Oberlandesgericht Innsbruck
ORF.at/Christian Öser
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Gericht

Kollegen getötet: 33-Jähriger verurteilt

Ein 33-jähriger Fernfahrer aus Belarus ist am Mittwoch von einem Innsbrucker Schöffengericht wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft – davon acht Monate unbedingt – verurteilt worden.

Der 33-jährige Fernfahrer aus Belarus soll am 22. Juni 2019 im Streit einem anderen Fernfahrer auf einem Parkplatz im Gewerbegebiet Kufstein-Süd einen Stoß versetzt haben, wodurch dieser zu Sturz kam und schließlich an seinen schweren Kopfverletzungen starb – mehr dazu in Toter Lkw-Fahrer: Mordermittlungen laufen.

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig und betonte, das Opfer – einen 55-jährigen Ukrainer – nicht gestoßen zu haben. Ebenso dementierte er, ihn geschlagen zu haben.

Gewerbepark Kufstein Süd
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Im Gewerbepark in Kufstein wurde die Leiche gefunden

Richterin verwies auf frische Verletzungen im Gesicht

Gemäß Richterin Helga Moser wies das Opfer frische Verletzungen im Gesicht auf. Niemand habe den ukrainischen Fernfahrerkollegen in seiner Anwesenheit geschlagen, entgegnete der Angeklagte. Vielmehr habe er das spätere Opfer nur dazu aufgefordert, sich schlafen zu legen, denn dieser sei stark alkoholisiert gewesen, gab er zu Protokoll.

Daraufhin habe ihn der Ukrainer an einem Schlüsselbund gepackt, den er um den Hals getragen habe. Er habe sich dann aus dem Griff des Ukrainers befreit und seine Hand weggeschlagen. Der Ukrainer sei dann selbstständig zu seinem Lkw gegangen und offenbar gestürzt. Der Angeklagte war aber nicht sicher, diesen Sturz gesehen zu habe. Er habe dann aber bemerkt, dass sein Kontrahent am Boden lag.

Verteidiger: Opfer in betrunkenem Zustand gestürzt

Der Verteidiger betonte die Unschuld seines Mandanten und bezog sich ebenso auf die Tatsache, dass das Opfer zum Tatzeitpunkt stark alkoholisiert war. Er habe in betrunkenem Zustand das Gleichgewicht verloren und sei deshalb gestürzt. Außerdem führte er ins Treffen, dass ein vorliegendes Gutachten kein Verschulden am Tod des Ukrainers durch seinen Mandanten attestiere. Der Angeklagte habe das Opfer weder misshandelt noch ihm einen heftigen Schlag versetzt.

Staatsanwalt sprach von finalem Schlag

Der Staatsanwalt führte in seinem Eröffnungsplädoyer dagegen aus, dass es nach einem verbalen Streit zu einer „Rangelei“ gekommen sei. Ein „finaler Schlag“ habe schließlich dazu geführt, dass der Ukrainer das Gleichgewicht verlor und hart mit dem Hinterkopf auf den Asphalt aufschlug. Dadurch habe er eine „massive Kopfverletzung“ davongetragen, an der er schließlich ein paar Minuten später starb.

Eine Obduktion des Opfers ergab, dass der Mann an den Folgen einer stumpfen Gewalteinwirkung gegen den Kopf verstarb. Zudem hatte das Opfer demnach lediglich 0,1 Promille im Blut.

Richterin: Mann hätte gerettet werden können

Der Schöffensenat zeigte sich nach der Besprechung überzeugt, dass der Tod des Ukrainers durch den Angeklagten hervorgerufen worden war. „Es ist mit Sicherheit zu einer Auseinandersetzung gekommen“, hielt Richterin Helga Moser nach Abschluss der Verhandlung fest.

Die zuvor durch seinen Verteidiger ins Treffen geführte Unbescholtenheit des Angeklagten habe sich strafmildernd ausgewirkt. Erschwerend sei jedoch der Umstand gewesen, dass sich der 33-Jährige nach der Tat nicht um den Verletzten gekümmert habe. „Der Mann hätte durch ärztliche Hilfe ohne weiteres gerettet werden können“, hielt Moser fest. Da der Angeklagte bereits fünf Monate und 19 Tage in Haft war, konnte er den Prozess im Anschluss als freier Mann verlassen.

Mit internationalem Haftbefehl gesucht

Zunächst stand der Verdacht im Raum, dass der ukrainische Fernfahrer mehreren Schlägen ausgesetzt gewesen war. Der tatverdächtige Weißrusse war Ende August 2019 zum ersten Mal mit internationalem Haftbefehl gesucht und schließlich in Lettland festgenommen worden – mehr dazu in Festnahme nach Tod von Lkw-Fahrer.