Pressekonferenz der Wirtschaftskammer
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Tourismus

Viele Buchungen, aber Arbeitskräftemangel

Tirols Tourismusvertreter haben am Mittwoch Bilanz über die Wintersaison gezogen. Das Tal der Tränen sei überwunden, die Buchungen wieder auf hohem Niveau, sagte Hotellerie-Fachgruppenobmann Mario Gerber. Er forderte zudem ein großes Kontingent an Mitarbeitern aus Drittstaaten.

Der Fachkräftemangel sei kein Problem der Tourismusbranche, stellte Mario Gerber im Rahmen einer Pressekonferenz klar. Aufgrund des demografischen Wandels und der Vollbeschäftigung stünden schlicht und einfach nicht genügend Menschen zur Verfügung, die nach einer Arbeit suchten. Zudem sei der Mangel nicht auf unattraktive Arbeitsbedingungen zurückzuführen, sondern auf Qualitätssteigerung und Branchenwachstum der letzten Jahre. Die Anzahl der Arbeitskräfte nahm zwar ab, die Wachstumsrate lag aber unter jener der Branche an sich.

Bedarf an ausländischen Arbeitskräften nicht bestimmbar

Es wäre nicht so schlimm, Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu holen, meinte Gerber, schließlich würden ja diese auch Abgaben zahlen und so „das System füttern“. Derzeit seien rund 55.000 Personen in Tirol im Tourismus tätig, davon verfügten 55 Prozent über eine österreichische Staatsbürgerschaft. Er forderte „Tausende“ Kontingente für Drittstaatenangehörige. Genau beziffern könne er den Bedarf noch nicht.

Mario Gerber
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Mario Gerber fordert eine große Menge an Kontingenten für Drittstaatenangehörige

Gerber: Erfolgsbranche mit starkem Wachstum

Die Situation im Tourismus sei trotz des großen Bedarfs an Arbeitskräften viel besser, als viele denken würden, betonte Gerber. Seit November fungiert er auch als Obmann des Innsbrucker Tourismusverbandes. Es sei ihm ein Anliegen, den Tourismus wieder als Erfolgsbranche mit starkem Wachstum zu präsentieren. So nähmen Berufsneueinsteiger, -um- und Quereinsteiger die Branche auch als attraktiver war. „Das Jammern muss jetzt ein Ende haben“, forderte der Branchenvertreter, der selbst Hotelier ist.

„Tal der Tränen überwunden“

Die Pandemie habe die Branche zwar hart getroffen, das „Tal der Tränen“ sei aber überwunden. So hätten die Buchungen sehr rasch wieder ein hohes Niveau erreicht. Der Mitarbeiterstand sei auch während der Pandemie nie unter das Niveau von 2016 gesunken und die hohe Rückkehrquote bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeuge von einer hohen Verbundenheit.

Natürlich sei man noch rund 30 bis 35 Prozent von Vor-Corona-Zeiten entfernt, doch die Sommerbuchungen würden anziehen, so Gerber. Konkrete Zahlen hinsichtlich Ankünften und Nächtigungen in der vergangenen Saison wurden am Mittwoch keine genannt.

46.000 Arbeitskräfte in Hotellerie und Gastronomie

Der Fachgruppenobmann der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Alois Rainer, verneinte, dass die Mitarbeiter der Branche den Rücken kehren würden. Das Gegenteil sei der Fall: „Der Mitarbeiterstand wächst kontinuierlich und das seit Jahren.“

Österreichweit liege der Anstieg im Schnitt bei zwei Prozent. In Tirol stieg die Anzahl der Mitarbeiter von 2001 bis 2019 in der Hotellerie um fast 60 Prozent auf über 31.000 Personen und in der Gastronomie um 30 Prozent auf über 15.000 Personen. Vor allem steige die Zahl der Fachkräfte – jeder fünfte Mitarbeiter sei im tertiären Bereich ausgebildet, die Anzahl der Hilfskräfte sinke.

Alois Rainer
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Alois Rainer spricht von steigender Mitarbeiterzahl in Betrieben

Nachschärfungen bei der „Work-Life-Balance“, die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, höhere Lehrlingsgehälter und bessere Kollektivverträge würden sich positiv auf die Nachfrage auswirken, sagte Rainer. „Vorurteile von früher“ würden sich aber trotzdem noch hartnäckig halten. Das Gesamtkonstrukt sei ausschlaggebend. Die Mitarbeiter müssten sich wohlfühlen, hier sah Rainer auch die Betreiber selbst in der Pflicht.

Mehr Mitarbeiter als früher nötig

Die Zahl der Mitgliederbetriebe sei in den vergangenen Jahren zunehmend gewachsen, durchschnittlich sei bei der gewerblichen, professionellen Vermietung ein Plus von 1,4 Prozent zu verbuchen. „Für die Qualität, die wir jetzt bieten, brauchen wir mehr Mitarbeiter als noch vor fünf oder zehn Jahren“, resümierte LAbg. Gerber.

Die Branche befände sich in einem Wandel, hielt er fest. Kommende Woche soll im Rahmen einer Dialogreihe „laut und ohne Scheu“ über den 2021 in Form eines Strategiepapiers ausformulierten „Tiroler Weg“ diskutiert werden, sagte Gerber. Er ortete einen „Boom mit mehr Qualität statt Quantität“, räumte zugleich aber ein, dass einige Stellschrauben nachjustiert werden müssten. So sei der Umstieg von Saisons- auf Ganzjahresbetrieb nicht einfach möglich.

Bettenobergrenze für Tourismusbetriebe soll kommen

Gerber kündigte zudem an, im Tiroler Landtag einen Antrag unterstützen zu wollen, durch den eine landesrechtlich verankerte Bettenobergrenze für Tourismusbetriebe geprüft werden soll.

„Bettenburgen und ausländische Hotelketten werben Gäste und Mitarbeiter ab, Gewinne verschwinden ins Ausland, illegale Freizeitwohnsitze belasten den heimischen Wohnungsmarkt, die Tourismusgesinnung in der Bevölkerung geht zurück – das alles sind Entwicklungen, die der Tourismus selbst nicht will“, so Gerber.

Land bezifferte 330.000 als Bettenobergrenze

Das Land Tirol hatte im Juni ein Tourismus-Strategiepapier vorgestellt. Damit sollen Entwicklungen forciert werden, die Qualität vor Quantität stellen, betonte damals LH Günther Platter (ÖVP). Unter anderem soll es eine Obergrenze von 330.000 Gästebetten geben – mehr dazu in Künftig 330.000 Betten als Obergrenze.