verländerung. Ziel müsse es jedenfalls ein, Wohnraum als Anlageobjekt unattraktiver zu machen.

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Wohnungseigentum wird für Normalverdiener vor allem in Ballungsräumen und Tourismusregionen zunehmend unbezahlbar

Attacke von Haus- und Grundbesitzerbund

Die Pläne für die Leerstandsabgabe werden vom ÖHGB hart angegriffen. Dort spricht man von einem Anschlag auf den Mittelstand und die Schaffung von Eigentum. In einem offenen Brief an Platter kritisierte die Vertretung der Haus- und Grundbesitzer, dass Privateigentum durch die Leerstandsabgabe ausgehöhlt werde. Die öffentliche Hand schreibe dadurch vor, was Private mit ihrem Eigentum machen dürften und was nicht. Die Abgabe würde nicht nur Spekulanten treffen, sondern alle Immobilienbesitzer.

Gleichzeitig sieht der ÖHGB auch Probleme bei der Umsetzung: „Bis heute gibt es keine allgemein gültige und anerkannte Definition von Leerstand. Zudem bedeutet die Erhebung von Leerstand einen enormen bürokratischen und finanziellen Aufwand.“ Damit die Leerstandsabgabe wirklich nur jene treffe, die Wohnraum horten und damit spekulieren, brauche es eine Vielzahl von Ausnahmen, warnt der Haus- und Grundbesitzerbund. Es gebe vielfach plausible Gründe für ungenutzten Wohnraum, und es müsse einem privaten Eigentümer auch zustehen, seine Wohnung oder sein Haus leer stehen zu lassen, so die Argumentation.

Platter: Schaffung von Eigentum für eigenen Wohnbedarf

Der Tiroler Landeshauptmann wies die Vorwürfe des ÖHGB strikt zurück. Wohnen sei ein Grundbedürfnis. Das Land unterstütze alle, die sich Wohnraum für den Eigenbedarf schaffen wollen und Eigentum anstreben. Aber es könne nicht akzeptiert werden, dass „Tiroler Grund und Boden ausverkauft, mit Immobilien spekuliert und dringend benötigter Wohnraum gehortet wird“. Es gebe kein Verständnis dafür, dass neue Wohnanlagen gebaut werden, zahlreiche Wohnungen darin aber von wenigen aufgekauft und dann leer gelassen werden, so Platter.

Die Landeshauptleute (v.l.n.r.) Wilfried Haslauer (ÖVP/Salzburg), Hermann Schützenhöfer (ÖVP/Steiermark), Peter Kaiser (SPÖ/Kärnten), Günther Platter (ÖVP/Tirol), Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), Markus Wallner (ÖVP/Vorarlberg), Michael Ludwig (SPÖ/Wien), Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich), Thomas Stelzer (ÖVP/Oberösterreich) und Hans Peter Doskozil (SPÖ/Burgenland)
APA/JOCHEN HOFER
Die Landeshauptleute wollen das Wohnungswesen in Länderhand

Das Tiroler Modell sieht Ausnahmen für den Eigenbedarf, bei Wohnungen im eigenen Haus, bei beruflicher Nutzung und bei fehlender Nachfrage vor. Die Interessen des Mittelstandes seien damit gesichert, zeigte sich Platter überzeugt.

Leerstandsabgabe:

Der Tiroler Gesetzentwurf sieht je nach Größe eine Leerstandsabgabe von zehn bis 215 Euro pro Monat vor. In 148 von insgesamt 277 Tiroler Gemeinden, in denen der Wohnungsdruck nachweislich besonders hoch ist, wird der doppelte Satz fällig – maximal also 5.160 Euro pro Jahr. Es handelt sich um eine Gemeinde-abgabe.

Die Eigentümer sind verpflichtet, den Leerstand bzw. Ausnahmegründe zu melden. Keine Abgabe bezahlen muss man etwa dann, wenn sich die Wohnung im eigenen Gebäude befindet, man einen zeitnahen Eigenbedarf nachweisen kann, das Gebäude aus bautechnischen oder rechtlichen Gründen nicht genutzt werden kann oder wenn niemand das Objekt um den ortsüblichen Mietzins anmieten will. Bei Verstößen gegen die Regelungen sind Strafen zwischen 1.000 Euro wegen fehlender Unterlagen und maximal 50.000 Euro bei Hinterziehung der Abgabe vorgesehen.

Scharfe Gegenkritik durch ÖVP-Wohnbausprecher

Scharfe Gegenkritik am Haus- und Grundbesitzerbund gab es von ÖVP-Wohnbausprecher Dominik Mainusch. Der ÖHGB lasse sich hier vor den Karren von Spekulanten spannen. Die Nullzinspolitik der letzten Jahre habe zu einer krassen Verschiebung von europäischem Kapital in die Immobilienwirtschaft geführt: „Dort saugen diese ‚Investments‘ in besorgniserregender Weise Angebot vom Markt ab, führen zu einer problematischen Verknappung von Wohnraum und treiben die Wohnpreise exorbitant in die Höhe“, so Mainusch.

Die Tiroler Pläne seien eine Maßnahme gegen diese Spekulation: „Wenn jemand, der hart arbeitet, am Ende des Tages trotzdem nicht mehr in der Lage ist, sich Eigentum zu schaffen, dann wird das langfristig die Leistungsbereitschaft und damit auch die Produktivität des Landes beeinträchtigen.“

Begrüßt wurde der Beschluss für die Leerstandsabgabe, die ab 1. Jänner 2023 in Kraft sein soll, auch von den Tiroler Grünen als Koalitionspartner. Deren Wohnbausprecher, Labg. Michael Mingler, sieht darin eine Belebung für den Wohungsmarkt. Die hartnäckigen Verhandlungen hätten letztlich auch dazu geführt, dass die Abgabe in allen Tiroler Gemeinden verpflichtend kommt. In Innsbruck werde es künftig um die 2.400 Euro pro Jahr kosten, eine 95 Quadratmeter große Wohnung leer stehen zu lassen.

Nein zu Gesetzesvorschlag von Tiroler NEOS

Kritik am vorgelegten Gesetzesentwurf für die Leerstandsabgabe kam am Dienstag von NEOS Tirol. Es gebe „de facto keinen Plan, wie man diese überhaupt einheben will. Das ist unverantwortlich und nur blanker Populismus“, kritisierte Klubobmann Dominik Oberhofer. Er forderte, den Leerstand per Strombezug in den Wohnungen zu klären. Demnach sollten Wohnungen ohne Wohnsitzmeldung oder sonst nachvollziehbare Erklärung der Eigentümer vom Stromnetz zu nehmen.

Die verpflichende Meldung solle in diesen Fällen bei der Gemeinde erfolgen. So lasse sich laut NEOS-Klubobmann letztlich eruieren, „ob es sich um Leerstand oder einen Freizeitwohnsitz handelt und könnten so auch mit illegalem AirBnB aufräumen, weil die Gemeinden dann endlich schwarz auf weiß sehen, was bewohnt ist und was nicht genützt wird“. Oberhofer forderte zugleich, das Vermieten von Wohnungen attraktiver zu machen, etwa durch Anpassung von Mietobergrenzen oder weniger Abgaben und Bürokratie.