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Chronik

Angelman: Wenig beachtete Krankheit

Am 15. Februar ist internationaler Angelman-Tag. Kinder mit Angelman-Syndrom entwickeln sich körperlich und geistig verzögert, charakteristisch sind ihr Lachen und ihre Hyperaktivität. Die seltene Erkrankung ist eine Herausforderung, wird aber kaum beachtet, kritisieren Angehörige.

Benannt ist die neurologische Störung nach dem britischen Kinderarzt Harry Angelman, der sie erstmals 1965 als eigenes Krankheitsbild beschrieb. Beim Angelman-Syndrom handelt es sich um eine seltene Krankheit, die durch eine Genbesonderheit am Chromosom 15 ausgelöst wird.

Massive Schlafstörungen

Das Angelman-Syndrom ist selten. Es tritt durchschnittlich nur bei 1 von 20.000 Neugeborenen auf. In Österreich gibt es etwa 50 Betroffene, in Tirol sind es drei. Schon sehr früh zeigen sich geistige und körperliche Entwicklungsverzögerungen. Häufiges Lachen und Hyperaktivität sind auffällige Merkmale des Syndroms. Insbesondere im Kindesalter sind zum Teil extreme Schlafstörungen häufig.

„Sie brauchen nur wenig Schlaf. Zwei Stunden Schlaf, das würde reichen für Eva-Maria. Nur mir reicht das leider nicht“, erzählte Barbara Menghin, die Mutter eines fünfjährigen Mädchens mit Angelman-Syndroms. „Dann bekommt sie Medikamente, damit sie schlafen kann. Angels – wie die Kinder auch genannt werden – produzieren auch nicht das Schlafhormon Melathonin. Das bekommt sie und etwas damit sie durchschlafen kann.“

Das Mädchen Eva-Maria wird von seinem Vater huckepack getragen, daneben steht die Mutter und lächelt.
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Eine der Herausforderungen sei die Hyperaktivität von Angelman-Kindern, sagen Thomas und Barbara Menghin, die Eltern der fünfjährigen Eva-Maria

„Bemerkt haben wir es durch das Ausbleiben der Meilensteine in der Entwicklung“, erzählte Thomas Menghin. Er ist Allgemeinmediziner und Vater eines fünfjährigen Mädchens mit dem Angelman-Syndrom. „Jedes Kind lernt ab einem gewissen Alter den Kopf zu heben und sich umzudrehen. Irgendwann fangen die Kinder an aufzustehen und zu laufen. Und mit einem Jahr haben wir bei Eva-Maria gesehen, das passiert nicht“.

Als dann weitere Symptome dazukamen, etwa das viele Lachen und vor allem die Schlaflosigkeit schöpften die Eltern Verdacht, der sich letztlich bestätigte. Mittlerweile kämpft das Mädchen auch mit Epilepsie, die ein weiteres Symptom der seltene Erkrankung ist.

Kommunikation erlernen

Oft beginnen betroffene Kinder erst spät oder nur eingeschränkt mit dem Laufen. Die fünfjährige Eva-Maria hat mit vier Jahren ihre ersten Schritte gemacht erzählte ihre Mutter: „Das war für uns alle ein Riesenglücksfall“. Kommunikation über Sprache ist nicht oder nur mit Hilfsmitteln möglich. „Sie kann nicht sprechen. Ich weiß wenn sie Hunger oder Durst hat, ich bin aber nicht immer bei ihr. Es wäre wichtig, wenn sie lernt sich mit anderen zu verständigen“, sagte Barbara Menghin.

Das Mädchen Eva-Maria steht mit ihrer Mutter in der Küche, die Mutter zeigt auf kleine Schildchen mit bunten Symbolen.
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Weil Eva-Maria nicht sprechen kann, versuchen ihre Eltern ihr die Kommunikation mit kleinen Metacom-Symbolen beizubringen.

Eva-Maria lebt mit ihren Eltern und ihren beiden Geschwistern in Silz. Sie besucht dort den Kindergarten, in dem es eine eigens ausgebildete Betreuerin für die Fünfjährige gibt. In zwei Jahren soll das Mädchen aber in die Schule gehen. Diese Umstellung wird für Eva-Maria und auch ihre Familie eine Herausforderung, meinte die Mutter. Das Mädchen habe Schwierigkeiten fremde Menschen zu akzeptieren.

Zu wenig Forschung

Das Angelman-Syndrom ist eine unheilbare Krankheit. Betroffene Familien sind oft auf sich alleine gestellt. Medikamente oder Gen-Therapien, um die Symptome zu lindern lassen auf sich warten, kritisieren Angehörige. Mit dem Angelman-Tag, an dem Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt blau beleuchtet werden, will man Aufmerksamkeit für die wenig beachtete Krankheit erregen.

„Man hat es an Corona gesehen, wenn Geld da ist, dann gibt es sofort eine Impfung. Wenn es aber eine seltene Krankheit ist, dann gibt es da keine Unterstützung. Dann interessiert das die Pharmafirmen nicht, weil es zu wenig Erkrankte gibt. Daher sammeln die Eltern und Familien der Betroffenen Spenden, um die Forschung voranzubringen“, sagte Barbara Menghin. In Österreich haben betroffene Familien vor einigen Jahren den Angelman Verein Österreich gegründet. Im Herbst soll ein Kongress in Wien stattfinden.