SVP-Zentrale in Bozen (Südtirol)
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Politik

Südtirol: erster Rücktritt in SVP-Affäre

Im Zuge der Abhör-Affäre in Südtirol hat es am Mittwoch einen ersten Rücktritt in den Reihen der Südtiroler Volkspartei (SVP) gegeben. Der Chef der SVP-Fraktion im Südtiroler Landtag, Gert Lanz, erkärte seinen Rücktritt. Er kam damit einer Kampfabstimmung in der Fraktion zuvor.

Lanz begründete seinen Schritt damit, dass das Vertrauen in ihn nicht mehr gegeben sei. Dem Fraktionschef war von Parteiobmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) vergangene Woche der Rücktritt nahegelegt worden.

Lanz sollte sich in der Fraktion einer Vertrauensabstimmung stellen. Nachdem er aber er von sich aus den Rücktritt erklärt hatte, kam es nicht mehr zu der Abstimmung. Der 50-Jährige will in Zukunft einfacher Landtagsabgeordneter bleiben. Was die SVP anbelange, so müsse entschieden werden, welche Richtung sie einschlagen solle, meinte er.

Weiter offene Bruchlinien in der Südtiroler Volkspartei

Am Dienstag scheiterte indes ein erstes Gespräch zwischen SVP-Obmann Achammer und seinem Parteivize Karl Zeller. Auch Zeller war zum Rücktritt aufgefordert worden, weil es bei ihm aufgrund der zahlreichen Funktionen zu Interessenskonflikten kommen könnte, so die Begründung nach außen. Dem Vertrauten und Anwalt Kompatschers war von Gegnern des Landeshauptmannes vorgeworfen worden, die Abhörprotokolle an die Medien weitergeleitet zu haben. Die Telefongespräche waren im Zuge von Ermittlungen rund um die Vergabe der Buskonzessionen in Südtirol abgehört worden. Ihre Veröffentlichung brachten massive parteiinterne Verwerfungen innerhalb der SVP an die Oberfläche.

SVP-Landesrat Thomas Widmann, dem Kompatscher die Zuständigkeiten entzogen hatte, weigert sich ebenfalls weiter, als Landesrat ohne Portefeuille aus der Landesregierung auszuscheiden. Widmann bot dem Landeschef am Dienstag in einer Pressekonferenz an, die bisherige Zusammenarbeit professionell weiterzuführen und somit seine Agenden zurückzubekommen. Er entschuldigte sich öffentlich für seine Aussagen in den Abhörprotokollen, Widmann hatte Kompatscher darin unter anderem als den „schlechtesten Landeshauptmann“ bezeichnet. Einige SVP-Vertreter begrüßten das Angebot, andere wiesen es zurück. Kompatscher wollte die Aussagen Widmanns bisher nicht kommentieren.

Im Buch „Freunde im Edelweiss“ wird die SVP-Affäre aufgearbeitet
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Die Abhöraffäre wurde von den Südtiroler Journalisten Christoph Franceschini und Artur Oberhofer in einem Buch aufgearbeitet

Affäre beschäftigt die regierende SVP seit Wochen

Die Sammelpartei SVP als maßgebliche politische Kraft in Südtirol, die auch mit Arno Kompatscher den Landeshauptmann stellt, war in den vergangenen Wochen von massiven Streitigkeiten erschüttert worden. Hintergrund ist die Veröffentlichung von Abhörprotokollen aus dem Jahr 2018 rund um staatsanwaltschaftliche, letztlich eingestellte Ermittlungen wegen der Konzessionsvergabe für den öffentlichen Busdienst. Die Telefongespräche sind auch als SAD-Abhörprotokolle bekannt, die SAD ist das größte Busunternehmen in Südtirol.

Teil der Protokolle sind abfällige Äußerungen einiger SVP-Politiker über Parteifreunde. In der SVP gibt es offensichtlich zwei Lager, die sich zuletzt zunehmend offen bekriegten. Dem als reformorientierten, eher links-liberal verorteten Flügel um den Landeschef steht das eher konservative Lager rund um Achammer gegenüber. Achammer wurden zudem Ambitionen auf den Landeshauptmann-Posten nachgesagt. Kompatscher andererseits hat bisher noch nicht bekanntgegeben, ob er bei der Landtagswahl 2023 noch einmal kandidiert. Er machte das auch von einer zufriedenstellenden Aufarbeitung der Affäre abhängig.