Laptop für die Kommunikation im Homeoffice, etwa für Videokonferenzen und digitale Meetings
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Wissenschaft

Pandemie hat Kommunikation verändert

Seit beginn der Krise kommunizieren Unternehmen viel stärker digital, deutlich öfter und auch „demokratischer“ – allerdings nicht immer besser. Das zeigt eine Befragung durch Studierende der FH Kufstein, die dafür mit internationalen Firmen gesprochen haben.

Die Studie entstand im Rahmen eines Praxis-Projekts des Studiengangs „Marketing und Kommunikationsmanagement“ an der FH Kufstein unter der Leitung von Peter Schneckenleitner. Zwei Gruppen von Studierenden haben insgesamt neun Leiterinnen und Leitern von Kommunikationsabteilungen internationaler börsennotierten Unternehmen dazu befragt, wie sich die Kommunikation der Firmen seit der Pandemie verändert hat. Die Bandbreite reichte dabei vom Einzelhandel über Produktions-Betriebe bis zu Transportfirmen. Es ging sowohl um die interne Kommunikation der Firmen, als auch um die Kommunikation nach außen, etwa mit Medien.

Peter Schneckenleitner, Professor für Kommunikationsmanagement an der FH Kufstein
FH Kufstein
Studienleiter Peter Schneckenleitner

Pandemie als „Turbo“ für digitale Entwicklung

Die befragten Unternehmen hätten zu Beginn der Pandemie durchaus verschiedene Startbedingungen gehabt, was die Digitalisierung betraf, hieß es. Während manche schon länger Video-Konferenzen durchführten, waren virtuelle Meetings für andere Betriebe noch Neuland. Diese Kluft der Vor-Corona-Zeit habe sich jedoch schnell geschlossen, erklärte Schneckenleitner. Der Digitalisierungsstand in der Verwendung von Kommunikationstools sei heute nahezu gleich.

In jedem großen Unternehmen würden inzwischen Besprechungen, Workshops, Interviews oder sogar Events online und digital auf den unterschiedlichsten Plattformen durchgeführt, obwohl ursprünglich keines der befragten Unternehmen das Szenario „weltweite Pandemie“ eingeplant und vorbereitet hatte.

Kabelsalat im Homeoffice
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Kabelsalat im Homeoffice: Die Kommunikation ist seit der Pandemie digitaler geworden

So seien etwa Online-Meetings oder Konzepte für digitale Unternehmensmedien, die zuvor oft lange nicht beachtet oder realisiert wurden, plötzlich innerhalb von Tagen verwirklicht worden, da das unausweichlich notwendig wurde: „In vielen Unternehmen kam es durch die Pandemie zu einem regelrechten Digitalisierungsschub. Solche Dinge wurden dann auf einmal leicht möglich, wurden sehr rasch umgesetzt und setzten sich dann auch durch“, sagte der Experte.

Online-Meetings: Quantität statt Qualität

Durch die Pandemie erhöhte sich in den befragten Unternehmen auch die Zahl der Videokonferenzen sehr deutlich: Statt etwa einem Meeting pro Woche gab es zum Teil tägliche virtuelle Treffen, an denen auch mehr Menschen teilnahmen, sei es aus anderen Abteilungen oder auch anderen Regionen der Erde. Nach außen hin wurde auch die Führungsetage für Journalistinnen und Journalisten leichter erreichbar.

Kommunikation sei also gewissermaßen „demokratischer“ geworden. Zudem zeigte die Studie, dass sich die „Meeting-Kultur“ verbessert hat, wie auch die Pünktlichkeit: „Aber man kam dann trotzdem drauf: Etwas fehlt. Vor allem das Zwischenmenschliche und wertvolle und informelle Begegnungen und Gespräche im Arbeitsalltag können durch Online-Kontakte nicht ersetzt werden“, bilanzierte der Studienleiter. Somit orteten die Interviewpartner trotz erhöhter Meetingfrequenzen einen Verlust an Informations- und Beziehungsqualität.

Gespräche auf der Arbeit: Zwei Mitarbeiterinnen unterhalten sich am Gang, während eine weitere vor ihrem Laptop an einer Videokonferenz sitzt
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Wer nur mehr über den Bildschirm kommuniziert, verpasst womöglich persönliche Kontakte und Gespräche

Sorgen um die Sicherheit

Immer wieder wurde von den Kommunikationsexpertinnen und -experten auf das Thema „Cyber-Security“ hingewiesen. Trotz vieler Vorteile von Online-Besprechungen gibt es zunehmend Bedenken bezüglich der Vertraulichkeit von Meetings und der Datensicherheit im digitalen Raum. „Online-Besprechungen können aufgezeichnet werden, der Kreis der Teilnehmenden ist nicht klar überschaubar, Aufzeichnungen können weitergegeben werden – und das alles ohne Wissen der Beteiligten“, fasste Peter Schneckenleitner die Sorgen der Interviewten zusammen.

„Hybride“ Zukunft der Kommunikation

Der Trend gehe inzwischen bei vielen Unternehmen zur hybriden Kommunikation, also einer Mischung von digitalen und analogen Kanälen: „Ganz zurück zum alten Status quo von vor zwei, drei Jahren wird man sicher nicht gehen, aber man wird das Beste beider Welten weiterentwickeln und weiterverwenden“, glaubte Schneckenleitner. Die Unternehmen würden sich bemühen, flexibel zu bleiben und neue Tools weiterhin zu gebrauchen und anzupassen, diese digitalen Kanäle aber auch weiterhin mit klassischen, lang gedienten Kommunikationsstrategien ergänzen.

Die Studie habe gezeigt, dass die Pandemie jedenfalls tiefe Veränderungen in der Kommunikation von Unternehmen gebracht hat. Alle Befragten hätten diese Veränderungen aber überwiegend positiv bewertet: „Die Pandemie hatte durchaus positive Effekte und hat die Unternehmenskommunikation professioneller gemacht“, fasste der Studienleiter die Ergebnisse zusammen. „Man war in den Unternehmen, glaube ich, fast ein bisschen selbst überrascht, dass das alles so gut funktioniert hat.“