Im 19. Jahrhundert waren die „Cementdachplatten“ eine Revolution, wie der Leiter des Bundesdenkmalamts in Tirol, Walter Hauser, erklärt. Mitte des Jahrhunderts seien ganz langsam die Holzdeckungen auf den Häusern verschwunden. „Das hat einmal die Ursache, dass höhere Brandschutzanforderungen gestellt wurden. Und zweitens dünnten die Holzrechte aus.“
Vergessene Handwerkskunst
In dieser Zeit wurde die sogenannte S-Platte in Bayern entwickelt: eine „Cementplatte“, die in einer Art Nachbarschaftshilfe hergestellt werden konnte. Sie sei ein günstiges Produkt gewesen, das sehr nachhaltig auf den Dächern funktioniert habe, sagt Hauser. Die Plattendächer hielten bis zu 100 Jahre. Das Handwerk starb dann mit der industriellen Fertigung langsam aus.
Handwerkstradition wiederbelebt
Der Fieberbrunner Bautechniker Peter Bucher reaktivierte Anfang der 80-er Jahre die kleine Platten-Manufaktur seines Großvaters in Fieberbrunn wieder. Die Maschinen dafür fertigt er selbst. Bei der Herstellung setzt er ganz auf altbewährte Handarbeit: „Wir verwenden Sand, Wasser und Zement. Das wird dann in Form gerüttelt und mit der Hand abgezogen. Das Verfahren stammt von 1844 und wir haben das nie verändert. Denn wenn es bis jetzt hält, warum sollte man da etwas verändern?“
Bis zu zehn Tage müssen die Platten in der feuchten Werkstatt lagern, bevor sie zum Trocknen für mehrere Wochen nach draußen kommen. Rund 150.000 Platten stellt Bucher zusammen mit seinem Schwiegersohn und einem Mitarbeiter im Jahr her.
Kunden in ganz Europa
Peter Buchers Ziel war es, die historischen Dachplatten aus Zement wieder salonfähig zu machen. Mittlerweile stellt er viele verschiedene Profile und Modelle her, auch Boden- und Fassadenplatten. „Ich wollte, dass die Leute etwas zum nachbestellen haben, wenn etwas kaputt ist“, erklärte er.
Der Plattenmacher bekommt mittlerweile Aufträge aus ganz Europa, etliche Häuser – auch denkmalgeschützte – sind bereits mit Dachplatten aus Fieberbrunn gedeckt. Auch mit Stararchitekten wie David Chipperfield habe er schon zusammengearbeitet, wie er erzählte. Besonders stolz sei er auf den Salzburger Hauptbahnhof oder ein Sanatorium, das den europäischen Kulturpreis bekommen habe. Er freue sich aber auch, wenn er das Dach einer Alm decken dürfe oder ein kleines Einfamilienhaus, so Bucher.
Mit 62 noch Dachdeckermeister-Prüfung abgelegt
Peter Bucher ist ein Idealist und ein Energiebündel: Mit 62 Jahren hat er kürzlich noch den Dachdeckermeister gemacht. Auch als Dach-Gutachter sei er viel unterwegs, oft auch bei historischen Gebäuden. Ans Aufhören denke er noch nicht, er wolle noch mindestens zehn Jahre weiterarbeiten. Dann hofft er, dass sein Schwiegersohn und seine Tochter beziehungsweise die Enkel die Dachplattenmanufaktur in Fieberbrunn, eine der letzten in Europa, übernehmen.