Während der letzten Kaltzeit vor etwa 120.000 bis 10.000 Jahren bot sich in Europa ein komplett anderes Bild. Die Alpen waren zu einem großen Teil vergletschert, um Innsbruck herum ragten zeitweilig nur mehr die hohen Gipfel der Nordkette aus dem Eispanzer heraus. Nördlich und südlich der Alpen erstreckten sich hingegen riesige Grasländer, sogenannte Steppen. Bäume gab es nur wenige. Stellenweise haben sich bis heute in Europa Steppen erhalten, wie etwa in der pannonischen Tiefebene oder auch in den Alpen, so etwa im Vinschgau oder bei Fließ im Oberinntal.
Algorithmus entschlüsselte die Informationen
Die Forscherinnen und Forscher vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck richteten deshalb ihren Blick auf die Steppen und sammelten fünf für Steppen typische Pflanzen- und Insektenarten aus Steppen von Spanien im Westen bis Kasachstan im Osten und verglichen ihre genetische Verschiedenheit. Am Institut für Botanik wurden Teile des Genoms der Proben sequenziert und analysiert. Mit Hilfe eines Algorithmus und des spanischen Bioinformatikers Manolo Perez konnten die Innsbrucker Forscher durch die in den Proben gespeicherten Informationen Hinweise zur früheren Verbreitung gewinnen.
Umwelt reagierte rasch auf Klimaänderung
Die Ergebnisse zeigen, dass mit dem Beginn der letzten Kaltzeit vor etwa 120.000 Jahren eine Ausbreitung von Steppenbewohnern begann, mit zunehmender Kälte vor etwa 80.000 Jahren kam es zu einer regelrechten Explosion der Ausbreitung, Wissenschafter sprechen von einem „exponentiellem Wachstum“. Einer der Studienautoren ist Philipp Kirschner, für ihn zeigt die Studie auch, wie rasch die Umwelt auf das Klima reagiert. Die Ergebnisse der Studie decken sich laut Kirschner auch mit bisherigen Erkenntnissen aus der Analyse von Pollen, die eine Abnahme von Baumpollen und eine Zunahme von Graspollen gezeigt haben.
Alpine Steppengebiete werden untersucht
Die Arbeit der Forscher ist mit diesen Erkenntnissen nicht beendet, als nächstes Projekt wollen die Wissenschafter die alpinen Steppengebiete, wie etwa im Vinschgau oder bei Fließ, in den Fokus nehmen und untersuchen, wie sie nacheiszeitlich in Verbindung gestanden sind, denn da „stehen die höchsten Berge der Ostalpen dazwischen“, so Kirschner. Auch wenn manche eine Steppe als eintönig empfinden, sehen das Biologen anders: Kirschner verweist darauf, dass eine Steppe nach dem tropischen Regenwald eines der artenreichsten Ökosysteme der Erde ist.