Die Lage verschärft sich nach einem Wochenende, das acht Menschen in Tirol das Leben kostete. Am Freitag sind fünf Tourengeher in Spiss an der Tiroler-schweizerischen Grenze gestorben, nachdem sie in einen Hang eingefahren sind. Unter den Toten ist auch ein Osttiroler Bergführer zu beklagen – mehr dazu in Fünf Tote bei Lawinenabgang in Spiss.
Ebenfalls am Freitag kam ein einheimisches Ehepaar in der Wildschönau ums Leben. Ihre Leichen wurden erst in der Nacht zum Samstag in einem Lawinenkegel gefunden – mehr dazu in Zwei weitere Lawinentote in Tirol. Und am Samstag starb ein 58-jähriger Einheimischer auf dem Weg zur Gammerspitze bei Schmirn. Er hatte mit seinen Kollegen, die schwer verletzt wurden, eine Lawine fernausgelöst – mehr dazu in Weiterer Lawinentoter und Verschüttete.
Rund 100 Lawinen in drei Tagen
In den vergangenen drei Tagen gab es in Tirol rund 100 Lawinenereignisse. Die Einsatzorganisationen wie Bergrettung, Alpinpolizei und die Crews der Rettungshubschrauber mussten zu 70 Einsätzen ausrücken. 490 Bergretterinnen und Bergretter und 30 Alpinpolizistinnen und Alpinpolizisten standen auf Abruf, samt 20 Lawinenhunden. „Noch nie hat es so viele Lawinenabgänge in so kurzer Zeit gegeben“, resümierte Rudi Mair vom Lawinenwarndienst, und die Situation spitze sich am Montag wieder zu. In weiten Teilen Tirols gilt Lawinenwarnstufe 4 der fünfteiligen Skala.
Wintersportler sind „ignorant“
Zu den Lawinenunglücken vom Wochenende sagte der Präsident der österreichischen Bergrettung, Stefan Hochstaffl, der selbst Hundeführer ist, die Leute seien „ignorant“: „Wir haben schon am Donnerstag die Warnstufe 4 gehabt und sind mit dem Hubschrauber geflogen. Da haben wir gesehen, dass einfach alles ohne Rücksicht abgefahren war. Man kann auch bei einem 4er eine Skitour gehen, aber man muss sich sehr defensiv verhalten, und das war an diesem Wochenende nicht der Fall. Man hätte sehr viel vermeiden können.“
Die Gefahr für die Retter selbst sei immer gegeben, meinte Hochstaffl. Es hänge noch sehr viel Schnee an den Hängen, und es könne bei den Einsätzen zu Nachlawinen kommen. Für die Retter, die meist als Ehrenamtliche im Einsatz sind, sei das eine große Belastungsprobe.

Lawinen können spontan abgehen
Für Montag und vermutlich auch für Dienstag gelten jedenfalls gefährliche Bedingungen im freien Gelände. „Lawinen können leicht ausgelöst werden oder spontan abgehen. Lawinen können stellenweise den schwachen Altschnee mitreißen und groß werden. Fernauslösungen sind möglich“, so der Lawinenreport in seiner Prognose.
Außerdem seien die Gefahrenstellen häufig und bei schlechter Sicht – wie für Montag prognostiziert – kaum zu erkennen. Auch Gleitschneelawinen und Rutsche seien zu erwarten. „Die aktuelle Lawinensituation erfordert viel Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr und große Zurückhaltung“, so der Lawinenwarndienst des Landes am Sonntagabend.