Die Altenpflege betrifft viele Menschen: Die Bewohnerinnen und Bewohner, deren Angehörige und vor allem auch die Pflegekräfte in den 93 Heimen bzw. jene in der mobilen Pflege.
Immer mehr Pflegekräfte springen ab
Notorische Unterbesetzung, Dienstpläne, die nicht halten, und zu wenig Zeit für die zu Pflegenden machen einen an sich sehr schönen Beruf zunehmend unattraktiv, weiß Margit Luxner aus der Praxis. Sie ist Pflegekraft im Seniorenheim in Kitzbühel und Gewerkschaftsvertreterin. Das führe dazu, dass man am Ende eines Arbeitstages oft unzufrieden das Heim verlässt, weil man aus Zeitgründen seine Arbeit nicht so erledigen könne, wie man gerne möchte – beispielsweise wenn es um die persönliche Zuwendung für Bewohnerinnen und Bewohner etwa in Form eines einfachen Gesprächs geht, konkretisiert Luxner.
Der Druck auf das Personal nehme jedenfalls laufend zu und die Pandemie habe die Situation zunehmend verschärft. Der akute Pflegnotstand halte Interessierte inzwischen davon ab, in die Pflege zu gehen, und langjährige Heimpflegekräfte würden in Krankenhäuser oder überhaupt in andere Berufssparten abwandern, skizziert Luxner eine Negativspirale, die rasche Gegenstrategien erfordere.
System sollte generell überdacht werden
In Tirol wird die Altenpflege von den Gemeinden, dem Land Tirol und den Bewohnerinnen und Bewohnern finanziert. Die Gemeinden stellen mit Unterstützung des Landes in Form der Wohnbauförderung die Infrastruktur. Nach einem gewissen Schlüssel, der abhängig ist von der Anzahl und dem Gesundheitszustand der Heimbewohner, wird Personal angestellt.
Für das Heim in Kitzbühel sieht das Tagsatzmodell des Landes beispielsweise elf Reinigungskräfte vor. Es seien aber sieben Stöcke zu betreuen und das eigentlich an sieben Tagen in der Woche. Würde man jetzt das Reinigungspersonal aufstocken, so Luxner, müssten hier die Gemeinden die Mehrkosten tragen, wozu viele nicht in der Lage seien. Doch gerade Reinigungskräfte oder zusätzliches Personal für diverse Hilfsdienste würden das Pflegepersonal deutlich entlasten. Das wäre ein Lösungsansatz, der rasch umsetzbar wäre, appelliert Luxner an ein Umdenken im Tagsatzmodell.
Im Juni will Land Maßnahmen präsentieren
Kritik seitens der Gewerkschaft kommt aktuell auch an einer Studie, die die zuständige Gesundheitslandesrätin Anette Leja für 95.000 Euro beim MCI in Auftrag gegeben hat. Papier sei in der Vergangenheit zur Genüge produziert worden, heißt es seitens der Belegschaftsvertreter. Es handle sich hier nicht um eine Studie im klassischen Sinn stellt Leja im ORF-Interview klar, vielmehr werden in Arbeits- und Lenkungsgruppen die bisherigen Studien bewertet und auch gemeinsam mit Pflegevertretern Strategien ausgearbeitet.
Dass großer Handlungsbedarf besteht ist der Gesundheitslandesrätin bewusst, wie sie betont. Was die Finanzierung betrifft sei man in intensiven Verhandlungen mit dem Bund. Im Juni will die Gesundheitslandesrätin einen Maßnahmenkatalog gegen den Pflegenotstand präsentieren. Die Betroffenen hoffen darin auch auf rasch umsetzbare Lösungen, damit die Negativspirale gestoppt werden kann und nicht noch mehr Mitarbeiterinnen dem Pflegeberuf den Rücken kehren.