Szene aus den Passionsspiel-Aufführungen 2016 in Thiersee
Passionsspiele Thiersee
Passionsspiele Thiersee
Kultur

Rundumerneuerung für Passionsspiele

Die Leidensgeschichte bei den Passionsspielen Thiersee wurde für das heurige Jahr komplett überarbeitet. Die Musik wurde neu komponiert, der Text neu verfasst und das Bühnenbild wurde einer Generalsanierung unterzogen. Die Premiere findet am 12. Juni statt.

Die Entscheidung dafür, eine Neufassung anzugehen, fällte Regisseur Norbert Mladek zusammen mit dem Vorstand des Passionsspiel-Vereins. „Die alte Textfassung, die bereits zehnmal bearbeitet, gekürzt und verändert wurde, war abgearbeitet und auserzählt“, sagte er im APA-Gespräch. Die auf diese Erkenntnis folgende Idee, aus dem Film „Il Vangelo secondo Matteo“ von Pier Paolo Pasolini und dessen Drehbuch eine Version für Thiersee entstehen zu lassen, wurde zudem wieder verworfen.

Schließlich stieß man auf den Autor und Literaturwissenschaftler Toni Bernhart, den Mladek bereits von seiner Dramatisierung der „Aeneis“ von Vergil kannte. „Wer das stemmen kann, der kann auch die Passion stemmen“, strich Mladek heraus. Und das sei auch genau so eingetroffen, streute er Bernhart Rosen.

Kreuzigungsszene bei der Passionsspielaufführung 2016 in Thiersee
Passionsspiele Thiersee
Nicht alle haben es gern gesehen, dass die Passionsspiele neu gestaltet wurden

Neufassung als schwierige Aufgabe

Der damit Angesprochene betonte aber auch die Bürde, die es bedeute, eine Passion auf sich zu nehmen. „Man hat es dabei unter anderem mit 2000 Jahren Literaturgeschichte, 2000 Jahren Religionsgeschichte und etwa 600 Jahren Passionsspiel-Praxis zu tun“, erklärte er. Dennoch habe er bei dieser „einzigartigen Möglichkeit“ und nach der Anfrage sofort „Ja gesagt“, so Bernhart.

In dem Kreativprozess, der laut dem Autor rund ein Jahr gedauert hat, habe er dann mehrere Entscheidungen getroffen. „Ich habe apokryphe Texte mit hereingenommen, also Texte, die nicht in der kanonisierten Bibel zu finden sind“, führte Bernhart aus. Dazu habe er sich auch mit zahlreichen Theologen ausgetauscht und beraten, so der Autor der neuen Textfassung. Darüber hinaus habe er den Kunstgriff gewagt, die Jesus-Figur auf drei Darsteller aufzuteilen: Kind, Erwachsener und Jesus nach der Auferstehung.

Änderungen stießen auf Widerstand

All das sei schließlich in Thiersee auch zum Teil auf Widerstand gestoßen, gab der Obmann der Passionsspiele, Michael Juffinger, unumwunden zu. „Viele hatten natürlich die alte Passion im Hinterkopf und einige wenige konnten sich dann auch nicht auf die neue einlassen“, so Juffinger. Letzten Endes sei es nunmehr aber geglückt, die Passion in die Neuzeit zu holen und zugleich einen für Thiersee typischen „bodenständigen Charakter“ zu behalten.

Auch der Regisseur befand, dass das Projekt Passionsspiele-Neu schließlich gelungen sei: „Alte Ansichten sind bei den Spielern auf neue Ansichten geprallt, aber schließlich ist alles nach Diskussionen und Erklärungen aufgegangen“. Ein Gewaltakt war es, abseits der Diskussionsprozesse, zudem allemal: „Es gibt über 100 Rollen und insgesamt 150 Mitwirkende auf der Bühne in dieser Passion“, so Mladek. Besonders freut den Regisseur, dass 60 junge Menschen mit dabei sind: „Das ist auch die Zukunft der Passion“.