Ein Arzt untersucht die Ohren eines Patienten
APA/HELMUT FOHRINGER
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Wissenschaft

Wenn Gicht auch das Gehör angreift

An der Innsbrucker Klinik erforschen Experten, wie sich ein Gichtanfall auf das Hören auswirkt. Probanden werden noch gesucht. Bisherige Studien zeigen: Gicht kann langfristig Hörprobleme verursachen, kurzfristig aber positive Effekte haben.

Gut 7.500 Tirolerinnen und Tiroler leiden an Gicht, meist sind es Männer, da die Krankheit sehr durch eine ungesunde Ernährungsweise beeinflusst wird. Die schmerzhafte Erkrankung betrifft in erster Linie die Gelenke. Ein Team der Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen (HSS) und der Universitätsklinik für Rheumatologie in Innsbruck untersucht jetzt allerdings, inwieweit sie sich auch auf das Hören auswirkt.

Kristalle lagern sich auch im Ohr ab

Bisherige Untersuchungen zeigen einen Zusammenhang, wie Physiker Philipp Zelger erklärte, der gemeinsam mit dem Arzt und Ideengeber Michael Schirmer die Studie leitet: „Man weiß, dass sich die Langzeitfolgen einer Gicht-Erkrankung auf das Hören auswirken, speziell auf die Gelenke in den Mittelohrknochen, da sich dort Harnsäure-Kristalle anlagern. Uns interessiert, ob sich das Hören auch während eines akuten Gicht-Anfalls verändert.“

Physiker Philipp Zelger von der Universitätsklinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen
ORF / Roberta Hofer
Physiker Philipp Zelger verfolgt die Hör-Experimente vom Kontrollraum aus

Auf der Suche nach Antworten

Die Forscher vermuten, dass die Ablagerungen der Harnsäurekristalle auch im Innenohr passieren, wo Haarzellen sind, deren Bewegung dadurch eingeschränkt wird. „Eine andere Theorie ist, dass sich die Beweglichkeit der Gehörknöchelchen einschränkt“, so Zelger.

Andere Studien wiederum legen nahe, dass der Harnstoff auch eine Schutzwirkung auf das Gehör haben könnte. Zudem könnte es sein, dass durch die Ablagerungen tiefe Töne zwar schlechter gehört werden, hohe Frequenzen jedoch besser, so die Forscher. All diese Unsicherheiten und Widersprüche gelte es, zu klären.

Fokus auf das Hören richten

Meist erleben Patientinnen und Patienten einen Gicht-Anfall als so schmerzhaft, dass sie sich gar nicht auf das Hören konzentrieren können. Zudem leiden oft ältere Menschen unter der Krankheit, bei denen das Hörvermögen ohnehin bereits eingeschränkt ist. Dennoch berichten viele von einer veränderten Hör-Erfahrung während eines akuten Anfalls. Die aktuelle Studie soll jetzt Beweise dafür sammeln.

Schallisolierter Raum an der Klinik Innsbruck
ORF / Roberta Hofer
Im schallisolierten Raum im Keller der Innsbrucker Klinik finden die Hör-Experimente statt

Studien-Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht

Die meisten Gicht-Patientinnen und Patienten werden von ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt behandelt und landen eher selten an der Klinik. Deshalb suchen die Forscher derzeit noch etwa 30 Freiwillige, die an der Studie teilnehmen möchten und sich dafür über eine eigene Website anmelden können. Einzige Voraussetzung ist, dass man unter einem akuten Gicht-Anfall leidet.

Die Betroffenen werden dann vom Team der Rheumatologie der Klinik Innsbruck betreut und mit Bluttests, Medikamenten und Therapien behandelt. Das Team der HSS führt parallel dazu eine Ohruntersuchung und einen Hörtest durch. Nach zwei bis drei Monaten, wenn der Gicht-Anfall abgeklungen ist, erfolgt eine Kontrolle, ob sich das Hören verbessert oder verschlechtert hat. Insgesamt dauert die Pilotstudie eineinhalb Jahre und soll Antworten und ein klareres Bild liefern. Mittel- und langfristig hoffen die Forscher jedoch auch, Ideen für mögliche Therapien erarbeiten zu können.