Äpfel
ORF Tirol/Martin Kubin
ORF Tirol/Martin Kubin
Gesundheit

Äpfeltherapie gegen Pollenallergie

70 Prozent aller Allergikerinnen und Allergiker sind gegen bestimmte Obstsorten allergisch. Die Kreuzreaktion mit Äpfeln kann als alternative Immuntherapie genutzt werden. Das ist das Ergebnis der Studie „AppleCare“, die jetzt nach drei Jahren abgeschlossen wurde.

Etwa für jede vierte Person aus Südtirol und Tirol wird die Birkenpollenblüte zur Qual. Die Bindehäute sind gereizt und die Schleimhäute geschwollen. Der Verzehr von bestimmten Obstsorten, insbesondere Äpfeln, sorgt bei knapp drei Vierteln aller Betroffenen für Juckreiz in der Mundhöhle und Rachenraum, auf den Lippen und auf der Zunge.

Diese Überreaktion des Immunsystems auf Obst ist Grundlage einer neuen Therapieform, die grenzüberschreitend im Rahmen des Interreg-Projektes „AppleCare“ in Zusammenarbeit mit der Uni Klinik Innsbruck für Dermatologie, dem Südtiroler Versuchszentrum Laimburg sowie dem Südtiroler Santitätsbetriebes entwickelt wurde.

Äpfel essen statt Spritze

Der Ansatz der neuen Therapieform ist einfach: Menschen, die auf Birkenpollen allergisch reagieren, vertragen meist auch kein Obst oder Gemüse. Grund dafür ist eine Kreuzallergie, da sich Birken- und Apfelproteine sehr ähnlich sind.

Testphase
ORF
Die Therapie beginnt mit einem Allergietest, der unter die Haut geht

In dem dreijährigen Forschungsprojekt „AppleCare“ wurde nun versucht das Obst als therapeutisches Mittel einzusetzen, erklärte die Studienkoordinatorin Bettina Müller von der Uni Klinik Innsbruck für Dermatologie: „zuerst testen wir die Verträglichkeit von 30 Apfelsorten an dem Patienten oder der Patientin aus. Dann beginnen wir die Therapie mit kleinen Stücken einer verträglicheren Sorte und steigern die Menge kontinuierlich.“ Sobald eine Apfelsorte kaum noch allergische Reaktionen auslöse, werde auf eine andere Sorte gewechselt. Die Behandlung durch das Obst wird mit Hautreaktionstests kontrolliert.

Erfolgreiche Therapieform

Bisher haben in drei Studien über 150 Patientinnen und Patienten aus Nord- und Südtirol teilgenommen – mit Erfolg: „Wir konnten feststellen, dass durch diese Art der Hyposensibilisierung Obst wieder besser vertragen wird, gleichzeitig die Probleme mit dem Heuschnupfen verschwinden und damit auch keine Medikamente mehr benötigt werden.“

Äpfel und Spritze
ORF
Äpfel statt Spritzen helfen vielen Betroffenen bei der Hyposensibilisierung

Medikamente sind unnötig geworden

„Äpfel statt Spritze“ lautet das neue Lebensmotto der Studienteilnehmerin Anita Brandacher: „Ich bin zwar auf einem Bauernhof aufgewachsen, aber vor ungefähr 20 Jahren haben die Allergien begonnen und wurden jährlich stärker“, schilderte sie.

Nachdem die Patientin ein Jahr mit Äpfeln therapiert wurde, benötigt sie heute keine Medikamente mehr. Das Obst ist nun ihr täglicher Begleiter, weil es ihr schmeckt und den Therapieeffekt erhält. Allergische Personen sollen allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht eine Äpfeltherapie beginnen. Im Obst können auch andere Proteine vorhanden sein, die allergische Reaktionen verstärken können, warnte die Studienkoordinatorin.

Patientin
ORF
Die Studienteilnehmerin Anita Brandacher verzichtet nun auf die Spritzentherapie.

Äpfel sind unterschiedlich allergen

Im Südtiroler Versuchszentrum Laimburg wurden über 150 verschiedene Apfelsorten auf ihren Allergengehalt untersucht. Es wurde festgestellt, dass alte Obstsorten und frisch geerntete Äpfel weniger Allergene enthalten als andere, erklärte Studienleiterin Bettina Müller. So werde etwa der Allergengehalt der Sorten Santana, Wellant, Rubinette, Berlepsch oder Boskoop allgemein als niedrig eingestuft.

Apfelteller
ORF
Der Allergengehalt von Äpfeln ist unterschiedlich

Trotzdem sollten Allergikerinnen und Allergiker zunächst vorsichtig probieren, ob sie eine Sorte vertragen, denn die Verträglichkeit ist bei vielen Patientinnen und Patienten durchaus unterschiedlich. Viele für Betroffene geeignete Sorten seien im Lebensmitteleinzelhandel nicht oder nur selten erhältlich. Empfohlen werde auch, die Äpfel zu schälen und den Bereich des Stängels nicht zu verzehren, hieß es.

Allergien auf dem Vormarsch

Die Studienkoordinatorin beobachtete eine Zunahme der Birkenpollenallergikern. Gründe dafür seien unterschiedlich, etwa milde Winter, übermäßige Hygiene oder auch eine zunehmende Luftverschmutzung, erklärte Müller. Betroffene Personen werde eine Hyposensibilisierung dringend angeraten. Werden Allergien nicht behandelt, nehmen die allergischen Reaktionen in der Regel zu und können sich durch den sogenannten Etagenwechsel auf die unteren Atemwege ausbreiten. Damit drohe die Gefahr von Asthma, so die Studienkoordinatorin.