Zug im Bahnhof
ORF.at/Christian Öser
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Verkehr

Spritpreise: Öffis sind gefragter

Mit der Pandemie waren die Fahrgastzahlen der öffentlichen Verkehrsmittel eingebrochen. Zuletzt sind beim Verkehrsverbund Tirol aber wieder mehr Zeitkarten verkauft worden. Die hohen Treibstoffpreise dürften eine Rolle spielen, hieß es.

Bus und Bahn sind bei den Tirolerinnen und Tirolern durchaus beliebte Transportmittel. Vor Beginn der Pandemie zählte der Verkehrsverbund Tirol VVT rund 135.00 Stammkundinnen und -kunden mit jeweils einer Jahres- oder Semesterkarte. Die ÖBB transportierten im Jahr 2019 in Tirol pro Tag im Nahverkehr mit den Schnellbahnen fast 40.600 Fahrgäste, im Busverkehr der ÖBB zählte man im gesamten Jahr 2019 insgesamt 23,1 Millionen Kundinnen und Kunden.

Pandemie halbierte Fahrgastzahlen

Die Corona-Pandemie samt Lockdowns bremste die Fahrfreude jäh ein. 2020 verzeichneten die ÖBB im Zug-Nahverkehr in Tirol pro Tag 18.150 Fahrgäste, in den Bussen waren es im ersten Corona-Jahr 2020 nur mehr 14,4 Millionen – halb so viele wie im Jahr davor. Beim VVT sind mit Pandemiebeginn die Verkäufe vor allem bei Seniorinnen und Senioren sowie den Studierenden stark eingebrochen. Gleich geblieben sei dagegen immer die Nachfrage bei den Jahrestickets Land.

„Seniorinnen und Senioren waren ja jene vulnerable Zielgruppe, die vor allem im ersten Pandemiejahr eher zu Haus geblieben ist, um sich zu schützen“, sagte Birgit Schmoltner, Unternehmenssprecherin beim VVT. Viele Studierende seien aufgrund der Fernlehre an den Universitäten gleich zu Hause geblieben, was zu Einbrüchen bei den Ticketverkäufen führte. Im März 2021 etwa wurden nur halb so viele Semestertickets Land und Semestertickets Innsbruck verkauft, wie normalerweise.

Klimaticket steigerte Nachfrage

Mit dem Start des Klimatickets im Oktober 2021 ist die Nachfrage nach Öffis wieder gestiegen. Laut Klimaministerium wurden mit Stand 7. März 2022 rund 7.950 Klimatickets Österreich an Personen mit Wohnort Tirol verkauft. „Aufgrund des „Early-Bird-Rabatts“ gab es im Oktober 2021 eine hohe Nachfragespitze. Seit November 2021 ist die Entwicklung der Verkaufszahlen in Tirol relativ stabil, in den letzten Tagen konnte auch in Tirol eine leicht gestiegene Nachfrage beobachtet werden“, heißt es in einer Stellungnahme aus dem Klimaministerium.

Ein Muster-Jahresticket für ganz Tirol im Scheckkartenformat.
Verkehrsverbund Tirol
Mit dem Anstieg der Treibstoffpreise ist zuletzt die Nachfrage nach Klimatickets und Jahreskarten wieder gestiegen.

Beim Verkehrsverbund Tirol wurden bis jetzt 31.000 Klimatickets Tirol verkauft. Bei Schulticket Tirol und Lehrticket Tirol – hier gibt es die Möglichkeit Schüler- bzw. Lehrlingskarten für ein tirolweit gültiges Ticket aufzuzahlen – sind es laut VVT derzeit 36.000 Kundinnen und Kunden.

„Es fällt uns schwer herauszufiltern im Moment bei den steigenden Ticketzahlen, woher diese neugewonnenen Stammkundinnen und -kunden kommen. Wir sehen, dass viele zurück kommen, die am Beginn und während der Pandemie ihre Karten zurückgegeben haben“, sagte VVT-Unternehmenssprecherin Birgit Schmoltner. „Wir sehen aber auch einen Anstieg bei Neukundinnen und -kunden, die wir vorher nicht hatten. Ich glaube, dass es mit den steigenden Benzinpreise viele gibt, die das neu überdenken und draufkommen, wenn man das durchrechnet, dass das Fahren mit den Öffis billiger ist“, so Schmoltner.

Benzinpreis liefert Impuls umzusteigen

Gespannt beobachtet man derzeit auch an der Universität Innsbruck im Arbeitsbereich Innovative Verkehrssysteme des Instituts für Infrastruktur die aktuellen Preisentwicklungen. „Ich glaube schon, dass die hohen Treibstoffpreise einen Effekt haben können“, sagte Verkehrsplaner Markus Mailer, der den Arbeitsbereich leitet.

„In der Mobilität haben die Menschen in ihrem Verhalten sehr viele Routinen. Damit man sein Verhalten ändert, beispielsweise mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, braucht es einen Impuls, also eine Motivation. Das kann ein positiver Anreiz sein, wie etwa das Klimaticket, das die Öffis für viele billiger gemacht hat. Es kann aber auch ein negativer Anreiz sein, wie etwa der hohe Spritpreis“.

Alternativen müssen ausgebaut werden

Es brauche aber von jedem Einzelnen nicht nur den Willen auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, es müsse dazu auch das entsprechende Angebot geben, so Verkehrsexperte Mailer. Dieses sei in Tirol schon jetzt sehr gut, aber eben nicht überall gleich gut.

„Man muss auch an die Politik appellieren, solche Impulse wie die derzeit hohen Treibstoffpreise aufzugreifen und die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen umsteigen. Davon abgesehen gibt es viele kurze Wege, die Menschen mit dem Auto fahren, weil es bequem ist. Unter einem Kilometer Länge sind das eigentlich Fußgängerdistanzen und es schadet auch gesundheitlich nicht, Bewegung in den Alltag einzubauen“, so Markus Mailer.

Ein blau-gelb bemalter Kleinbus steht auf an einer Bushaltestelle, im Hintergrund schneebedeckte Berge
VVT
Seit 1. März fährt in Wattens im Zuge eines Pilotprojekts der RegioFlink, ein neues Öffi-Shuttle des VVT, das man bei Bedarf mittels Handy-APP oder Telefon rufen kann.

Neue Verkehrsangebote werden entwickelt

Beim Verkehrsverbund Tirol arbeitet man mittlerweile an neuen Mobilitätsangeboten, die den klassischen öffentlichen Verkehr ergänzen sollen. „Wir entwickeln uns weg von nur Bus oder Schiene hin zu einem ganzheitlichen Mobilitätsanbieter. Wir werden viele neue Verkehrsformen einführen, die speziell auf die Bedürfnisse der Regionen und der Fahrgäste eingehen“, kündigte VVT-Sprecherin Birgit Schmoltner an.

Am 1. März startete in Wattens das Pilotprojekt mit einem On-Demand Öffi-Shuttle. Weitere Projekte sollen noch dieses Jahr ausgerollt werden. Lösungen für die Schließung von zeitlichen und räumlichen Lücken – besonders der ersten und letzten Meile – und eine damit verbundene Flexibilisierung der nachhaltigen Mobilität seien dabei ausschlaggebend, heißt es beim Verkehrsverbund Tirol.