Ärztin zieht Spritze für Covidimpfung auf
APA/Barbara Gindl
ORF
Coronavirus

Neuer Ärzte-Chef gegen Impfpflicht

Der neue Präsident der Tiroler Ärztekammer Stefan Kastner hat sich gegen eine Wiedereinführung der Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Derzeit gebe es dafür keine Notwendigkeit, sagte er im Interview mit der APA. Auch die bestehende Quarantäne-Regeln brauche es derzeit nicht mehr.

Bevor es keinen angepassten Impfstoff gibt und es die Dramatik der Situation erfordern würde, mache die Impfpflicht laut dem neuen Ärztekammerpräsidenten keinen Sinn. Für das Vorgehen vor der Omikron-Welle zeigte Kastner aber Verständnis. Damals habe man kaum eine andere Chance gesehen, als verstärkt zu impfen. Man habe aber feststellen müssen: „Das wird uns nicht aus der Patsche helfen.“

In Zukunft wie mit einer Grippe umgehen

Nach über zwei Jahren Pandemie sei es laut Kastner an der Zeit eine nüchterne Sicht auf Corona zu entwickeln. „Der Krisenmodus ist zu verlassen“. Er habe mitunter schon den Eindruck gewonnen, dass es zu mancher Zeit auch politisch gewollt war, das Thema weiter derart medial am Köcheln zu halten, um von anderen Dingen etwas abzulenken. Eine Impfpflicht werde jedenfalls aufgrund der weitgehenden Durchseuchung auch über den Frühling und Sommer hinaus nicht nötig sein – außer es trete eine neue aggressive und ansteckenden Corona-Variante auf.

Stefan Kastner
ORF
Der neue Ärztekammerpräsident möchten den „Krisenmodus verlassen“

Kastner verwies daneben auf Datenschutzprobleme, die mit Einführung der Impfpflicht einhergehen würden. Außerdem würden viele Menschen eine Geldstrafe in Kauf nehmen. Dann bräuchte es laut ihm erst recht wieder härtere Sanktionen. Der Tiroler Ärztekammerpräsident plädierte jedenfalls dafür mit dem Coronavirus in Zukunft wie mit einer Grippe umzugehen, sollten keine aggressiven Varianten mehr auftreten. Es gebe eine hohe Durchseuchung, trotzdem mache es aber Sinn, für Risikogruppen eine Empfehlung zur Auffrischungsimpfung auszusprechen.

Hausverstand statt Quarantäne

„Step by step“ die Maßnahmen langsam zu lockern und fallen zu lassen sei laut Kastner eine gute Idee. Mögliche Szenarien müsse man aber „in der Schublade“ haben, wie er im Gespräch mit der Austrian Presseagentur (APA) sagte. In Puncto Quarantäne brauche es wieder mehr Hausverstand und Eigenverantwortung. „Wenn jemand krank ist, bleibt er oder sie zu Hause, also quasi in der selbst verordneten Quarantäne. Wie bei der Influenza auch“, so Stefan Kastner.

Corona Maske
ORF
Sollte es sie wieder brauchen, müssten Maßnahmen laut Kastner künftig deutlich schneller umgesetzt werden

Künftig müsse es jedenfalls schneller gehen, sollte Maßnahmen wieder eingeführt werden. „Ich war schockiert, dass man für gewisse Szenarien keine Pläne in der Schublade hatte“, so der Tiroler Ärztekammerchef, der kürzlich Artur Wechselberger nach 32 Jahren im Amt nachfolgte. Zuletzt hatte es bei der Wiedereinführung der Maskenpflicht beispielsweise sechs Tage gedauert, bis eine Verordnung vorlag.

Kastner für verpflichtenden Mediziner-Austausch

Stefan Kastner sprach sich außerdem für einen verpflichtenden Austausch von Ärzten in Ausbildung zwischen Kliniken und peripheren Einrichtungen, also Bezirkskrankenhäusern, aus. Jungärzte sollten laut ihm beide Seiten kennenlernen. „Man sollte zumindest mit einzelnen großen Fächern anfangen, die es überall gibt“, so Kastner. Wie im niedergelassenen und Krankenhausbereich brauche es auch zwischen den Krankenhäusern eine Durchlässigkeit. „Überall, wo ich Kontakte und Lebensräume des andere kenne, werde ich auch besser für den anderen mitdenken können“, gab der Chirurg mit eigener Praxis in Innsbruck zu bedenken.