Samuel Plieger
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Kultur

Samuel Plieger, der Tiroler Mundakrobat

Mit einem Mikrofon in der Hand sind Beatboxer facettenreiche Stimmwunder. Einer der wenigen Tiroler, der diese Kunst praktiziert, ist der Absamer Samuel Plieger. Der Mundakrobat imitiert Schlagzeuge, Bassgitarren und Geräusche auf beeindruckende Art und Weise.

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Beatboxing entstand zu Beginn der 1980er Jahre in den USA. Der Begriff leitet sich von den populären Drumcomputern ab, mit denen Hip-Hop Beats erzeugt wurden.

Beatboxen ist keine Kampfsportart und wird auch nicht im Ring ausgetragen. Eine gute Atmung, ein Mikrophon und ein kreativer Umgang mit Lauten – mehr braucht es nicht fürs Beatboxen. Dann wird aus „Razz, bum-bum, tschig tschig bäng“ ein akustischer beeindruckender Rhythmus. Beatboxer lassen Bässe knallen, spielen mit dem Mund Pingpong oder ahmen ein Schlagzeug nach.

Meist nachmittags ist der Beatboxer Samuel Plieger in seinem Element. Dann dröhnen die Baselines und Schlagzeugkicks durch die Wohnung bis vor die Haustüre. Fremde Menschen, die zufällig vorbeiziehen, vermuten eine Bandprobe in üblicher Zusammensetzung mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboard. Doch umso überraschter sind sie, wenn sie neugierig einen Blick über das Balkongeländer wagen und nur eine, sich ryhthmisch bewegende Person durch die Reflexion der Scheiben erkennen. Pliegers Instrumente sind lediglich Nase, Rachen und Zunge. Vor gut fünf Jahren hat der heute 17-Jährige mit dem Beatboxen begonnen.

„Täglich trainiere ich bis zu drei Stunden, je nach Stimmung und körperlicher Verfassung. Für mich ist es meine Form mich auszudrücken und Energie rauszulassen,“ erklärt Plieger. Um Drumgeräusche zu erzeugen, braucht es eine kurze und kräftige Atmung. Dann wird mit Lauten gearbeitet: Eine Hihat ist etwa ein „TS“, welches kurz und kräftig, aber stimmlos betont wird. Der Laut „Psch(t)“, wie „leise sein“, klingt etwa wie eine Snare und der Bass ist ein kräftiges „P“.

Das tägliche Training macht sich bezahlt. Bei der letzten österreichischen Beatbox-Meisterschaft in Wien konnte er sich in der Kategorie „Jugend“ auf den vierten Platz hochboxen.

Überschaubare Szene in Tirol

Im Osten Österreichs hat sich die steirische Landeshauptstadt Graz zum Mekka der Beatboxer entwickelt. Das Festival „vokal.total“ genießt einen international guten Ruf.

vokal.total
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Der internationale A Cappella Wettbewerb vokal.total soll am 19. – 23. Juli 2022 in Graz über die Bühne gehen.

Eine erfolgreiche Teilnahme könne das Sprungbrett zu einer internationalen Karriere bedeuten, weiß Plieger. „In Tirol ist Beatboxen wohl noch eine Randerscheinung. Ich kenne keinen, der es hier so aktiv betreibt wie ich. Aber ich beobachte, dass immer mehr Menschen Interesse zeigen, vielleicht werden es ja bald mehr“, freut er der Mundakrobat.
Bis es soweit ist, genießt das menschgewordene Schlagzeug das gemeinsame Musizieren mit Bands oder seinem Vater Jochen Hampl, Ensemblemitglied bei den Haller Gassenspielen.

Samuel Plieger und Vater
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Wenn Jochen Hampl an der Gitarre spielt, erhält er die Basslines von seinem Sohn.

Wer einen Beatboxer in der Familie hat, müsse tolerant sein, meint Hampl: „Wir haben ein stilles Abkommen: Ich bewohne den Westteil unserer Wohnung, Samuel den Ostteil. Es ist schon manchmal laut, aber vor allem in der Früh freu ich mich über das Beatboxen, so weiß ich, dass Samuel gut gelaunt ist“, schmunzelt der Vater.

Wir sind Weltmeister

Zwei Mal musste die Beatbox-Weltmeisterschaft das „Grand Beatbox Battle“, kurz GBB, wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Doch voriges Jahr im Oktober konnte das Event in Warschau durchgeführt werden. Die drei Österreicher mit den Künstlernamen „Geo Popoff“, „Eon“ und „Slizzer“ gingen dabei als Sieger hervor. „Ich werde noch hart trainieren, damit ich eines Tages an der GBB teilnehmen kann, das ist mein Traum“, sagt der Tiroler Beatboxer abschließend.