Weder Russland noch die Ukraine seien große und wichtige Handelspartner für Tirol, hieß es. Aus Tirol werden jährlich im Schnitt Waren im Wert von 150 Millionen Euro nach Russland exportiert. Das entspreche laut Stefan Garbislander, Volkswirt in der Wirtschaftskammer Tirol, nur 1,1 Prozent des gesamten Tiroler Warenexports. 27 Millionen Euro und somit lediglich 0,2 Prozent des Außenhandels gehen jährlich in die Ukraine. „Und auch auf der Einfuhrseite, abgesehen von Gas und Öl, sind beide Länder für Tirol nicht wirklich relevant“, so der Volkswirtschaftler.
Rund 100 Tiroler Unternehmen betroffen
Bei der Wirtschaftskammer Tirol geht man von rund 100 Tiroler Unternehmen aus, die „mehr oder weniger regelmäßig“ wirtschaftliche Beziehungen nach Russland pflegen, also dorthin exportieren. Der ukrainische Markt sei „weniger interessant“, so Gregor Leitner, der in der WK Tirol für Außenwirtschaft zuständig ist. 20 bis 30 Unternehmen aus Tirol hätten Niederlassungen in den betroffenen Märkten. Für diese Firmen sei es derzeit schwierig, weil sie indirekt bereits von einer Reihe an Sanktionen betroffen seien.
Theoretisch seien zwar diverse Transporte der Tiroler Unternehmen weiter möglich, der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System bereite aber Schwierigkeiten bei Überweisungen – mehr dazu in EU: SWIFT-Ausschluss russischer Banken in Kraft. Praktisch sind diese betroffenen Unternehmen darum bereits massiv eingeschränkt. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) stellte am Dienstag ein viertes Sanktionspaket in Aussicht. „Da kommt auf diese Unternehmen noch einiges zu“, so Gregor Leitner.
Keine Kompensationsmöglichkeiten für Gas
Mittelfristig betrachtet, könnte der Ukraine-Konflikt in einer Rezession gipfeln, prognostiziert Garbislander, der Experte für Wirtschaftspolitik. Für heuer war in Tirol ursprünglich ein Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent vorausgesagt worden, sofern kein weiterer Lockdown verhängt wird. Diese Prognose sei aufgrund des Krieges zwischen Russland und der Ukraine aber nicht mehr haltbar.

Rezession
Wenn sich die wirtschaftliche Lage in einem Land verschlechtert, spricht man von einem Abschwung – also einer Rezession.
Das hänge vor allem mit dem Öl- und Gasimport aus Russland zusammen. Tirol würde zwar zu großen Teilen Gas aus Norwegen beziehen. Die Produktion dort sei laut Gabislander allerdings an der Grenze. Kompensationsmöglichkeiten gebe es nur über Russland. Fällt diese Kompensationsmöglichkeit weg, würde es eine Rezession geben. Vor allem der Produktionssektor wäre dann nämlich von deutlich höheren Energiekosten betroffen.
Auswirkungen auf den Finanzsektor
Die Sanktionen gegenüber Russland bekommt der Finanzsektor bereits zu spüren. Im Zentrum der Turbulenzen steht dabei die Raiffeisenbank International (RBI). Seit dem 22. Februar hat die RBI-Aktie rund ein Drittel ihres Wertes verloren. Am Dienstag war man bei RBI allerdings um Beruhigung bemüht. Auch das Worst-Case-Szenario könne RBI ohne Rettungsschirm stemmen. Es bestehe keine unmittelbare Gefahr für die Bank.

Kundinnen und Kunden der Raiffeisen Landesbank in Tirol hätte laut Auskunft der Bank vor allem der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System beschäftigt. Auf heimische Kundinnen und Kunden habe das allerdings keine Auswirkungen. Es gebe aber eine deutliche Volatilität im Wertpapierhandel, also Schwankungen von Preisen, Aktien und Devisenkursen, hieß es von Seiten der Bank gegenüber ORF Tirol.
Auswirkungen im Tourismus überschaubar
Laut Einschätzungen der Wirtschaftskammer Tirol würden die Auswirkungen des Konflikts auch im Tourismus überschaubar bleiben. Jährlich gebe es in Tirol im Schnitt 320.000 Nächtigungen von Russinnen und Russen und 100.000 von Ukrainerinnen und Ukrainern in Tirol. Zusammen mache das nur 1,6 Prozent aller jährlichen Nächtigungen in Tirol aus. Gäste aus Osteuropa gelten andererseits als sehr kauffreudig.