Matrei in Osttirol
Politik

Matrei i.O. kommt aus Schulden nicht raus

Der Gemeinderat der seit mehr als zehn Jahren finanziell schwer angeschlagenen Marktgemeinde Matrei in Osttirol hat unter dem neuen Bürgermeister Kassasturz gemacht. Der Schuldenberg bleibt mit 28 Millionen Euro groß. Nun wird an einem Sanierungskonzept gearbeitet.

Vor fast genau zehn Jahren verhängte die Gemeindeaufsicht bereits einen Darlehensstopp für die 4.800-Seelengemeinde im Iseltal. Damals betrugen die Schulden nur rund fünf Millionen Euro, dazu bestand ein Darlehen in der Höhe von zehn Millionen Euro.

Der damalige Bürgermeister Andreas Köll (ÖVP) arbeitete ein Sanierungskonzept aus, sprach von einem „politischen Spiel“ im Vorfeld von Landtagswahlen und blieb noch bis Februar 2022 Bürgermeister von Matrei. Einer neuerlichen Wahl stellte sich Köll nicht mehr – mehr dazu in Matrei: Köll tritt nicht bei GR-Wahl an.

Raimund Steiner Matrei in Osttirol
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Der neue Matreier Bürgermeister Raimund Steiner

Darlehen, Haftungen, Leasingverpflichtungen

Der neue Bürgermeister Raimund Steiner kündigte gleich nach der Wahl einen Kassasturz an. Es gibt Darlehen in der Höhe von 28 Millionen Euro, so Steiner gegenüber tirol.ORF.at, davon noch nicht beglichene Rechnungen in der Höhe von 4,8 Millionen Euro. Dazu kommt die Erweiterung des Schwimmbads, die noch nicht fertiggestellt ist, und heuer auch nicht mehr fertig wird.

Dringende Projekte stehen an

Und dann gibt es eine sehr lange Wunschliste des Bürgermeisters mit dringlichen bis sehr dringlichen Investitionen. So sei das Schulzentrum mit Volksschule, Neuer Mittelschule und Polytechnischer Schule laut Steiner „höchst sanierungsbedürftig“. Eine Sanierung werde mehrere Jahre dauern, sagte er. Der Recyclinghof bedürfe ebenfalls einer Sanierung. Der Komposthof müsse wegen des Baus eines zweiten Fernkraftheizwerks übersiedelt werden. Und es gehe immer wieder um die Errichtung von Straßenteilen, die als Zufahrt etwa zu einem neuen Umspannwerk der Tinetz dienen.

Matrei in Osttirol Rathaus
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Mit Konzept für Einsparungen zur Behörde

Nur, woher das Geld nehmen? Man werde die nächsten Jahre, und vermutlich viele Jahre, Einsparungen vornehmen müssen. Ein Ausverkauf des Familiensilbers – sprich Grund und Boden in großem Stil in der flächenmäßig zweitgrößten Tiroler Gemeinde zu verkaufen – sei nicht angedacht, so Bürgermeister Steiner.

Derzeit werde in der Gemeinde ein Einsparungskonzept erarbeitet und noch in diesem Monat soll dieses Konzept der Behörde, in diesem Fall Bezirkshauptfrau Olga Reisner, vorgelegt werden, das wiederum vom Land geprüft werde. Noch heuer braucht die Gemeinde 9,8 Millionen Euro, eben um Rechnungen für Lieferanten und Dienstleister zu begleichen und etwa das Schwimmbad fertigzustellen. Denn jetzt einen Baustopp zu verhängen sei noch teurer.

Hoffen auf Unterstützung vom Land

Der neue Bürgermeister Raimund Steiner will jedenfalls pragmatisch der Schulden in den nächsten Jahren Zug um Zug Herr werden, mit der leisen Hoffnung, dass das Land in welcher Form auch immer unterstützend eingreift. Aus dem Büro des für die Gemeinden zuständigen Landesrats Johannes Tratter (ÖVP) hieß es am Donnerstagabend, man sei bemüht, Lösungen zu erarbeiten. Aufgrund der Amtsverschwiegenheit könne zum aktuellen Zeitpunkt aber keine weitere Aussage getroffen werden.

Ehemaliger Bürgermeister sieht Lage weniger dramatisch

Der ehemalige Bürgermeister Andreas Köll sah die finanzielle Situation der Gemeinde, der er 32 Jahre lang vorstand, weniger dramatisch. Am Freitag legte Köll mit einem Schreiben nach. Laut offizieller Finanzstatistik des Landes sei der Schuldenstand seit 2012 auf 15 Millionen Euro reduziert worden. Bei den bestehenden Haftungen könne man nicht von Schulden sprechen, ebenso nicht bei Leasingverpflichtungen. Insgesamt habe sich die Finanzsituation von Matrei in Osttirol somit nachweislich verbessert, meinte Köll. Und sie werde sich auch noch weiter verbessern, vorallem mit bevorstehenden Steuereinnahmen von IDM und TIWAG.