Radfahrerin auf Radweg
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Politik

Klimastrategie nimmt Formen an

Das Land hat am Dienstag die ersten Maßnahmen der im Vorjahr angekündigten Nachhaltigkeits- und Klimastrategie präsentiert. Laut Landesregierung sei der Ausbau von Wasserkraft und Photovoltaikanlagen unabdingbar für die Erreichung der gesetzten Klimaziele. Die gesamte Strategie soll bis 2030 umgesetzt werden.

Bis 2050 will man in Tirol energieautonom sein. Um das zu erreichen, brauche man bei den Wasserkraftwerken 2.800 Gigawattstunden zusätzlich, bei den Photovoltaikanlagen weitere 3.300 Gigawattstunden, so Wirtschaftslandesrat Anton Mattle (ÖVP).

Streitpunkt Wasserkraftwerke

Der Bau von Wasserkraftwerken war in der schwarz-grünen Koalition aber immer wieder ein Streitpunkt. Vor allem der geplante Bau des Kraftwerks im Kaunertal, der von Umweltorganisationen scharf kritisiert wird, stand dabei im Fokus. Die Pläne für das Pumpspeicherkraftwerk wurden 2009 erstmals eingereicht und befinden sich nun im laufenden UVP-Verfahren.

Ingrid Felipe und Anton Mattle
ORF
Ingrid Felipe (Grüne) und Anton Mattle (ÖVP) bei der Pressekonferenz am Dienstag

Felipe: Ausbau muss ökologisch sein

Im nun vorgelegten Maßnahmenprogramm stehe nicht geschrieben, „dass das Kraftwerk Kaunertal gebaut werden muss. Aber die Leistung, die das Kraftwerk erbringen würde, steht drin“, sagte Umweltlandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) dazu am Dienstag in einer Pressekonferenz der Landes. „Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, brauchen wir die Wasserkraft. Aber der Ausbau muss ökologisch sein“, gab die grüne Frontfrau ihre Stoßrichtung vor. „Dass die Grünen dem Kraftwerk Kaunertal und damit der Flutung des Platzertales und der Überleitung der Ötztaler Gewässer kritisch bis ablehnend gegenüber stehen, ist kein Geheimnis“, hielt sie fest.

Mattle wollte eine Unterstützung des Koalitionspartners für das Kraftwerk nicht zur Bedingung machen. „Kernthema für mich ist, dass wir 2.800 Gigawattstunden elektrische Energie aus Wasserkraft erreichen. Ob es das Kaunertal ist oder eine Strecke am Inn, das wird sich zeigen“, zeigte er sich diplomatisch.

Knapp 200 Maßnahmen ausgearbeitet

Die 191 nun vorgestellten Maßnahmen beschäftigen sich mit sieben Handlungsfeldern – von der Energieversorgung über den Lebensstil der Gesellschaft bis zu Mobilität und Infrastruktur. Vor allem neu geschaffene Beratungsangebote wurden von den beiden Politikern am Dienstag hervorgehoben.

Anteil an Bio-Produkten soll steigen

So soll etwa eine Anlauf- und Beratungsstelle bezüglich PV-Anlagen für Private eingerichtet werden, Unternehmen wiederum sollen beim Thema Dekarbonisierung unterstützt werden. Zudem soll die Bio-Landwirtschaft stärker gefördert werden, in den landeseigenen Großküchen soll bis 2030 der Anteil der Bio-Produkte auf 55 Prozent steigen, kündigte Felipe an. Mattle verwies auf Potenzial, das die Bewusstseinsbildung und Vermittlung von Fördermöglichkeiten mit sich bringe. Viele Menschen würden beispielsweise nicht wissen, dass Sanierungsförderungen einkommensunabhängig oder auch nur für Teilsanierungen ausbezahlt würden.

Der Ausbau von Windkraft spielt in Tirol nur eine kleine Rolle. Im Maßnahmenprogramm steht dazu nur allgemein: „Strom aus Windkraft und Sonne wird zunehmen an Bedeutung gewinnen und erhebliche Anteile im Strommix abbilden“. LHStv. Josef Geisler (ÖVP) meinte dazu zuletzt zur APA, dass das Windenergiepotenzial im Bundesland nur mit 250 Gigawattstunden veranschlagt sei und die topografischen Verhältnisse für diese Energiequelle „ungünstig“ seien.

Kritik von der Opposition

Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer kritisierte nach der Präsentation: "Jahrealte Konzepte zum Ausbau der Photovoltaik und eine urplötzliche Rückkehr zu Lippenbekenntnissen für die Wasserkraft – wobei letztere schon bei der Präsentation für den ersten Konflikt über das Kraftwerk Kaunertal gesorgt haben“: Bei diesem Tempo schaffe Tirol die Energieunabhängigkeit in absehbarer Zeit auf keinen Fall, so Dornauer, der es bemerkenswert fand, dass nach zehn Jahren Regierungszusammenarbeit gerade einmal der erste Teil der Klimastrategie präsentiert wurde. „Zwei Perioden lang wurde von der Landesregierung nicht ein ernsthafter Anlauf zum umweltverträglichen Ausbau der Wasserkraft unternommen“, so Dornauer.

Gurgiser drängt auf Tempo

Der Obmann des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser, hoffte, dass die Klimastrategie Tirols „aktiv unverzüglich“ angegangen werde. Es gelte nur mehr die Formel „Handeln statt Schwadronieren“, sagte er. Eine Minderheit würde „im Überfluss in einer Wegwerfgesellschaft“ leben, während eine „Mehrheit weltweit dafür sündteuer durch Land- und Rohstoffraub, durch Sklaventum und Flucht bis hin zu brutalen Bürgerkriegen, Flüchtlingslagern und Tod bezahlt“, hielt er fest.